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Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 65:
Daher halten wir es zur Wahrung des Friedens und der Liebe für angebracht, dass der Abt die Ämter in seinem Kloster nach eigenem Ermessen besetzt.
Das ist nach meinen üblen Erfahrungen, heute kein guter Ratschlag mehr, da damit der üble Gruppengeist, dass es eine Sünde geben soll nicht erkannt und aufgedeckt werden kann. Sünde = Trennung von Gott gibt es nicht. Das Gott das Leben, so wie es ist, ist. Amen bedeutet deswegen auch Ja so ist es!
Wenn möglich sollen Dekane alle Belange des Klosters nach den Weisungen des Abtes regeln, wie wir schon früher bestimmt haben.
Also immer einer der für weitere zehn zuständig ist. Dies hat die Äbtissin, mit der ich zu tun hatte, versucht wieder einzuführen und scheint damit ziemlich gescheitert zu sein.
Ich kenne kein Kloster, in der es so gehandhabt wird. Aber ich kenne auch nicht alle Klöster.

Sind mehrere beauftragt, kann ein einzelner nicht stolz werden.
Das scheint mir ganz einfach eine fromme Illusion zu sein, zumal ja der Stolz des Abtes, der ja dem Kloster alleine vorsteht überhaupt nicht in Erwägung gezogen wird.
So habe ich einmal einen Abt, mit dem ich mal befreundet war, bevor er das hohe Amt angetreten hatte, mit "Du Miststück" unterbrochen. Als er damit strunzte, dass ich ja seiner Gemeinde und nicht ihm "Das Handbuch für Kinder mit schwierigen Eltern" zur Abtsweihe geschenkt hatte und ich deswegen auch keinen Dank zu erwarten hätte. Da war er ganz verblüfft, dass ich so etwas zu ihm sagen konnte. Mir wurde nur einmal mehr bewusst, wie sehr das Amt des Abtes einfach zu Hochmut und Stolz verführt.

Erfordern es aber die örtlichen Verhältnisse oder äußert die Gemeinschaft begründet und mit Demut die Bitte und hält es der Abt für gut,

wähle er mit dem Rat gottesfürchtiger Brüder einen aus und setze ihn selber als seinen Prior ein.
Hier wieder die Allmacht des Abtes. Benedikt als Autodidakt hat sich vermutlich nicht vorstellen können, wie sehr einmal dieser Glaube an eine einzige menschliche Autorität den Menschen so entmündigen kann, dass dann jeder Diktator wie Hitler, Mussolini und Franko einfach nur leichtes Spiel haben.
Auch der Begriff Gottesfurcht bekommt einen ganz üblen Beigeschmack. An den Gott an den ich glaube, der möchte geliebt sein und möchte mich wiederlieben. Angst und Furcht vertreibt jede Liebe, die ja ein Kind der Freiheit ist.

Der Prior führe in Ehrfurcht aus, was ihm sein Abt aufträgt; er tue nichts gegen den Willen oder die Anordnung des Abtes.
Das ist mal wieder ein Kunststück, was eigentlich Menschen unmöglich ist. Der Prior hat also nicht mehr Gott zu gehorchen sondern einem Menschen?

Denn je höher er über die anderen gestellt ist, um so sorgfältiger muss er die Weisungen der Regel beobachten.
Das geht nur, wenn er gelernt hat die Goldstücke in dieser Regel zu finden. Denn diese Regel verführt dazu sich selber zu hassen und damit wird die Liebe zum Nächsten eine reine Heuchelei.

Stellt sich heraus, dass der Prior voller Fehler ist oder, vom Hochmut betört, sich Stolz überhebt oder nachweislich die heilige Regel verachtet, werde er bis zu viermal mit Worten zurechtgewiesen.
Was ist das ein Fehler? Meistens ist es doch nur, dass hier ein Mensch etwas anders macht, als es von ihm erwartet wird.
Ich hatte mich darauf verlassen, dass der Orden in den ich eintreten wollte, die Regel wörtlich nehmen würde. Ich hatte keine Ahnung davon, wie sehr die Nonnen damals noch unter dem Diktat, der alten Gebräuche standen die bis nach dem letzten Konzil noch gegolten haben ohne zu berücksichtigen welche tiefen seelischen Verletzungen in allen hervorgerufen haben oder einfach nur verfestigt wurden.

Bessert er sich nicht, treffe ihn die von der Regel vorgesehene Strafe.
Ein Strafkatalog ist dieser Regel nicht beigefügt. Eine solche vage Androhung ist einfach nur geeignet ängstliche Menschen in Angst und Schrecken verharren zu lassen und zu verhindern, dass sie geistliche Fortschritte machen, die nur im Vertrauen auf das Gute geschehen können.
Die einzigste "Strafe" die ich zulassen würde ist regelmäßig mit der eigenen Wahrheit und dem widersprüchlichen Verhalten zu konfrontieren, ohne ihn herabzusetzen.

Ändert er sich auch so nicht, werde er seines Amtes als Prior enthoben, und ein anderer, der geeignet ist, soll an seine Stelle treten.
Ein stolzer und überheblicher Mensch übernimmtin der Regel keine Verantwortung für sein Handeln. Wenn ich einen solchen Menschen regelmäßig mit seinem Handeln, Sprechen und Denken konfrontiere, verzieht es sich entweder von alleine, weil die Wahrheit erst einmal weh tut oder er ist dankbar und lernt immer mehr in die eigene Verantwortung hineinzuwachsen.
Ist er auch danach in der Gemeinschaft nicht ruhig und gehorsam, werde er sogar aus dem Kloster gestoßen.
Eine Praxis,die ich auf das schärfste angreife und verurteile. Heute ist die Integration von Gegensätzen angesagt, denn bei Gott fallen alle Gegensätze zusammen.
Doch bedenke der Abt, dass er über alle seine Entscheidungen vor Gott Rechenschaft ablegen muss, damit nicht die Flamme des Neids oder der Eifersucht seine Seele verzehrt.
Dies sollte nicht nur der Abt bedenken sondern einfach jeder Mensch. Neid und Eifersucht entsteht aus einem Mangel heraus.
Eifersucht ist eine Leidenschaft,
die mit Eifer sucht,
was Leiden schafft.
Dieser Mangel sollte immer wieder entdeckt werden und dort auch dann behoben werden. Nach dieser Regel darf aber Neid und Eifersucht erst gar nicht sein. So können sie auch nicht entdeckt werden und damit auch nicht der Mangel behoben werden, der als Motor für diese unguten Emotionen zu sehen ist.
Ich bekannte einer Nonne, die gerade feierliche Profess gemacht hatte, mit meinem Glückwunsch für sie, dass ich neidisch auf sie sei. Sie antwortete mir, dass ich das nicht sein dürfe. Eine Frage warumich es denn sei kam nicht und blieb ich mit meinem Schmerz, eben noch nicht eintreten zu dürfen wieder allein. Ein freundliches und interessiertes Gespräch hätte diese Einsamkeit auflösen können. Aber zwischen mir und ihr bestand ein Sprechverbot, von dem ich erst in den letzten Jahren Kenntnis erhielt.

Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen

:liebe: :geist: :schaf: rg​
 
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AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 66:
Die Pförtner des Klosters
An die Pforte des Klosters, stelle man einen weisen älteren Bruder, der Bescheid zu empfangen und zu geben weiß und den seine Reife daran hindert, sich herumzutreiben.
Es ist wirklich sehr angenehm eine freundliche Begrüßung zu erleben und angenommen zu werden, wie man ist.
Der Pförtner soll seine Zelle neben der Pforte haben, damit alle, die ankommen, dort immer einen antreffen, von dem sie Bescheid erhalten.
Ein guter Brauch aber auch leicht eine Überforderung, wenn dieser Posten ein ganzes Leben lang ausgeführt werden muss und keine Freiheit besteht sich abwechseln zu können.
Sobald jemand anklopft oder ein Armer ruft, antworte er: "Dank sei Gott" oder "Segne mich".
Diesen Gruß habe ich in keinem der Klöster gehört, die ich besucht habe. Eigentlich sehr schade.

Mit der ganzen Sanftmut eines Gottesfürchtigen und mit dem Eifer der Liebe gebe er unverzüglich Bescheid.
Mit dem Eifer der Liebe, die wir uns lediglich gegenseitig schuldig bleiben, Auskunft zu geben ist schon eine Wohltat für jeden der kommt.
Braucht der Pförtner eine Hilfe, erhalte er einen jüngeren Bruder.
Ich nehme an: wird ihm ein jüngerer Bruder zur Seite gestellt ist heute der bessere Ausdruck als das Besitz anzeigende Verb erhalten.

Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden können.
So brauchen die Mönche nicht draußen herumlaufen, denn das ist für sie überhaupt nicht gut.
Damit ist allerdings auch die geschlossene Gesellschaft perfekt und nichts kommt in das Koster herein und nichts heraus. Heute ist da ernsthaft zu bedenken das eine solche Käseglockengesellschaft dem Geist des Evangeliums
ziemlich widerspricht und "die Hölle die andern sind" (Sartre)

Diese Regel soll nach unserem Willen in der Gemeinschaft oft vorgelesen werden, damit sich keiner der Brüder mit Unkenntnis entschuldigen kann.
Das ist das Interssante. Mir war die Regel ziemlich wichtig als eine gute Orientierungshilfe. Ich habe dann später entdeckt, das sie einfach nicht eingehalten wird und durch Vorschriften vor dem Konzil in eine totale Lieblosigkeit sich selbst und damit auch den Nächsten gegenüber ausgeartet ist. Eine Auseinandersetzung darüber war nicht möglich, weil die Befolgung nach dem Buchstaben und der Kadavergehorsam wichtiger war, als den Geist der Regel neu zu erfassen und zu leben.
Es liegt wohl auch mehr daran, dass mehr an einen strafenden Gott als einen liebenden Gott geglaubt wurde und wohl auch noch wird.

Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen

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AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 67:
Brüder auf Reisen
Sollen Brüder auf Reisen geschickt werden, empfehlen sie sich dem Gebet aller Brüder und des Abtes.
Einem Gebet, das er das schon schaffen wird und das alles gut gehen wird und dass Gott mit ihm auf allen Wegen ist dem ist nur zu zustimmen.
Beim letzten Gebet des Gottesdienstes wird immer aller Abwesenden gedacht.
Das ist ein sehr schöner Brauch auf den ich noch einmal extra vom einem Gast aufmerksam gemacht worden bin.
Bei der Rückkehr von der Reise aber sollen sich die Brüder noch am selben Tag bei allen festgesetzten Gebetszeiten am Schluss des Gottesdienstes im Oratorium zu Boden werfen
und alle um das Gebet bitten wegen der Fehler, die vielleicht unterwegs vorgekommen sind, wenn sie Böses gesehen oder gehört oder Unnützes geredet haben.
Der Glaube an das Böse scheint unausrottbar mit dieser Regel in Verbindung zu stehen. Die Erlösung vom allem Bösen, aller Schuld durch Jesus Christus ganz offensichtlich unbekannt.
Auch nehme sich keiner heraus, einem anderen alles zu erzählen, was er außerhalb des Klosters gesehen und gehört hat, denn das richtet großen Schaden an.
Welchen Schaden? Diese Frage drängt sich mir automatisch auf. Hat der jenige, jetzt alle Schrecken und Wundertaten für sich zu behalten? Ist hier die Lebenswahrheit
Geteiltes Leid ist halbes Leid
geteilte Freude ist doppelte Freude
völlig außer Kraft gesetzt?
Ist denn die Stelle im Evangelium unbekannt; dass nichts was von Aussen kommt dem Menschen Schaden kann, sondern lediglich was von innen kommt?
Allerdings sind die Ängste zu berücksichtigen, die zur Zeit der Völkerwanderung wohl auch sehr virulent waren und damit ein Kloster wohl auch schnell angegriffen wurdeund die Menschen der damaligen Zeit sich eben schnell gefährdete gesehen haben. Ebenso waren die realen Christenverfolgungen noch nicht so lange her, dass sie nicht noch in der Erinnerung geblieben sind.

Wenn sich einer das herausnimmt, verfällt er der von der Regel vorgesehenen Strafe,
Schon wieder eine unsinnige Strafandrohung, die doch nur dazu geeignet ist einen Ghettozustand aufrecht zu erhalten und einem Gruppennarzissmus Tor und Tür zu öffnet. Es scheint die fixe Idee zu bestehen, nur in dieser Gruppe in diesem Kloster besteht Gutes über das es sich lohnt zu sprechen.
ebenso jeder, der den Bereich des Klosters eigenmächtig verlässt, irgendwohin geht oder sonst etwas ohne Erlaubnis des Abtes unternimmt, sei es auch noch so geringfügig.
Damit ist mal wieder die Allmacht des Abtes besiegelt. Eine geistliche Entwicklung wird damit so gut wie unmöglich gemacht, zumal jader Eintritt inein Kloster ja auch auf dem freien Willen des Einzutretenden beruht.
Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen

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AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 68:
Überforderung durch einen Auftrag
Wenn einem Bruder etwas aufgetragen wird, das ihm zu schwer oder unmöglich ist, nehme er zunächst den erteilten Befehl an, in aller Gelassenheit und Gehorsam.
Nach dieser Vorschrift habe ich sehr lange mein Leben ausgrichtet. Irgendwann hatte ich die Faxen dicke.

Wenn er aber sieht, dass die Schwere der Last das Maß seiner Kräfte völlig übersteigt, lege er dem Oberen dar, warum er den Auftrag nicht ausführen kann,

und zwar geduldig und angemessen, ohne Stolz, ohne Widerstand, ohne Widerrede.
Auch dieses habe ich oft erfüllt und stieß regelmäßig auf taube Ohren. Jetzt brülle ich gegen die tauben Ohren und schreibe gegen die blinden Augen an. Und zwar mit dem Stolz eine freie Tochter Gottes zu sein , mit Widerstand und Widerrede, denn dies tat Jesus auch bei der Vertreibung der Händler aus dem Tempel.

Wenn er seine Bedenken geäußert hat, der Obere aber bei seiner Ansicht bleibt und auf seinem Befehl besteht, sei der Bruder überzeugt, dass es so für ihn gut ist;

und im Vertrauen auf Gottes Hilfe gehorche er aus Liebe.
Der letzte Satz hat mich immer wieder gerettet. Bei den Berichten von den Menschen die sich im Zwischenbereich von Leben und Tod aufgehalten haben ist mir in Erinnerung geblieben, dass diese einem Lichtwesen begegnet sind, mit dessen Hilfe eine Sekunden schnelle Rückschau des eigenen Lebens vollzogen wurde mit der Frage: "Wie viel hast du gelernt? und wie viel hast Du geliebt?"
Ich erweitere heute diese Frage dahin gehend, wieviel hast Du in der Liebe gelernt. Denn Liebe allein genügt nicht und ist ohne Gerechtigkeit und Wahrheit auf die Dauer nur die Lüge einer ätzenden Gefühlsduselei.

Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen
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AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Versteh ich nicht, warum du dich damit quälst.
Gibt es nichts lebendes, womit du dich beschäftigen , was du entdecken kannst? Regeln, Glaubensgerüste, Vorgaben und Mantras sind doch tot.

Liebe Grüße
Bernd
 
AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

.....
Regeln, Glaubensgerüste, Vorgaben und Mantras sind doch tot.
...

Aber auch der getaute Schnee von gestern, vor-gestern oder vor-vor-gestern kann in der Psyche von Menschen heute noch sein Un-Wesen treiben ...
Und gewisse Regeln für das menschliche Zusammenleben sind übrigens auch heute noch sinnvoll, wenn diese Regeln sinnvoll sind ...
moebius
 
AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 69:
Eigenmächtige Verteidigung eines Bruders
Man achte darauf, dass im Kloster sich keiner bei irgendeinem Anlass herausnimmt, als Verteidiger oder Beschützer eines anderen Mönches aufzutreten,
Eine Vorschrift, die ich ursprünglich für ungerecht und asozial verstanden habe. Da ich diese Regel schon kannte
Ich habe sie erst begriffen, als mich die Novizenmeisterin darauf hinwies, dass ich im Unterricht eine andere Schwester nicht so ansehen sollte, es wäre ihr doch peinlich. Ich bestand allerdingsdarauf, dass diese Schwester es mir doch wohl selbersagen könne. Was diese nie getan hat.
wären die Beiden auch noch so eng durch Blutsverwandtschaft verbunden.
Damit bleibt teile und herrsche immer wieder das oberste Gebot dieser Regel.
Auf gar keine Weise dürfen sich die Mönche das herausnehmen, weil dies zum Anlass für schlimmste Ärgernisse werden kann.
Ärgernis vermutlich lediglich für all die Personen die sich gemütlich wiein einer Verwaltung eingerichtet haben und eben alles beim Alten gelassen werden soll.
Wer diese Vorschrift übertritt, werde streng in die Schranken gewiesen.
Das ist dann das letzte Mittel für alle, die eben keinen liebenden Gott als die höchste Autorität und die eigene Gerechtigkeit für Wahrheit und Liebe als Sinn erfüllend und Sinn stiftend ansehen können.

Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen

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AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 70:
Eigenmächtige Bestrafung eines Bruders
Man beuge im Kloster jeder Gelegenheit zur Anmaßung vor.
Das ist schon einmal gut. Nur was ist eigentlich Anmaßung das bleibt hier offen. Es wurde doch schon die ganz einfache Erkenntnis eines Kindes als Anmaßung erlebt. Eine Wahrheit aufzudecken wie: "Der Kaiser hat ja nichts an." Wird doch immer noch als Todsünde geahndet.

Darum bestimmen wir: Keiner darf seiner Brüder ausschließen oder schlagen, es sei denn, der Abt habe ihm dazu Vollmacht erteilt.
Auch dem Abt sollte eine solche eigenmächtige und in die persönlichen Rechte eines Menschen einzugreifen einfach nicht erlaubt sein. Der Abt hat die Aufgabe zu integrieren und nicht auszuschließen.
Wer sich dagegen verfehlt, werde vor allen zurechtgewiesen, damit die anderen abgeschreckt werden. (1Tim5,20)
Furcht und Abschreckung sind nur ganz zeitliche und oberflächliche Wirkungen. Es sollte die Liebe zu sich selbst und zum Nächsten gefördert werden. Die geht leider nicht mit Furcht und Angst. Damit landet der Mensch höchstens in der Hölle.

Alle sollen die Knaben bis zum Alter von 15 Jahren gewissenhaft zur Ordnung anhalten und beaufsichtigen,

doch geschehe auch dies immer maßvoll und überlegt.
Es sollte allen persönliche Zuwendung und soviel Verständnis wie möglich entgegengebracht werden. Des weiteren kann in aller Ruhe darauf vertraut werden, dass in einer Gruppe von Menschen sich ganz viele nach dem guten Beispiel richten.

Wer sich ohne Weisung des Abtes irgend etwas gegen einen Erwachsenen herausnimmt oder gar den Knaben gegenüber sich zu maßlosem Zorn hinreißen lässt, den treffe die von der Regel vorgesehene Strafe.
Dies kommt wohl kaum noch in unsern Klöstern heute vor. Allerdings sollte auch die Weisung des Abtes sorgfältig geprüft werden und eine vorgesehene Strafe in aller Ruhe entgegen gesehen werden wenn es dem eindeutigen Gewissen und die Entscheidung für das leben dient. Das angeführte Experiment sollte für alle eine Warnung sein.


Es steht ja geschrieben: "Was du selbst nicht erleiden willst, das tue auch keinem anderen an!" (Tob 4,16)
Mt7,12Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.
Bei es stellt sich doch immer wieder die verwunderte Frage, warum Benedikt so oft etwas negativ formuliert hat? Vor allen Dingen wo es in beiden Bibelstellen positiv formuliert ist. Hatte er so schlechte Übersetzungen oder ist er letztlich ein Mensch gewesen der aus gewissen Zwangsvorstellungen nicht heraus kam.
Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen

:liebe: :geist: :schaf: rg​
 
AW: Autorität oder Erziehung zum autoritären Charakter?

Kapitel 71:
Der gegenseitige Gehorsam
Das Gut des Gehorsams sollen alle nicht nur dem Abt erweisen. Die Brüder müssen ebenso einander gehorchen;

sie wissen doch, dass sie auf dem Weg des Gehorsams zu Gott gelangen.
Ein Gehorsam der auf die innersten Impulse des Menschen Rücksicht nimmt und darauf antwortet ist schon sehr wünschenswert. Ich bezweifle aber ob es mit Hilfe dieser Regel gelingen kann. Vor allen Dingen für sehr gewissenhafte und sensible Menschen scheint mir diese Regel eher zu einer Verführung in die Verzweiflung und oder in eine brutale Verhärtung des Herzens zu geraten.
Ein Befehl des Abtes oder der von ihm eingesetzten Oberen habe jedoch immer den Vorrang, und wir erlauben nicht, dass private Befehle vorgezogen werden.
Alles klar, der Obere hat eben immer Recht. :ironie:

Sonst sollen alle Jüngeren ihre älteren Brüdern in aller Liebe und mit Eifer gehorchen.

Ist einer streitsüchtig, werde er zurechtgewiesen.
Es scheint mir besser zu sein nach dem Grund für die Streitsucht zu forschen.

Wenn aber ein Bruder vom Abt oder von einem der Oberen aus einem noch so geringfügigen Grund irgendwie zurechtgewiesen wird,

oder wenn er merkt, dass ein älterer innerlich gegen ihn erzürnt oder ein wenig erregt ist,

dann werfe er sich unverzüglich zu Boden und liege zur Buße so lange zu seinen Füßen, bis die Erregung durch den Segen zur Ruhe kommt.

Das ist eine Demutsgeste die Tiere untereinander pflegen und damit das Rang höhere Tier anerkennen. Diese Geste unter der Androhung von Strafe einzufordern ist der Gipfel der Menschenverachtung und wurde so praktiziert.
Eine junge Nonne, die ursprünglich Lehrerin war, hat in den ersten Wochen mit niemandem sprechen können und als sie dann zum ersten Gespräch kam, hätte sie nicht gesprochen sondern nur geweint. Da musste sie sich prosternieren, wie dieses auf den Boden werfen genannt wurde. Von einer anderen wurde mir berichtet, die freundlicher Weise bei der Vorstellung im Noviziat jeder Schwester ein paar nette Worte sagte, dass sie gefragt wurde, ob ihr etwas aufgefallen sei? "Nein, es war ihr nichts aufgefallen." "Keine der Schwestern habe ein Wort gesprochen." und dann noch "Man kniet sich hin, wenn man belehrt wurde." Als diese Frau sich dann hinkniete kam es noch: "So das hat sie jetzt schon gelernt."
Mir sträuben sich noch immer sämtliche Nackenhaare wenn ich mich daran erinnere.
Wer sich aus Geringschätzung weigert, das zu tun, den treffe körperliche Züchtigung, oder er werde, wenn er trotzig bleibt, aus dem Kloster gestoßen.
Hier wird Hass und Verachtung, sowie Heuchelei ohne Ende produziert.

Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen
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Kapitel 72:
Der gute Eifer der Mönche
Wie es einen bitteren und bösen Eifer gibt, der von Gott trennt und zur Hölle führt,
so gibt es den guten Eifer, der von den Sünden trennt, zu Gott und zum ewigen Leben führt.
Kein echter Eifer trennt von Gott sondern er führt direkt in seine Arme. Schlimm erscheinen mir die Lauen und Selbstgerechten zu sein, die keine Schuld kennen und anerkennen. Die es machen wie die drei Affen:
Nichts sehen, nichts hören nichts sagen.
Dieses Recht haben nur Säuglinge und Kleinkinder, weil diese eben noch nicht sprechen können.
Diesen Eifer sollen also die Mönche mit glühender Liebe in die Tat umsetzen,
das bedeutet: Sie sollen einander in gegenseitiger Achtung zuvorkommen; (Röm12,10)
Meistens ist die gegenseitige Achtung zu einem verkappten Egoismus verkommen. Diese Haltung ist ganz genau zu beobachten. Da es oft auf gegenseitigen Annahmen beruht und nicht auf einer wechselseitigen Absprache. Ich erinnere mich an den Witz des Ehepaares, wo jeden Morgen der Mann das Brötchen aufschneidet und seiner Frau die Wahl überlässt, welche Hälfte sie wählen will. Sie wählt immer die untere Hälfte. Nach vielen Jahren so trauter Gemeinsamkeit wagt die Frau endlich einmal zu sagen, sie habe immer die untere Hälfte gewählt in der Annahme, dass der Mann die obere lieber hätte. Heute wollte sie einmal die obere Hälfte nehmen weil sie diese eben auch sehr gerne isst.
Gegenseitige Achtung kann eben nur darin bestehen, dass darüber gesprochen und sich ausgetauscht wird.

ihre körperlichen und charakterlichen Schwächen sollen sie mit unerschöpflicher Geduld ertragen;
In Geduld ertragen, eine sehr schwieriger Anspruch für mich, die ich dies regelmäßig als schweigendes Dulden verstanden habe. Und immer wieder auf meinen inneren Zorn und Unmut gestoßen bin. Bis ich mich erinnerte, dass Dummheit und Stolz zusammengehören und meine erste Stelle bei geistig behinderten Kindern war. Da galt dann die notwendige Regel, dass alles so oft wiederholt werden musste, bis die Kinder es verstanden hatten. Seit dem komme ich mit dem Begriff besser zu recht. Ich wiederhole halt so oft, bis es verstanden ist, dass das Reich Gottes längst da ist und jeder Mensch göttlich und okay ist, auch wenn ich sein Verhalten nicht verstehe oder sogar ziemlich schädlich finde.

im gegenseitigen Gehorsam sollen sie miteinander wetteifern;
Gehorsam setzt hören voraus. Es bleibt die Frage auf was der Mensch gerade hört?
keiner achte auf das eigene Wohl, sondern mehr auf das des anderen;
Schon wieder eine ganz schwierige und missverständliche Aussage. Gerade hier im Forum wehrt sich ja jeder dagegen, dass ich auf sein Wohl achte.
die Bruderliebe sollen sie einander selbstlos erweisen;
Selbstlos, so dass ich keinen Gewinn davon habe? Das scheint mir eine unmenschliche Forderung zu sein. Ich sollte zu mindestens einen emotionalen Gewinn bei mir verbuchen können und dürfen, für den sich ja, so wie so kein Mensch etwas kaufen kann.
in Liebe sollen sie Gott fürchten;
Ich habe es nicht so sehr mit der Furcht. Ich habe zu lange unter der Furcht gelitten, dass die Menschen verdammt sein könnten, wenn sie Gottes Gebote nicht halten und nicht wissen, dass sie göttlich und okay sind. Erst der Wechsel zu dem Glauben an einen liebenden Gott kann hier etwas bewirken und die Regel was Du weg gibst bleibt Dir erhalten. Was Du behältst geht Dir verloren.
ihrem Abt seien sie in aufrichtiger und demütiger Liebe zugetan.
Aufrichtige und demütige Liebe beinhaltet, dem Abt auch unerschrocken und mit allem Mut entgegen zutreten, wenn er Unrecht tut. Sich dann aber wieder zurück zu ziehen und abzuwarten was geschieht. In dieser Regel ist zu viel von Strafe die Rede gewesen und damit Angst und Furcht erzeugt worden. Dies ist durch Vertrauen, Fairneß und Toleranz sowie der Liebe zu sich selbst auszugleichen und zu überbrücken. Denn erst wer sich selbst lieben gelernt hat oder sich noch besser von Gott, dem Leben geliebt weiß, kann unerschrocken der Angst und dem Unrecht ins Gesicht blicken ohne zu verzweifeln.
Christus sollen sie überhaupt nichts vorziehen.
Dies gelingt nur, wenn ich Christus oder eben den lebendigen Impuls zu einem größeren Leben in mir spüre und dem Folge leiste, wie ihn in meinem Nächsten vermute und da zum Leben wecke oder eben bestätige, wennich es wahrnehme.
Er führe uns gemeinsam zum ewigen Leben.
Hier irrt die Regel oder der Autor der Regel. Wenn es ein ewiges Leben gibt, dann ist es jetzt schon da. Denn sonst kann es eben nicht ewig sein und ist nur ein Teil des Ganzen. Es bleibt eine Frage der eigenen Wahrnehmung, ob ich es annehmen kann oder lieber noch eine Runde weiterdrehe um mich und meine Umwelt unglücklich zu machen. Es liegt immer im Augenblick und jeden Augenblick hat jeder Mensch eine neue Möglichkeit etwas zu seinem Frieden und seinem Heil etwas beizutragen.
Die Benediktusregel - Ausgabe nach Tageslesungen

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