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Zwei linke Konzepte: Zetkin und Luxemburg

AW: Zwei linke Konzepte: Zetkin und Luxemburg

Dieser Satz wird seit Jahrzehnten beharrlich falsch zitiert und mindestens ebenso falsch verstanden (nämlich meist so, wie es dem Zitierenden in den eigenen Kram passt).

1. Der Satz steht in keinem Text der Rosa Luxemburg.
2. In der Schrift "Zur russischen Revolution" - R.L. Gesammelte Werke, Band 4, S. 359 - findet sich folgende Fußnote (die aus einer ursprünglichen Randbemerkung gemacht wurde): "Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für die Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der 'Gerechtigkeit', sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn 'Freiheit' zum Privilegium wird."
3. R.L. diskutiert hier eine interne Differenz innerhalb der revolutionären Bewegungen; ihr lag es fern, etwa an Freiheit für wirklich "Andersdenkende" zu denken.

Danke, oktoberwind, für diese sachlich genaue Klarstellung. Das sollte jeder hier (nicht nur hier) sich wiederholt zu Gemüte führen. Inzwischen berief man sich auch von rechtsradikaler Seite auf diese luxemburgische Randnotiz, und zwar in Kenntnis der Textstelle - und nahm das zum Anlaß, die Programmatik der "Republikaner" nur als Differenz innerhalb des bürgerlich-demokratischen Rechtsstaats aufzufassen.

Aber dennoch: die Antithese

Staatsgläubigkeit - verordneter Sozialismus samt autoritärer Gesellschaftskonstruktion (Zetkin)

versus

Glaube an Kraft und Willen des Einzelnen und Hoffnung in seine Einsicht, daß das Miteinander stärkt (Luxemburg)

bleibt gegenwärtig bestehen?

oktoberwind schrieb:
Die schöne Marx-These, Revolutionen seien die Lokomotiven der gesellschaftlichen Entwicklung hat offenkundig nur gestimmt für Gesellschaftsformen, die rückständig waren und etwas nachzuholen hatten. Ich denke, in komplexen Gesellschaften wie den heute existierenden sind Revolutionen unmöglich.
Es mutet dem Auftragsarbeiter bzw. freiberuflichen Honorarempfänger sogar bizarr an, wie weit verbreitet die Praxis des Streiks inzwischen ist. Du hast weiter oben angedeutet, daß Luxemburgs Idee der politischen Meinungsbildung durch Streik sich nicht erfüllt habe. Ich meine im Gegenteil: die allgegenwärtigen Streiks sind die perfekte Erfüllung der Forderung Rosa Luxemburgs, allerdings ist der Weg langsamer und mühsamer, als sie sich das vorstellen konnte. So viel komplexer ist die Gesellschaft dann auch nicht geworden: der Gegner ist immer noch das Großkapital bzw. die Konzerne (wobei man dagegen eher auf kartellrechtlicher Ebene vorgehen könnte, wenn man das könnte)

Eine Revolution im Sinne des frühen 20. Jh. hatte jedoch weniger die Wirtschaftsbedingungen, sondern einen Sturz der Rechtsverfassung im Auge; die europäischen Nationalverfassungen des frühen 21. Jh. dagegen erscheinen nicht ohne weiteres stürzenswert.

Zumal die Toleranz des Andersdenkenden zur Vergötzung der Abweichung mutierte. Was will man mehr?
 
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AW: Zwei linke Konzepte: Zetkin und Luxemburg

Ich denke schon, dass alles viel komplexer geworden ist, weil die Relationen zwischen Großkonzernen und Einzelstaaten sich gewaltig zugunsten der Konzerne verschoben haben; oft hat man nur noch das Gefühl, eine Regierung agiert nur noch als verlängerter Arm irgendwelcher dunkler Lobbyisten.

Das hat weder Marx im "Kapital" (auch nicht in den Teilen, in denen es um den Weltmarkt geht) vorhergesehen, noch konnte das irgendein Denker so vorhersehen.

(Nur diese eine Anmerkung, da ich im Augenblick keine Zeit für längere Ausführungen habe.)
 
AW: Zwei linke Konzepte: Zetkin und Luxemburg

An Rosa Luxemburg's Denken gefällt mir, dass sie sich auch mit der Freiheit beschäftigt hat:

"Freiheit ist immer Freiheit der anders Denkenden, sich zu äußern".

Meiner Meinung nach ein gutes Argument gegen den Manchester-Liberalismus; ich nenne diese Extremform des Liberalismus auch gerne "Radikal-Liberalismus".

Liebe Grüße

Zeili

Zeili, nur zwei kleine Fragen zum Verständnis:

1) Was meinst Du inhaltlich mit Radikal-Liberalismus?

2) Und warum sollte Liberalismus die Freiheit der Meinungsäußerung beschränken? Jedenfalls scheinst Du das zu intendieren, wenn Du Rosa Luxemburgs Ausspruch als Argument gegen den Liberalismus aufführst.

LG, pispezi :zauberer2
 
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AW: Zwei linke Konzepte: Zetkin und Luxemburg

Ich denke schon, dass alles viel komplexer geworden ist, weil die Relationen zwischen Großkonzernen und Einzelstaaten sich gewaltig zugunsten der Konzerne verschoben haben; oft hat man nur noch das Gefühl, eine Regierung agiert nur noch als verlängerter Arm irgendwelcher dunkler Lobbyisten.

Das hat weder Marx im "Kapital" (auch nicht in den Teilen, in denen es um den Weltmarkt geht) vorhergesehen, noch konnte das irgendein Denker so vorhersehen.

(Nur diese eine Anmerkung, da ich im Augenblick keine Zeit für längere Ausführungen habe.)

In der Knappheit fällt ja auch nur die außerordentliche Streikkultur der Deutschen auf, die noch den Hintergründen des finstersten Lobbyisten mehr Knete nehmen dürfte, als der Arbeitskampf erwirtschaftet - das hat sicher auch Luxemburg nicht vorhergesehen.
 
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