PlacidHysteria
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Mein Text für die Philosophieolympiade 2018. Zu aggressiv?
Zitat:
„Wer von der Natur begünstigt ist, sei es, wer es wolle, der darf sich der Früchte nur so weit freuen, wie das auch die Lage der Benachteiligten verbessert. […] Niemand hat seine besseren natürlichen Fähigkeiten oder einen besseren Startplatz in der Gesellschaft verdient. Doch das ist natürlich kein Grund, diese Unterschiede zu übersehen oder gar zu beseitigen. Vielmehr lässt sich die Grundstruktur so gestalten, dass diese Zufälle auch den am wenigsten Begünstigten zugute kommen.“
Zitat:
„Wer von der Natur begünstigt ist, sei es, wer es wolle, der darf sich der Früchte nur so weit freuen, wie das auch die Lage der Benachteiligten verbessert. […] Niemand hat seine besseren natürlichen Fähigkeiten oder einen besseren Startplatz in der Gesellschaft verdient. Doch das ist natürlich kein Grund, diese Unterschiede zu übersehen oder gar zu beseitigen. Vielmehr lässt sich die Grundstruktur so gestalten, dass diese Zufälle auch den am wenigsten Begünstigten zugute kommen.“
John Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt/Main 1990 S. 122
-Vernunft schlägt die empathische Gerechtigkeit-
Geschrieben und erdacht von -----------
Rein dem Vernunftgedanken nach, gibt es keine Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit hängt im weitesten Sinne grundlegend von der Existenz, genauer von der Existenz des Menschen ab. Denn ohne den Menschen, der die Gerechtigkeit erfinden, definieren oder ausleben kann, wird es eben diese nicht geben. Die Flora und Fauna unseres Planeten ist nicht im Stande wirklich gerecht zu leben. Dort überwiegt noch der Instinkt. Dort heißt es noch: Jeder für sich!
„Jeder für sich!“, ist auch ein Ausspruch, den der Mensch oder vielmehr Ich haben sollte. Denn laut der Vernunft, der einzig halbwegs glaubhaften Wahrheit, kann man nur von dem ausgehen, was man gerade zur Verfügung hat. Ob es nun Messergebnisse sind oder eben philosophische Überlegungen. Laut diesen Überlegungen ist der Solipsismus eindeutig begründet. Denn es ist einzig und mit Sicherheit zu sagen, dass nur unser oder vielmehr mein Gewissen existiert. Ich bin wahr, ich allein. Ich kann nicht sagen, ob du, der Leser oder sie, die „Menschen“ auch wirklich existieren. Ich kann nur davon ausgehen, dass ich im Jetzt oder vielmehr im Bald, also im Werden existiere. Da das Jetzt bzw. das Sein in meinen Augen eine existenzielle Stille voraussetzt, d.h. eine zeitlose Ruhe, ohne Bewegung. Somit ist der Seinszustand unmöglich und nur ein Werden realisierbar.
Sollte dieser Gedankengang stimmen, kommt nun die Idee des Hedonismus mit ins Spiel. Verknüpft mit dem eben erwähnten Solipsismus ergeben die beiden Strömungen ein reißendes Gewässer das sich, von der Vernunft getrieben, Egolaezitismus nennt. Dieser Ismus reißt die Wurzeln des Hedonismus mit sich und verknüpft den Libido, die Lust und Freude des Lebens mit dem oft melancholisch angehauchten Solipsismus. So entsteht die Überlegung, dass es im Leben einzig und allein um die Freude des Einzelnen oder vielmehr des Egos geht.
Somit kann man auch getrost egoistisch sein, solange es das Ego glücklich macht. Dazu kommt auch das Verweigern, wenn etwas einen nicht glücklich macht. Beispielsweise, wenn ein beschwingter Milliardär zu Weihnachten sein Geld nicht für einen „guten“, oder konkreter karitativen Zweck aus dem Fenster hinauswirft und sich stattdessen seine Yacht aufpeppen will, ist dies gerechtfertigt.
Eine Sachlage mit mehr Biss definiert sich in der Klassendiskussion. Ob horizontal diese „doofen“ Ausländer einen Korb vom Einwanderungsministerium bekommen oder ob vertikal diese „dreckigen“ Armen an ihren Schulden ersticken. Natürlich kann man den Spieß auch umdrehen: Diese patriotischen Schweine von Ureinwohnern! Oder diese peinlich peniblen Schuldeneintreiber! Das Klassensystem lässt sich dank dem Egolaezitismus günstiger einteilen. Doch wird’s schon bald schwer überhaupt den Platz in der zweiten Klasse zu teilen, denn wer kommt in besagtes Döschen? Genau! Die Streithennen höchstpersönlich. Und die kollateralen Unschuldslämmer, so pazifistisch wie ein dalai Lama bekommen wie immer selbige Schweinerei auch ab. So kommt es, dass Ich und mein Ego in der 1. Klasse einen mond-gerecht großen Freiraum haben und der Freiraum am Bauernhof unter uns mit Lamas, Hennen, Lämmern und Schweinen nur mund-gerecht ist.
Ein offensichtlicher Gegner meiner Verfechtung ist glasklar ein Gutmensch. Zumindest tut er so in seiner „Theorie der Gerechtigkeit“. Immer diese Theorie! Doch anscheinend ist dieser John Rawls nicht so sehr von seiner Theorie überzeugt, dass er sich traue sie auch auszuprobieren! Auf jeden Fall ist dieser Mann, wie bereits erwähnt, ein Gutmensch. Hier bedarf es (m)einer Definition eines solchen trendigen Lebewesens. Ein Gutmensch ist eine Person, die für das Alles-wird (und ist) -Gut-Gebot steht. Auskünfte wie: Lasset uns teilen, denn dann hat jeder was! Oder Nur zusammen sind wir stark! Hört man des Öfteren, wenn man am Holzweg wandert. Ich würde auch diejenigen „Social Justice Warriors“ als Gutmenschen deklarieren, die ihrer offensichtlichen Utopie wegen, die Realität komplett außeracht lassen. So auch unser Herr Rawls in seinem Zitat aus „(s)einer Theorie der Gerechtigkeit“. Die Kernaussage: Wir müssen zusammenhalten, egal aus welcher Klasse wir kommen! Und: Die Reichen müssen den Armen helfen! Da sprießen ja schon fast gemeinschaftliche Gefühle aus dem Ackerland des Aietes! Feurig geht es auch voran im Zitat des Theoretikers:
„Niemand hat seine besseren natürlichen Fähigkeiten oder einen besseren Startplatz in der Gesellschaft verdient. Doch das ist natürlich kein Grund, diese Unterschiede zu übersehen oder gar zu beseitigen. Vielmehr lässt sich die Grundstruktur so gestalten, dass diese Zufälle auch den am wenigsten Begünstigten zugute kommen.“
Ein recht euphorisches Fähnchen weht vorbei! Kann ich da etwa einen Rauchhauch Appell und Aufruf für einen Aufstand durch die Dunstglocke der empathischen Feuerstiere erhaschen? Na klar! Verständlich für einen Gutmenschen. Einer, der aufrütteln will, und sich dabei in seinem Schlaraffenland zwischen Milchschokolade und (H)Eiswaffeln verirrt hat. Das Rütteln prallt zumindest bei mir, an meinem hochkomplexen Hadrianswall der Noel-allein-zuhaus-Ontologie illusorisch ab.
Nun. Gehen wir mal davon aus es gäbe die Menschheit wirklich. Gehen wir davon aus, es wäre alles faktisch. Nun, auch dann stimmt die Aussage nicht, da wir immer noch keinen richtigen Sinn im Leben definiert haben. Oder sollen wir den auch noch weglassen? Dazu passend ein Gutmensch-Satz: Nicht alles braucht einen Sinn! Doch tut es! Außer man will für nichts und wieder nichts gelebt haben. Ein nutzloses Leben. Denn…Die Welt kümmert unser Leben nicht. Sie wird auch irgendwann einmal wie ein Menschenleben erlöschen. Also. Lasset uns einen Sinn haben. Sollte es keinen geben, ist sowieso alles um sonst. Aber wir sollten, besonders in Zeiten wie diesen optimistisch bleiben. Wenn wir also von einem Sinn ausgehen, dann beruhen die Prinzipien, darunter die Gerechtigkeit, auf eben jenem. Man kann also nicht pauschal annehmen, wir müssten einander helfen. Jedenfalls ist auf keinen Fall falsch jemandem anderen nicht zu helfen.
Einer anderen Aussage Rawls aus seinem Opus Magnum stimme ich mit ruhigem GeWissen zu: Wir sind alle gleich. Wir können nur alle, zumindest gesellschaftlich, gleichwertig sein. Die Gesellschaft ist nämlich nicht klar definiert! Noch nicht mal definierbar ist sie! Schließlich wurde die Gesellschaft vom Menschen erfunden und nicht gefunden. Ist eben für jedes Individuum individuell festlegbar.
Also. Um nun zurück zu den naturphilosophischen Wortspielereien zu pirouettieren und um somit auch einen weiteren Strick zu Rawls Quote zu drehen, die nebenbei zuckersüße Naturalien in lyrischer Haut verwendet, gebe ich euch Halluzinationen einen Vorgeschmack auf eine Einleitung zu einer gutmenschlichen, selbstschadenden Rede, für die ihr Feuer und Flamme sein werdet:
Steht auf und kämpft! Viva la revolución! Denn ihr habt einen gemeinsamen Feind, der euch als Simulationen abstempelt! Er bezeichnet euch als Geschöpfe, offensichtlich ohne Verstand und Gefühle! Programmiert! Er wirft euch alle in ein kaltes Becken ohne Leiter für den Ausstieg: Es nennt sich zweite Klasse! Dieser Tyrann bin ICH!