BRIEFE AN EINEN JUNGEN ERKENNENDEN
in einen Brief verschmolzen
(ich lerne noch deutsch, entschuldigt mir die Fehler)
"Lieber ( )
Du weißt nicht, wie viel ich mich mit jedem Brief beschäftige, mit dem vorherigen etwa 2 Stunden, immer wieder in Rücksicht auf euer besseres Verständnis neu geschrieben, umgestaltet. Alle euren wichtigen Fragen sind beantwortet im Fluss des Briefes, ich bin kein Parteimann einer Nietzsche-Partei, 'die Sache' in Punkte zerlegen zu besprechen.
Ja, ich hasse euren Stil unaussprechbar. Ich nenne es Internet-Gesindel. Ein wirklicher Mensch schreibt wirkliche, gute, persönliche Briefe, mit einem Anfang, Mitte und Ende, mit Bau, mit Herz.
Es ist immer merkwürdig für mich, dass die Nachfolger Nietzsches in allem Stil und Herz und Menschlichkeit, Höflichkeit so gemein aussehen, während für Nietzsche diese Sachen unerlässlich wichtig waren.
Ihr antwortet nicht als lebendige Personen und wolltet den Briefwechsel zum Forum-Stil ummachen, "Sachen besprechen". Ich wollte lieber Bilder von euren Wanderungen sehen um mich zu freuen, ehrlich gesagt, und wollte darum Beziehung machen, einander mit unseren Beispielen anzustacheln.
Sollte man mal zuerst auch dazu die ganze Welt herrschen, anständigen Stil haben zu vermögen?
Und damit kommen wir an die Frage der berühmten 'Machtübernahme' an, mit der sich alle jungen Nietzsche-Lesenden an mich wenden, mit der Logik 'ich bin zu schwach, also sollen w i r zuerst die gesellschaftlichen Bedingungen schaffen, um endlich kräftig zu werden können'.
Merkwürdig: ich selbst bin ziemlich schwach und ungeeignet von Natur aus, habe viele Krankheiten, vieles Missgeschick erlebt, und doch lebe ich wie ich nur kann als echter W a n d e r d e n k e r.
Das ist am wichtigsten jetzt, nicht Nietzsches Gedanken immer neu zu wiederholen, aber mich (und dir: dich) dem Bild des vollkommen geeigneten Menschen, gedichtet als Zarathustra, wie innerlich so äußerlich zu nähern in Geist, Seele, Character, Leibe und Lebensweise: nur dann wird man seine Sätze auch so tief und wahrhaft ver-standen, wie er. Ohne das ist man ein kluger Papagei.
Die Leitseite, die ich gern hätte, würde allein um das "Praktische" gehen, nicht um irgendeine forumgleiche Besprechung Nietzsches. Nur Bilder, Videos, Räte, Hilfe (man könnte namenlos liebevoll dem Armen Geld schenken): und irgendetwas Geist-liches nur in anständigen Reden und Sprüchen, von denen, welche echte Schriftsteller und Redner sind. Denn die ernsteren Selbstgespräche oder Gespräche mit Zarathustra mache ich im Gebirge einsam; dann biete ich es, wenn ich echter Schriftsteller bin, in echten Schriften auch Anderen an.
Habe ich es richtig gelesen, du schriebst 'Kommune'? Eine Gesellschaft etwa wie die der Alpinisten hätte nur Sinn, nicht eine für irgendeine jetzige 'Machtübernahme' der neuen Guten und Gerechten in the name of the father (Nietzsche), the child (y'all) and the holy spirit (der Wille zur Macht). - Eine F r e u n d s c h a f t der von einender fern wandernden wachsenden Löwen, allein ihrer eigenen Erkenntnis lebend, was dann aus dieser Erkenntnis kommen werde. Ich wiederhole immer wieder mit Lachen: es wäre mir schmachvoll, wenn euch schon irgendeine 'Machtübernahme' ja gelinge!
Meine Söhne, die schönen spielenden Löwen - ich bin eine Mutter, ich weiß noch nicht, was sie wollen werden mögen; und als Vater bin ich noch zu hässlich um so etwas auch nur zu wollen, geschweige denn zu tun. Aber wo sind die anderen Großväter? Denn ich sehe nur Dummköpfe, welche "groß" werden wollen und ganz und gar nichts vom Übermenschen verstehen, w a s aber, also die E r k e n n t n i s, die erste, mehrere Leben umfassende Aufgabe ist.
Du schreibst, ich sei schweigsam, aus Stolz, indem ich die ernsten Sachen nicht besprechen wolle. Doch bin ich so gerade nicht aus stolz, sondern aus Demut: in den Sachen vom 'Übermenschen', 'großen Mittag' usw. ist keiner von uns noch weise, also bleibt da das Schweigen, und das langsame Zuhören an Zarathustras Worte. Erkenntnis - die alleine Sache, was noch uns verbindet, - oder könnte; davon Selbsterkenntnis und davon Selbstschöpfung. Und dies bedarf keiner Machtübernahme; höchstens einer Alpinisten-Gesellschaft, "glückselige Inseln" (wenn auch metaphorisch).
D a s ist gerade Redlichkeit. R e d-lichkeit ist nicht Glauben wie ihr es verwendet, nicht nur 'an meine Rede mich halten', aber vielmehr zuallererst nur davon reden was ich weiß (darin ich weise, Weise bin). Die Jünglinge wollen aber immer alles frech besprechen und sehen eben diese F r e c h h e i t als Redlichkeit an. Das ist aber Redsamkeit, wie auch beredt. -
Du schreibst, 'wir' sind besser als die heute Regierenden. Wir sind aber nicht besser als irgendjemand heute. Es wirkt nicht so. Du bist immer noch nur der alte ( ), einige Jahre von Nietzsche-Lesen (wenn auch mit wirklichem Wachsen) machen man nicht größer, vielleicht nur anmaßender. Deine neuen Übungen, deine neue Denkart, Empfindungen, Lebensweise wird sich erst später einzuverleiben beginnen, und es wird sich in deinem Sohn wirklich fortgeschritten sein können.
Zuerst die Welt zu ändern, und nur dann würdig dazu werden: für mich ist es gerade die echte Unredlichkeit, aus dieser Logik die Taten zu schöpfen. -
Deshalb mache von jetzt an ich keine Beziehung mit zu jungen Erkennenden; sie wollen nicht Erkenntnis, aber durch die Notizen des späten Nietzsches sofort erkannten Wahrheiten und daraus das Gefühl der Größe, der Macht und so weiter. Wie langweilig!
Lebe wohl, "