The power strikes back!
Ursache für Stromausfall am 15.11. gefunden?
Das schier Unglaubliche ist passiert: die Stadtwerke München haben gestern, am 13.12. in einem ausführlichen Bericht zu dem Vorfall ihre Erkenntnisse ins Internet gestellt. Darüber hat vereinzelt die bayerische Lokalpresse wie etwa die Süddeutsche auch berichtet.
Wenn man einmal damit angefangen hat, den Presseverteilerkasten der SWM aufzuschrauben und mit einem Wahrheitsprüfer nachzusehen, ob der Laden noch genügend Saft hat, dann solte man natürlich auch nicht einfach alles offen lassen, wenn man zwischen den guten Drähten erkenntnistechnisch auf der Strecke bleibt. So dachte ich mir, es wäre ein guter Zug, den Stadtwerken zunächst einmal für ihr ausführliches Statement zu danken. Das meine ich weitgehend ohne Ironieausfall, weil der Bericht sich nämlich schlüssig, nachvollziehbar und authentisch liest.
Die Presse hingegen fasst diesen Bericht zu der lapidaren Meldung zusammen, daß "die Ursache für den Stromausfall nun endlich feststeht". Und deutet wenigstens an:
nahezu feststeht..
Das kommt der Wahrheit schon nahe, ist aber nicht die ganze Wahrheit. Wahr sind aber wohl ein paar erklärende Fakten, die den Weg aus dem Stadtwerke-Bericht bis ins Zeitungspublikum nicht geschafft haben:
1. Die Untersuchung des Vorfalls hat ungewöhnlich lange gedauert. Diesen Umstand gleich richtend als Hinweis auf mögliche weitere Ungereimtheiten oder gar als Gefahr einer Vertuschung zu werten, war falsch. Die Stadtwerke erwähnen u.a., daß das auszuwertende Fehlerprotoll mit etwa 25.000 Einträgen so umfangreich wie ein entsprechendes 600-seitiges Buch gewesen sein soll. So etwas liest der - ein Hinweis auf die zugekaufte oder geschenkte Seriösität - bestellte Gutachter natürlich nicht mal eben so zwischen Lichtaus und Einschlafen...
2. Techniker einer externen Firma sind auf jeden der etwa 250 Freileitungsmasten auf der betreffenden Strecke hinaufgeklettert und haben persönlich nach Hinweisen gesucht, wo genau der Erdschluß passiert sein könnte. Auch diese Detektivarbeit lässt sich nachvollziehbar nicht an einem einzigen Tag erledigen.
Liest man die vielen Details direkt im Bericht, dann wird auch tatsächlich nachvollziehbar, wie schwierig es in diesem Fall war, zu irgendwelchen Erkenntnissen zu gelangen. Und daß es daher also auch
plausibel erscheint, daß die SWM die eigentliche Ursache, den usprünglichen Auslöser eben doch nicht gefunden haben. Dieses Bild, daß es zwar unglücklich, nichts desto weniger aber mit rechten Dingen zugegangen ist, wird von dem Umstand abgerundet, daß solche "Erdschlüsse" häufiger aus "natürlichen Ursachen", wie etwa durch Äste, ausgelöst würden. Nur eben dann aufgrund der n-1-Sicherheitsphilosophie, daß es also immer zwei Schutzebenen gibt, keine sichtbaren Folgen haben.
Andererseits fällt der Bericht für den aufmerksamen Leser - also weniger für den damit sich beruflich beschäftigenden Journalisten - natürlich auch damit auf, was nicht drinsteht: zu keinem Zeitpunkt schreiben die SWM, daß ein eventueller "Cyberangriff" auf Leitwarte oder Schalttechnik vollkommen ausgeschlossen werden konnte. Über dieses Thema, so theoretisch auch immer, wird dort anscheinend nicht öffentlich gesprochen. Stattdessen wohl juristisch motivierte Textverschnörkelungen in der Art, daß die SWM
unverzüglich, sofort und ohne zu zögern nach dem Fehler gesucht haben und weiter suchen werden...
Wollen wir zumindest hoffen, daß der Vorfall im Ergebnis wenigstens dazu führt, daß der einfache Bürger seine kaninchenhafte Ahnungs- und Interesselosgkeit an der eigenen Stromversorgung und ihren technischen Gegebenheiten etwas verliert und in Zukunft nach fundierterer Presseberichterstattung verlangt. Ohne einen mündigen Stromkunden und einer technisch kompetenten und kritischen Presse wird es nämlich auch keine angemessenen Strompreise bei gleichbleibender Versorgungssicherheit geben können...
http://www.sueddeutsche.de/muenchen...kurzschluss-loeste-stromausfall-aus-1.1549424
http://www.swm.de/dms/swm/pressemit...g20121213/Pressemitteilung vom 13.12.2012.pdf
http://de.wikipedia.org/wiki/Netzschutz
PS: @SWM-Technik
am 15.11. gegen 7:00 dürfte es noch genügend dunkel gewesen sein, daß ein Satellitenbild bei der Fehlerortung helfen könnte. Eventuell hat auch eine Blitzortungseinrichtung die elektromagnetische Abstrahlung des Lichtbogens registriert...