Hallo!
Jaja, die Definitionen...Also ich zum Beispiel habe Kompositionen veröffentlicht, schreibe hin und wieder mal ein Buch...bin ich vielleicht Künstler? Bin ich vielleicht wahnsinnig?
Ach, wir Künstler haben es ja soooo schwer...all die dumpfen Normalbürger, diese ganze Unsensibilität.
Ein Beispiel: Unsere U-Bahn trötet immer mit einer auf- und dann wieder absteigenden großen Terz beim Türenschließen. Ich muss dann immer die Melodie ergänzen in Richtung Frank Zappas "The black Page" (obwohl die dann eine Quarte absteigt). Gerne würde ich mich mit meinen Mitmenschen darüber unterhalten, ihnen meine sensible Wahrnehmung mitteilen, aber um mich herum sitzen zufällig nur lauter alternde Dämlein in Blue-Jeans und Regencoats, die sich über Krampfaderstripping unterhalten. Es ist ein Graus.
Also jetzt mal im Ernst: Das Bild vom dem Wahnsinn nahen Künstler/Genie ist doch ziemlich abgegriffen. Ich kenne/kannte nette Künstler, doofe Künstler, ich kenne einige Künstler, die vor allem recht skrupellos sind, andere sind wackere Handwerker usw.
Man muss sich davon lösen, dass Künstler besser oder schlechter sind, näher der Wahrheit oder ferner der Realität; sie machen einfach Kunst und Kunst muss vor allem gelungen sein und: interessant. Es mag nun sein, dass eine gewisse Schrulligkeit die Wahrscheinlichkeit, etwas Interessantes hervorzubringen (eine "Irritation") steigert. Auch kann es zum Beispiel im Bereich der Musik sein, dass manche übersteigerten Fähigkeiten (phänomenales Gedächtnis, stundenlanges Üben, phantastische Auffassungsgabe) die Wahrscheinlichkeiten eines psychischen Defekts steigern.
Aber es geht eben auch ohne.
Global gesehen habe ich die These, dass im Moment die Entwicklung vom Kunstgenie mehr in Richtung handwerklicher Künstler geht; ein Tendenz, die dem Kommerz geschuldet sein mag, aber als guten Effekt auch eine größere Ehrlichkeit in der Kunst mit sich bringen könnte; denn es gab ja nicht nur manch Wahnsinnigen in der Kunst, sondern vor allem auch viele Blender...