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Selbe Wellenlänge

AW: Selbe Wellenlänge

Wie sieht denn ein Luftikus das alles?

Ich habe wieder ein paar ruhige Telefonate mit ihr geführt.

Dabei habe ich Dinge erfahren, die mir doch ganz neue Einblicke verschaffen: sie hat gesagt, dass sie sich vor mir versteckt. Dass sie sich auch "daheim" immer versteckt hat, unter dem Tisch, in ihrem Zimmer, irgendwo: verstecken und ja nicht auffallen.

Und dann ist plötzlich herausgekommen, dass sie sich versteckt, weil ihr alle die Schuld gegeben haben. Die Schuld an allem, was in der Familie überhaupt schief läuft, die Schuld an der ganzen Katastrophe ihrer Eltern, an jedem Misserfolg in der Familie. Auch ihre älteren Geschwister haben sich dem angeschlossen. Was immer schief gelaufen ist, das man hat ihr, der Jüngsten, in die Schuhe geschoben.

Und dann ist klar geworden, dass sie auch heute noch zwischen uns und mit anderen immer dann auszuckt, zusammenbricht und sich versteckt, wenn auch nur der geringste Verdacht auftaucht, dass sie an etwas schuld sein könnte.

Und ihre wichtigste Zuflucht ist die, dass sie ein Kind ist. Dass man ihr daher keine Schuld geben darf.

Ich beneide sie um die kindliche Seele, die sie sich bewahrt hat. Aber das ist eine grausige Täuschung: sie verweigert nur deshalb, ihre erwachsene Seele anzunehmen, damit sie nicht schuld ist. Deshalb ist sie ein Luftikus. Ein Luftikus ist niemals schuld. Sie nennt den Luftikus "Clown". Und sie selbst fürchtet und hasst Clowns und will auch selbst sicher kein Clown, kein Luftikus sein. Aber kaum ist sie erwachsen, wird sie von 20.000 Tonnen Schuld erdrückt.

Und das wird jeden Tag mehr. Ein Luftikus und Clown lädt ja dauernd Schuld auf sich, weil er völlig verantwortungslos handelt: so gewissenlos, wie alle anderen auch, die ihm an allem die Schuld geben.

Aber genau das ist für einen verantwortlichen Partner natürlich die Hölle. Der will nämlich, dass der andere, der Luftikus, seinen eigenen Teil der Verantwortung übernimmt. Bloß kann der Clown zu den 20.000 Tonnen Schuld kein einziges Gramm Verantwortung mehr übernehmen. Nicht ein Gramm.

Deshalb trägt der Verantwortliche alle Verantwortung. Alles. Und darunter bricht er zusammen.

Einen wesentlichen Unterschied will ich noch präzisieren: den Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung: Schuld ist in die Vergangenheit gerichtet: der Luftikus will einfach nicht Schuld sein an etwas, was passiert ist und worauf er überhaupt keinen Einfluss hatte.

Der Verantwortliche aber blickt in die Zukunft: er will, dass beide die Verantwortung dafür übernehmen, dass sich etwas ändert.

Die Verantwortung dafür, dass sich etwas ändert, also, dass jeder an sich selbst etwas ändert, dass jeder mit dem anderen anders umgeht als bisher, das will der Verantwortliche.

Der Luftikus will aber danach auf keinen Fall schuld sein, dass sich nichts geändert hat.

Irgendwann streiken beide. Der eine will nicht die ganze Schuld, und der andere will nicht die ganze Verantwortung.


Wenn sich also der Luftikus, der Clown vor der Schuld, den Vorwürfen und dem Druck versteckt, und wenn er dann so allein ist, dass er einen neuen Partner sucht (bei dem er aber auch nicht bleibt, sobald es um die Verantwortung für eine Beziehung geht), dann fühlt sich der Verantwortliche überhaupt komplett verraten und alleingelassen.

Nachher ist es aber auch nicht leichter. Der Luftikus kommt von der Affäre zurück. Aber Schuld kann man ihm keine geben, da bricht er zusammen. Und Verantwortung dafür, dass es anders wird, kann er auch nicht übernehmen.

Am Schluss übernimmt der Verantwortliche die Schuld dafür, dass der Luftikus eine Affäre haben musste. Und es wird alles versteckt und begraben, damit darüber nicht mehr gesprochen wird.

Und der Verantwortliche übernimmt die Verantwortung dafür, dass er dem Luftikus und Clown keine Vorwürfe mehr macht, keine Schuld zuweist und keine Verantwortung überträgt, damit er ihn nicht wieder zu einer Affäre zwingt.

Das ist nicht gut.

Ich glaube, dass die 20.000 Tonnen Schuld, die gar nicht dem Luftikus gehören, die nicht der Frau meines Lebens gehören, dass die weg müssen. Die müssen abgetragen werden. Wie, weiß ich noch nicht. Es ist Schuld aus ihrer Altfamilie. Oder noch älter...

Am Montag telefonieren wir wieder...

lg Frankie
 
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AW: Selbe Wellenlänge

Lieber Frankie,

das ist so eine Sache mit der Schuld. Ich glaube wirklich, dass man, wenn man alles ausspricht und versucht die Welt mit den Augen des Anderen zu sehen, von der Verschuldensfrage wegkommen kann.

Ich habe wirklich größtes Verständnis für Leute, die aufgrund ihrer Herkunftsfamilie einen schlechten Start ins Leben hatten. In Krisenzeiten fallen wir alle mehr oder weniger ins Kindchenschema zurück. Auch hier ist es wichtig von diesen unnötigen Schuldgefühlen los zu kommen, sonst erfordert das Verstecken nämlich alle Kraft und Energie.

Ich habe jetzt wirklich versucht meinen Partner 100 %ig zu verstehen. Zu verstehen, warum er ausbrechen mußte, wo er die Probleme mit dem Leben in der Familie hat, und jegliche Schuldzuweisung zu vermeiden, d. h. echte Vergebung, wenn man davon überhaupt sprechen kann. Weil wo keine Schuld, da auch keine Vergebung!

Mir ist aufgefallen, dass besonders Luftikusse, ja sehr hohe und edle Ideale haben, aber mit der Ausführung haben sie eben so ihre Problemen, weil sie sich sehr überfordern, auch damit ihre eigenen Unzulänglichkeiten unter den Teppich zu kehren, anstatt hervorzuholen und daran zu arbeiten.

Meinen Partner habe ich stets versucht ernst zu nehmen, vielleicht manchmal zu sehr. Irgendwie erhoffte ich mir wahrscheinlich von der luftigen Lebensweise angesteckt zu werden.

Was ich ihm in dieser Sache sehr hoch anrechne ist das, dass er sehr ehrlich und aufrichtig mir gegenüber war. Er erhoffte sich von der anderen nach der ersten Verliebtheitsphase eine echte Freundschaft, um ein wenig aus dem Alltag mit uns auszubrechen, bzw. den Alltag besser verkraften zu können. Das Leben mit 3 Fast-Teenagern ist ja kein Honigschlecken, der Lärmpegel, die Forderungen der Kids, ihre materiellen Ansichten...

Das alles möchte er ja durchstehen, aber es ist alles ein bissal viel für ihn, weil er selbst sehr oft an seine Kindheitstage erinnert wird. Das Schicksal ist ja manchmal lustig, so kommen im Leben fast immer die selben Situationen, wenngleich auch auf kuriose Art und Weise. Der Lernprozess ist aber enorm, und sei es durch eine Affäre, welche ebenfalls viele Erkenntnisse und Lernbereiche bereithält. So gesehen war diese Begegnung, der intensive Kontakt mit dieser Frau so wichtig und auch richtig.

Wenn mans genau betrachtet, und an einen bestimmten Punkt kommt, waren aber alle Gefühle und Regungen wichtig und auch mit den Entscheidungen des Partners kann man dann besser umgehen.

Vielleicht gelingt die Übung besser, wenn wir das Leben als Spielwiese betrachten. Alle Züge sind erlaubt, um es besser zu machen beim nächsten mal. Einfach voran zu kommen. Losgelöst von der elenden Schuldfrage, ist auch der Schmerz auf einmal weg.

Bei einem Gespräch mit dem Partner ist das Wichtigste eine gepflegte Gesprächskultur. Zu vermeiden sind jedenfalls alle Sätze wie:

du bist...

du hast ja immer schon...

das ist typisch...

das sind alles Schuldzuweisungen, wo der andere meist in die Offensive geht und zum Gegenschlag meist unter der Gürlellinie ausholt.
Viel besser,und auch jedenfalls ernst zu nehmen vom anderen, ist es da, über die eigenen Gefühle und Empfindungen zu sprechen.

Ich möchte dir sagen, wie es mir dabei geht...

Das ist sehr schwer, weil wir eher gelernt haben Streit zu vermeiden, als uns eine ordentliche Streitkultur anzueignen. Auch eine andere Meinung des Partners anzuerkennen ist in unserem Kulturkreis so schwierig, weil wir auch so hohe Besitzansprüche haben. Umso ärger und für uns so belastend sind ja gerade Beziehungsprobleme selbst...

Besonders das Sprechen über die eigenen Gefühle erfordert Klarheit über die eigenen Gefühle bei sich selber, dazu braucht es wieder viele viele lange Spaziergänge...

So wurschtelt man halt weiter, von Tag zu Tag.

Alles Liebe

G.
 
AW: Selbe Wellenlänge

Ich hätte hier sooo gerne etwas von einem "Luftikus" selbst Geschriebenes gelesen. Wie sieht denn ein Luftikus das alles?

Aber da müsste er sich festlegen. Müsste etwas Ernstes über sich selbst sagen.

Die Frau meines Lebens scheint das Ernste jedenfalls als neue Möglichkeit sehr zu mögen. Sie hat heute beim Telefonieren ihr wirklich Wichtiges, Tiefgehendes von sich gegeben, sie hat auch ernsthaft gefordert, dass ich ihr zuhöre ohne dreinzureden und dass ich dann in Ruhe über das Gehörte nachdenke.

Ich schließe daraus, dass gar nicht jeder Luftikus so glücklich damit ist, von niemandem (auch von sich selbst nicht) ernst genommen zu werden...

lg Frankie

Hi Frankie,


Finde ich sehr gut, wie ihr das macht, und es zeigt sehr deutlich, dass auch der Luftikus, wenn er einen Partner hat, der stark genug ist und das alles aushält, bereit ist, seine Lernprozesse zu starten.

Und was fast noch wichtiger ist, auch dem Partner der kein Luftikus ist, ein Erfolgserlebnis zu gönnen.

Es zeugt jedenfalls von sehr viel Vertrauen zu dir, dass sie bereit ist, sich jetzt ernsthaft mit den Themen in ihr mit dir zusammen auseinanderzusetzen.

Meine Hochachtung, euch beiden gegenüber!!!

LG

G.
 
zu einer gleichberechtigten partnerschaftlichen beziehung:

liebe giovanna, lieber frankie,

eure schilderungen haben mich letztens dazu gebracht, nachzugrübeln, was wohl eine gute "gleichberechtigte partnerschaftliche beziehung" ausmacht.

ich bin dabei auf folgendes gekommen:


  1. jeder partner muss über die fähigkeit verfügen, sich eine "schwierige" situation erst einmal anschauen zu können (ohne dabei gleich hinter seinen emotionen oder abwehr-mustern zu verschwinden)
  2. dann muss jeder der beiden partner es schaffen, den eigenen part herauszufiltern (ohne dabei den part des/der anderen gleich mit zu verantworten und ohne dabei dem/der anderen allein die schuld anlasten zu wollen)
  3. zuletzt müssen beide partner danach trachten, die allf. nötigen handlungen zur wiederherstellung der harmonie bzw. zum ausgleich des entstandenen ungleichgewichts durchzuführen (ohne dabei nur darüber zu sinnieren oder zu analysieren oder sonstwie um den heißen brei herumzulabern - es sind tatsächlich ausgleichshandlungen auszuführen oder einzufordern - je nachdem, wie das ungleichgewicht zwischen "geben und nehmen" gelagert ist)

wenn NICHT beide partner diese o.a. vorgangsweisen anwenden, bleibt das ungleichgewicht bzw. die differenz weiterbestehen und wird womöglich durch jede weitere (gutgemeinte) einseitige handlung noch größer.
die partnerschaft gleitet dann in eine "eltern-kind"-beziehung oder in ein "therapeut-klient"-verhältnis ab.

es ist meines erachtens nach außerordentlich wichtig, dass beide partner sehr eigenbewusst sind und kritikfähig mit ihrem leben und ihren handlungen umgehen können.
und das ist eben außerordentlich selten, denn es bedingt einen nahezu gleichen "reifegrad".
doch heißt es nicht, dass die beiden partner nicht "aneinander" und miteinander reifen können.....vorausgesetzt, sie wollen das auch (BEIDE !!!).

liebe grüße
kathi
 
AW: zu einer gleichberechtigten partnerschaftlichen beziehung:

wenn NICHT beide partner diese o.a. vorgangsweisen anwenden, bleibt das ungleichgewicht bzw. die differenz weiterbestehen und wird womöglich durch jede weitere (gutgemeinte) einseitige handlung noch größer.
die partnerschaft gleitet dann in eine "eltern-kind"-beziehung oder in ein "therapeut-klient"-verhältnis ab.

es ist meines erachtens nach außerordentlich wichtig, dass beide partner sehr eigenbewusst sind und kritikfähig mit ihrem leben und ihren handlungen umgehen können.
und das ist eben außerordentlich selten, denn es bedingt einen nahezu gleichen "reifegrad".
doch heißt es nicht, dass die beiden partner nicht "aneinander" und miteinander reifen können.....vorausgesetzt, sie wollen das auch (BEIDE !!!).


kathi

Danke liebe Kathi,


was soll man aber tun, wenn die Reifung nicht gleichzeitig vor sich geht?

Vielleicht kommt sie ja noch?

Bzw. ist es denkbar, dass die Reifung zwar bei beiden vor sich gegangen ist, aber die Richtung eine andere ist?

Liebe Grüße

G.
 
zur reifung der partner

hallo giovanna,
das ist sogar oft der fall, dass die reifung nicht gleichzeitig vor sich geht.
in diesem fall entsteht bereits ein "gefälle" zwischen den partnern --> der eine ist weitergegangen, der andere nicht - der blieb beim status quo stehen und will oft auch daran nichts ändern.
wenn das so ist und darausfolgend die gemeinsame basis verloren ist, dann heißt es irgendwann trennung.

- wenn aber der "langsamere" partner merkt, dass etwas anders geworden ist - und er wissen will, was und warum.....und er kann und will sich mit dem weitergegangenen partner wieder verbinden - aufschließen - und er muss die veränderung des partners nicht ablehnen, dann können die beiden miteinander weitermachen. dann kommt es darauf an, wie aufgeschlossen, offen und ehrlich die beiden miteinander umgehen können und wieviel geduld dabei vorhanden ist.
oft ist es dann sogar so, dass die beiden gerade durch das erleben der neuen verhaltensmuster aneinander reifen können - vorausgesetzt sie können ehrlich und liebevoll miteinander umgehen. und vorausgesetzt sie beide haben noch immer das gefühl, dass sie prinzipiell zueinander passen.
Bzw. ist es denkbar, dass die Reifung zwar bei beiden vor sich gegangen ist, aber die Richtung eine andere ist?
das ist durchaus möglich.
denn die "reifung" ist doch immer der weg zu sich selbst.
dann hört das spiel mit den masken mehr und mehr auf. die anpassung an eine fiktive norm entfällt. das entsprechen nach den erwartungen der anderen lässt nach.

dann kann es sein, dass die beiden feststellen, dass sie eigentlich gar nicht wirklich zueinander passen - dass sie eigentlich eine ganz andere art von leben führen wollen, als es miteinander möglich wäre - dass die eine den anderen dabei möglicherweise sogar hemmen könnte.....auch wenn die beiden sich generell noch mögen, kann es so sein.
dann besteht die reife der beiden darin, einen schönen weg zu finden, sich weiterhin verbunden zu bleiben - wenn auch nicht in form einer fixen partnerschaft.

liebe grüße
kathi
 
AW: Selbe Wellenlänge

Das möchte ich noch um einen weiteren Aspekt ergänzen:

Es geht mir um "abgespaltene Seelenteile", die ein erwachsener Mensch im Zuge seines Lebens angeblich wieder integriert. Diese Idee ist mir einerseits bei C.G.Jung begegnet, und andererseits bei den Schamanen.

Als "Beziehung" erlebe ich dann oft eine Symbiose, in der einer dem anderen die fehlenden Seelenteile ergänzt.

Aber mit jedem Seelenteil, der zurückkommt, wird das Gleichgewicht in der Symbiose verändert. Für diesen Teil braucht der eine die Ergänzung durch den anderen nicht mehr. Und wer alle Seelenteile hat, der braucht den anderen gar nicht mehr.

Danach kommt aber etwas Neues. Liebe statt Symbiose. Liebe ohne Abhängigkeit.

Daher glaube ich, dass das von Kathi beschriebene Gleichgewicht, das Geben und Nehmen bzw. auch der koordinierte Weg, den beide gehen oder eben nicht, vor allem auf die "Symbiose"-Phase in einer Beziehung zutrifft.

Wenn jeder mit vollständiger Seele aber den anderen gar nicht mehr braucht und beide nur mehr durch Liebe und Respekt verbunden sind, dann ist da kein Geben und Nehmen mehr. Liebe ist nur Liebe, kein Tauschgeschäft. Und es gibt auch keine Wege mehr: es ist sowieso jeder bei sich und besucht den anderen, wenn er will.

Daher sehe ich plötzlich als zentrale Frage: wie weit brauche ich den anderen noch, und wie weit bin ich schon bei mir? Das bestimmt auch, wieviel ich mir vom anderen noch gefallen lassen muss, wieweit ich ihm noch ergänzen muss, was ihm fehlt - obwohl mich das selbst vielleicht schon längst überfordert und der andere mir meine fehlenden Teile gar nicht (mehr) so ergänzt, wie ich das brauche.

Daher glaube ich heute, dass in einer Beziehung alles Arbeiten an einem selbst etwas bringt (und dann sowieso die Beziehung automatisch verbessert, indem alles von Symbiose schrittweise zu Liebe wird), das "Arbeiten am anderen" aber gar nichts...

lg Frankie
 
AW: Selbe Wellenlänge

Daher glaube ich, dass das von Kathi beschriebene Gleichgewicht, das Geben und Nehmen bzw. auch der koordinierte Weg, den beide gehen oder eben nicht, vor allem auf die "Symbiose"-Phase in einer Beziehung zutrifft.

Wenn jeder mit vollständiger Seele aber den anderen gar nicht mehr braucht und beide nur mehr durch Liebe und Respekt verbunden sind, dann ist da kein Geben und Nehmen mehr. Liebe ist nur Liebe, kein Tauschgeschäft. Und es gibt auch keine Wege mehr: es ist sowieso jeder bei sich und besucht den anderen, wenn er will.

Daher sehe ich plötzlich als zentrale Frage: wie weit brauche ich den anderen noch, und wie weit bin ich schon bei mir? Das bestimmt auch, wieviel ich mir vom anderen noch gefallen lassen muss, wieweit ich ihm noch ergänzen muss, was ihm fehlt - obwohl mich das selbst vielleicht schon längst überfordert und der andere mir meine fehlenden Teile gar nicht (mehr) so ergänzt, wie ich das brauche.

Daher glaube ich heute, dass in einer Beziehung alles Arbeiten an einem selbst etwas bringt (und dann sowieso die Beziehung automatisch verbessert, indem alles von Symbiose schrittweise zu Liebe wird), das "Arbeiten am anderen" aber gar nichts...

lg Frankie

Ich glaube was Kathi meint ist eher als fließende Energie, als Austausch beider Liebender, wenn man so will, zu verstehen. Geben und Nehmen klingt etwas härter. Daher meine ich, dass dieses Fließen auf jede Beziehung Anwendung findet. Je gleichwertiger die Partner, umso mehr ist der Fluss im Gleichgewicht. Das hat m. E. nicht vorrangig mit Symbiose zu tun. Denn in der Symbiose kann einer ohne den anderen nicht.

Das gegenseitige Brauchen ist für die reine Liebe kontraproduktiv. Das mit den Seelenteilen, finde ich gut beschrieben. Im Augenblick kann ich das sehr gut nachvollziehen. Ich selbst empfinde es nur als etwas befremdlich, wenn man das Gefühl hat den anderen so garnicht mehr zu brauchen. Was ich meine ist damit der seelische Bereich, die Gefühlsebene. Was wirtsschaftlich in einer Familie dran hängt ist ja wieder ein anderer Kaffee.

apropos:

Der Partner sollte nur das Schlagobers auf dem Kaffee sein. D. h. der Kaffee schmeckt allein schon sehr gut, mit dem Schlag drauf wirds zum Hochgenuss.

Aber mal ehrlich? Wie sieht der Alltag aus, und wie erst der mit Kindern im selben Haushalt?

Da sind leider Dinge zu erledigen, die nicht immer Spaß machen und wo eben jede Hand gebraucht wird. Wer sich da ausklinkt, der fehlt eben und am anderen bleibt dabei alles hängen. Auch bei aller Liebe und Verständnis für den anderen und dessen momentanen Bedürfnissen.

Zumindest spüre ich das derzeit am eigenen Leib sehr stark.

Zum Thema Reifung habe ich heute eine interessante Kurzbiographie gelesen, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Der Promi um den es geht stammt aus einer adeligen Familie.

Die Jugendzeit verbrachte er ohne materielle Not, als er mit 29 einen Sohn bekam verließ er sein Heim um als Asket zu leben.

Aufenthalte bei Yogalehrern brachten ihm nicht die erhofften Erkenntnisse.

Auch eins sechsjähriges Einsiedlerleben, verbunden mit strengem Fasten, blieb erfolglos.

Er ließ sich unter einem Feigenbaum nieder, mit dem festen Vorsatz, diesen Ort nicht eher wieder zu verlassen, bis er die ersehnte Einsicht in das wahre Wesen der Dinge gewonnen habe.

Nach intensiven Meditationen gelangte er schließlich zu Erleuchtung!

Ich glaube ihr wisst alle, wer damit gemeint ist.
Falls nicht könnt ihr hier ja raten.

Jedenfalls wird er heute noch nach mehr als 2500 Jahren von mehreren Millionen Menschen verehrt, angebetet und geliebt!


Der Beginn hört sich aber ziemlich unreif und verantwortungslos an, findet ihr nicht?

Wer kann also vom anderen beurteilen, wie reif oder wie weit er mit seinen Erkenntnissen ist und was er gerade zum Leben braucht um zur "Erleuchtung" zu gelangen.

Alles Liebe

Giovanna
 
AW: Selbe Wellenlänge

Das gegenseitige Brauchen ist für die reine Liebe kontraproduktiv. Das mit den Seelenteilen, finde ich gut beschrieben. Im Augenblick kann ich das sehr gut nachvollziehen. Ich selbst empfinde es nur als etwas befremdlich, wenn man das Gefühl hat den anderen so garnicht mehr zu brauchen. Was ich meine ist damit der seelische Bereich, die Gefühlsebene. Was wirtsschaftlich in einer Familie dran hängt ist ja wieder ein anderer Kaffee.

apropos:

Der Partner sollte nur das Schlagobers auf dem Kaffee sein. D. h. der Kaffee schmeckt allein schon sehr gut, mit dem Schlag drauf wirds zum Hochgenuss.

Aber mal ehrlich? Wie sieht der Alltag aus, und wie erst der mit Kindern im selben Haushalt?

Da sind leider Dinge zu erledigen, die nicht immer Spaß machen und wo eben jede Hand gebraucht wird. Wer sich da ausklinkt, der fehlt eben und am anderen bleibt dabei alles hängen. Auch bei aller Liebe und Verständnis für den anderen und dessen momentanen Bedürfnissen.

Zumindest spüre ich das derzeit am eigenen Leib sehr stark.

Hallo Giovanna!
Dein Beispiel von Buddha passt hier ziemlich gut.
Denn er hat in jeder Phase das getan, wozu ihn seine innere Stimmer gerufen hat. Er ist nicht leichtfertig davongelaufen, um sich vor der Verantwortung zu drücken, sondern weil er einen Ruf in sich hörte.

Es fällt mir auf, dass du in der Beziehung zu deinem Partner und auch bei deinem eigenen Verhalten deinem Idealbild nacheiferst.. Und damit setzt du dich selbst unter argen Druck. Denn du musst deine wirklichen Gefühle verleugnen oder ignorieren, damit du "vernünftig" bzw. "richtig" handeln kannst.

Aber das strategische Handeln, das durch vernünftige Entscheidungen ensteht (z.B.: Wenn ich das Haus nicht wieder verkaufen will, dann muss ich ja mit ihm zusammenbleiben! Wenn wir uns trennen, dann leiden wieder die Kinder! Wenn ich schon wieder nörgle, dann liebe ich ihn nicht richtig!) erzeugt (Selbst-)Täuschung und Manipulation. So tun als ob es mein Leben wäre, das ich lebe, bringt mich innerlich um.

Einen Kompromiss finden geht auch offen. Wenn nicht, dann haben immer alle Beteiligten ein Problem. Nicht nur einer.

Vielleicht könnt ihr euch an der Hand nehmen und gemeinsam und vorsichtig immer nur einen kleinen Schritt machen, euch bewusst sein, dass ihr beide keine Ahnung habt, wo das hinführen wird, einfach nur in dem Gefühl, wieder füreinander und für die Familie weiterzumachen. Ehrlich und mit einem offenen verletzlichen Herzen.

Da hat dann kein "der Partner sollte das Schlagobers auf dem Kaffee sein" Platz. Das kann nicht der Sinn der Partnerschaft sein. Es ist ein Unterschied zwischen einer Gefühlsbeziehung und einer bewusst eingegangenen Partnerschaft, die auch noch wirtschftliche Konsequenzen nach sich gezogen hat. Wenn du das in einen Topf schmeißt, dann kommst du in einen Gefühlsnotstand.
Gefühle kommen und gehen, aber Partnerschaften sind mit Verpflichtungen verbunden.

Ich habe den Eindruck, dass ihr euch schwer tut, das bei euch auseinanderzuhalten.

Und - Giovanna - das was du fühlst, das fühlst du, egal was du fühlen solltest. Das ist wichtig. Durch deine Vorstellung, wie es sein sollte, kannst du nicht erkennen, wo du wirklich bist, was du wirklich fühlst, was du im Moment wirklich brauchst, denn du bist mit deinem Denken in der Zukunft und nicht HIER. Aber du kannst nur in der Gegenwart Handeln.

Alles Liebe euch allen!

:blume1:

@ frankie:
Arbeiten an sich selbst setzt voraus, sich selbst als "falsch" anzusehen. Das ist ein Ansatz, der das Scheitern schon in sich trägt. Sich selbst kennenlernen, erforschen, wer man ist und warum man sich so oder so verhält, welche Gefühle das in einem auslöst, das ist m.E. der liebevolle Ansatz, der dazu führen kann, sich zu entfalten und alles was in einem steckt auch kennenzulernen. Und dann (oft geht das parallel) bin ich erst fähig, den Partner, den "anderen" überhaupt wahrzunehmen.
 
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AW: Selbe Wellenlänge

Arbeiten an sich selbst setzt voraus, sich selbst als "falsch" anzusehen

Danke für den Hinweis. Im Moment empfinde ich es halt als Arbeit, mich selbst anzuschauen... :)

@Giovanna: Mit "brauchen" meinte ich "brauchen wie einen Bissen Brot, brauchen wie die Luft zum Atmen." Also existentiell brauchen. So brauchen, dass man stirbt, wenn es fehlt. Der von dir erwähnte Buddha nannte das "Anhaftung", von der seiner Erkenntnis nach viel Leid ausgeht (wenn ich ihn da richtig verstehe).

Aber nur das Bewusstsein darüber, wie sehr man einen anderen braucht, und wie erpressbar man damit wird, und wie erpressbar und verstrickt man gegenseitig wird, und wie dabei die Liebe verloren geht, das hilft ja auch schon.

Ich bin z.B. erstaunt, wie sehr ich Bettina zum ersten Mal liebe, seit ich sie nicht mehr zum Leben brauche und seit es im Moment wirklich danach aussieht, dass wir nicht mehr zusammenkommen werden...

lg Frankie
 
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