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Reiz der Wörter?

  • Ersteller Ersteller majanna
  • Erstellt am Erstellt am
eve13 schrieb:
...der Wörter liegt für mich nur in ihrem Nutzen Landkarten der
Wirklichkeit zu zeichnen. Ich möchte nie dem Fehler erliegen
die Wörter selber als Wirklichkeit zu erachten, denen zum
Beispiel die Wähler am Wahltag erliegen.


Diese Landkartenmetapher gefällt mir sehr gut.Eine Landkarte ist ja praktisch eine grobe Einordnungsmöglichkeit. Aber die Wirklichkeit sieht dann doch wieder anders aus: Sonne, Regen, Straßenbeschaffenheit,Landschaft usw: - all das erfhre ich erst, wenn ich " vor Ort" bin. So denke ich mir das mit den Wörtern auch. Als MuttersprachlerIn werde ich den Grundkonsens eines jeden gebräuchlichen Wortes kennen - die Landkarte! In der direkten Redesituation packt den/die SprecherIn der Reiz der Wörter. Andeutungen, Umschreibungen, Euphemismen, pecorativer Gebrauch - all das kan man mit fast identen Wörtern mitteilen - aber eben nie in der selben Situation.
Ich denke wie Du, Die Zeichen ( Wörter) sind noch nicht die Wirklichkeit, erst das Bezeichnete ( die semantische Füllung) macht in einer Gemeinschaft von gleich Sprechenden Sinn. Lilosa! das ist zwar ein Wort, macht aber keinen Sinn.



Worte können mir nur sagen: Geh voraus dann kommst du
an einer Kreuzung. Frag dort wo es zur Wahrheit geht den
Nächsten. Aber die sich entwickelnde Weisheit schafft es
sich die Teile unseres Weges einzuprägen und somit eine
Übersicht der gegangenen Wege ständig präsent zu halten.



Hier weist Du - glaube ich - genau auf das von mir oben Gesagte hin. Du drückst das zwar poetischer als ich aus, ich lese Deine Worte aber so.
Mit dem Gebrauch von Wörtern im allgemeinen sematischen Konsens erfahre ich zunächst nur, dass ich nicht missverstanden werden, bezw. dass ich nicht missverstehe. Der eigentliche Erkenntnisakt , das Abklopfen auf den "Wahrheitsgehalt" des Mitgeteilten erfolgt dann intrapersonell, in mir. Du sagts, Weisheit, ich sage Welteinsicht erfogt erst, nachdem ich das Gesagte verarbeitet habe.Das ist dann die intellektuelle Präsenz des Erkannten.



Aus diesem Strassennetz ergibt immer mehr ein Überblick
über das ganze Ausmass des Strassen, ihrer Beziehungen
und sogar Abkürzungen....



Genau!


Liebe Grüße

Marianne
 
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LANDKARTEN und WÖRTER

jetzt wird es hier ja richtig interessant :-)

also
ich habe Geographie studiert
ein Geograph sieht auf einer LAndkarte ein RAUMMUSTER
dieses Raummuster löst er zeitlich auf
es überlegt sich, was zuerst da war
und was diese älteste Reliefgeneration später überprägt hat
Der teminus technicus hierzu heisst GENESE
(bspw die Genese des Grundrißes einer Stadt
erst Römer dann Mittelalter dann Gründerzeit dann Gartenstädte dann Wiederaufbau nach WK2 dann Ringstraßen dann Neubaugebiete)


diese Genese hat offensichtlich mit der HERMENEUTIK der Sprachforscher zu tun
wenn ich einen Satz/einen Text habe
dann frage ich mich als Hermeneutiker
wie dieser Satz entstanden ist
was war die originale Intension des Texters?
was trat bei der Ausformulierung als Überlegung mit hinzu?
wer hat den Text dann später abgeschrieben bzw. aus Fragmenten rekonstruiert?
wer hat den Text übersetzt und seine Interpretation mit einfließen lassen?

Hermeneutik und Genese bedeuten also grob dasselbe
in einer Tabelle sollten sie in derselben Reihe oder Spalte stehen
andere Wörter wie Dualismus Dialektik Dialogik bedeuten was anderes
aber sie gehören doch irgendwie zu Hermeneutik

soviel zum Verständnis meiner Tabellen
(LINK FUNKTIONIERT)
 
majanna schrieb:
„ Reiz der Wörter “- wir sind nüchtern geworden und argwöhnisch gegenüber dem schönen, dem raunenden, dem unverbindlich- großen Wort. Wir haben gelernt, dass Wörter die Wirklichkeit verstellen können, und belehrt wurden wir von der Geschichte, dass nicht die Wörter unwahr sind, wohl aber Menschen, die sie wirkungsbewusst gebrauchen, um Mitmenschen zu missbrauchen. Mit „Reizwörtern“ beginnen die großen Verführungen, an Sprachgittern enden die bewussten Verstrickungen.“
Werner Keller ( Literaturwissenschaftler) in „Der Reiz der Wörter“ Eine Anthologie zum 150jährigen Bestehen des Reclam-Verlags


Diese Erkenntnis haben sich sicher viele von uns schon angeeignet.
Aber müssen wir nicht auch wachsam sein bei nicht „reizenden“ Wörtern?
Ja, müssen und sollten wir, besonders bei schriftlichen, harmlos wirkenden Wörtern, die wir unterschreiben sollen.

Alltagsbeispiele mögen erklären, was ich meine: Weil wir Angst vor dem Tode haben, sprechen wir vom Ableben.
Ganz meine Meinung.

Man will ja schließlich auch Pietät vor dem Unausweichlichen verbal „rüberbringen“. Weil wir nicht sagen wollen, etwas sei so oder so, sagen wir, dass etwas „eigentlich“ oder „auch“ so oder so zu sehen sei. Man will ja schließlich nicht als Klugscheißer dastehen. Und hier in Österreich macht man alles nur ein „bisserl“. Ich gehe jetzt mal ein bisserl Fernsehen. Und dann glotze ich stundenlang. Man weiß ja schließlich, dass ungehemmter TV- Konsum nicht gerade von selbstverwirklichtem Leben spricht.
Stimme ich auch überein.

Könnte es sein, dass wir auch im Alltag dem Reiz der Wörter erliegen? Oder reizt es uns nur,sie als Werkzeug unserer Befindlichkeiten "auszureizen"?
Wir sollten nicht vergessen, dass es auch einen Liebreiz gibt; dem sollten wir sogar erliegen, finde ich.
 
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Zeilinger schrieb:
Wir sollten nicht vergessen, dass es auch einen Liebreiz gibt; dem sollten wir sogar erliegen, finde ich.


Hallo, Percy (Z)!

Aber ob der sich über Worte vermittelt, wage ich zu bezweifeln. :) Beim Erliegen spielen Worte dann wieder eine große Rolle - .Wenn die Vorsilbe er weg ist, sollten Worte wiederum gar keine Rolle spielen. :schaukel:


Brechreiz reizt mich zum Beispiel zum Wort. IHH ! Ähh! - aber dann folgt die wenig reizende Tat des Kotzens :autsch:


gut aufgelegt

Marianne
 
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