"Dilettant heißt der kuriose Mann. Der findet sein Vergnügen dran, Etwas zu machen, was er nicht kann"
reimte Paul Heyse bereits Ende des 19. Jahrhunderts.
Doch der Dilettant, der ahnungslose Selbstdarsteller, ist ein sehr moderner Charakter.
Das Wollen zählt heute mehr als das Können, Bildung wird gern durch Einbildung ersetzt.
Das diagnostiziert Thomas Rietzschel, Doktor der Philosophie und ehemaliger Kulturkorrespondent der FAZ, in seinem Buch Die Stunde der Dilettanten - Wie wir uns verschaukeln lassen.
Die Banausen, die Stümper, seien die Heroen unserer Tage, die Helden einer leistungsmüden Spaß-Gesellschaft, die lieber unterhalten als aufgeklärt sein will. Als unlängst in einer Fernseh-Show die besten Musiker aller Zeiten gekürt wurden, landeten Udo Jürgens und Herbert Grönemeyer bezeichnender Weise vor Mozart.
Thomas Rietzschel ortet den Virus des Dilettantismus aber nicht nur in den Medien, sondern auch im Bildungswesen, in Wirtschaft und Kultur und in der Regierung. Unsere Politiker sitzen in der Falle, die sie sich selbst gestellt haben. Narzisstisch auf den eigenen Auftritt fixiert, haben sie den Boden fundierter Sachkenntnis unter den Füßen verloren.
Zur besseren Veranschaulichung ein konkreter Vergleich: Wer würde einem Schauspieler, den man in der Rolle des Wallenstein beklatscht, die Führung eins Heeres anvertrauen?
Doch Thomas Rietzschel gibt sich keineswegs kulturpessimistisch. Ich will mich nur nicht verschaukeln und für dumm verkaufen lassen, von keinem Anlageberater, keinem Politiker, von keinem selbsternannten Kunstgenie. In einer Zeit, in der die meisten Menschen ihr Selbstbewusstsein aus materiellem Besitz beziehen, sollten Bildung und geistige Güter wieder an Bedeutung gewinnen.
Denn es gibt noch etwas außer dem eigenen Vorteil, etwas, das es um seiner selbst willen zu bewahren gilt. Schließlich kommt der Begriff des Dilettantismus vom lateinischen delectare, sich erfreuen. Und delektieren kann man sich durchaus auch am guten alten Werte- und Bildungskanon.
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