AW: Nietzsche - Leibnitz
Das finde ich interessant:
Ergänzung zu Einsteins Formeln
Der theoretische Physiker Daniel Grumiller, der soeben an der TU Wien habilitiert, geht in den höchst renommierten Physical Review Letters die Sache grundsätzlich an. Er fragt: Wie kann die allgemeinste mögliche Feldtheorie der Gravitation aussehen? (Die freilich keine Quantenfeldtheorie sein kann: Im Gegensatz zu den anderen drei Grundkräften kennt man von der Gravitation keine Teilchen, die sie übertragen.)
Grumiller macht sich eine Vereinfachung zunutze: Er betrachtet nur kugelsymmetrische Fälle, in denen es de facto nur zwei Koordinaten gibt: Abstand und Zeit.
So leitet er einen Ausdruck für die Gravitationskraft ab, der aus fünf Summanden besteht. Der erste ist einfach die Kraft, die auch die Newton'sche Theorie annimmt (proportional zu 1/r2), der zweite und dritte Term finden sich auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Der vierte Term entspricht Einsteins Kosmologischer Konstanten, diese Kraft ist proportional zum Abstand.
Der fünfte Term aber ist neu, Grumiller nennt ihn nach dem Wiener Physiker Wolfgang Rindler die „Rindler-Kraft“. Diese Kraft verhält sich ganz anders als die Newton'sche Kraft: Sie ist vom Abstand unabhängig. Und auch von der Masse des Objekts, von dem sie ausgeht! Das heißt nicht, dass z.B. auf die Erde Rindler-Kräfte von allen Sternen des Weltalls wirken: Grumillers Modell gilt, wie gesagt, nur für ein System mit Kugelsymmetrie. Dennoch ist klar, dass diese Kraft sehr klein sein muss.
Getestet hat Grumiller seine Theorie an einem System, das sich in halbwegs guter Näherung als kugelsymmetrisch ansehen lässt: der Rotation von Sternen um das Zentrum einer Galaxie. Auch für die Bahnen der seit den Sechzigerjahren durchs All fliegenden Pioneer-Sonden, die sich mit der Relativitätstheorie nicht exakt vorhersagen lassen („Pioneer-Anomalie“), erhält er gute Ergebnisse.
Heißt das, dass Grumiller die Dunkle Materie für obsolet erklärt? Nicht unbedingt, sagt er, in dieser Frage sei er „agnostisch“. „Es ist möglich, dass es Dunkle Materie gibt, die genau zu so einer Rindler-Kraft führt, aber die muss dann schon sehr spezielle Eigenschaften haben.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2010) Thomas Kramar