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Nationalfeiertag Österreichs

Hartmut

Well-Known Member
Registriert
15. August 2005
Beiträge
3.007
Allen Usern, die im "Land der Berge, Land am Strom" leben:

Herzlichen Glückwunsch zum Nationalfeiertag. :blume1: :sekt:

Am 26. Oktober 1955, nach zehnjähriger Besetzung, hatte auch der letzte Soldat der Sowjetarmee euer Land verlassen.
Österreich war wieder frei.
Immerwährende Neutralität war die Bedingung.

Hätte derlei Chance nicht auch für Deutschland bestanden?

fragt
Hartmut
 
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AW: Nationalfeiertag Österreichs

Dankeschön! :)
Auch ich sehe die Neutralität als etwas Gutes und Vernünftiges an.

Hätte derlei Chance nicht auch für Deutschland bestanden?

Meiner Einschätzung nach kaum. Auch wenn das nicht ganz gerecht war, schließlich gab es in Österreich eine ungefähr genauso breite Unterstützung für Hitler.
 
AW: Nationalfeiertag Österreichs

Dankeschön! :)
Auch ich sehe die Neutralität als etwas Gutes und Vernünftiges an.
...
Meiner Einschätzung nach kaum. Auch wenn das nicht ganz gerecht war, schließlich gab es in Österreich eine ungefähr genauso breite Unterstützung für Hitler.

Ich denke nicht, dass der Staatsvertrag als Belohnung für mehr Zurückhaltung bei der Anerkennung Hitlers gedacht war. Da gings doch wohl eher um die weitere Vorgehensweise, was Reparationszahlungen und zukünftiges politisches Verhalten betraf.
Ich war damals ein Kleinkind, kann mich aber noch gut erinnern, dass wir 1956 im Kindergarten den "Tag der Fahne", wie er damals hieß, schon ganz groß vorbereiteten, indem wir rot-weiß-rote Fähnchen malten, die wir beim Umzug auch fleißig schwenkten. Mir ist der Tag aus meiner Kindheit in besserer Erinnerung als so mancher kirchliche Feiertag, der mit Umzügen begangen wurde, weil beim Tag der Fahne wirklich alle Menschen in unserem Dorf voll Begeisterung dabei waren.

Die Neutralität sehe ich nach wie vor als einen erhaltenswerten Teil unserer Politik an, wenn sie auch schon an vielen Stellen unterwandert ist.
 
AW: Nationalfeiertag Österreichs

@Lilith

Ich bin ganz deiner Meinung und habe auch diese Erinnerung an die Volksschule. Da müssen sie etwas richtig gemacht haben!

Es gibt überhaupt keinen Grund, von der in der Verfassung festgeschriebenen Neutralität abzurücken, auch wenn sich das Leute wie dieser Ehemann der Frau Rauch-Kallath (dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe) gern hätten, weil sie an Waffen verdienen.
 
Ich denke nicht, dass der Staatsvertrag als Belohnung für mehr Zurückhaltung bei der Anerkennung Hitlers gedacht war. Da gings doch wohl eher um die weitere Vorgehensweise, was Reparationszahlungen und zukünftiges politisches Verhalten betraf.

Soweit ich Hartmut richtig verstanden habe, fragte er mit
Österreich war wieder frei.
Immerwährende Neutralität war die Bedingung.

Hätte derlei Chance nicht auch für Deutschland bestanden?
ob Deutschland nicht auch hätte neutral werden können, in dem Sinne wie Österreich.
Darauf war meine Antwort gerichtet. Und nicht auf den Staatsvertrag.
 
AW: Nationalfeiertag Österreichs

Soweit ich Hartmut richtig verstanden habe, fragte er
ob Deutschland nicht auch hätte neutral werden können, in dem Sinne wie Österreich.

Genau das war meine Frage, Ben.

Mittlerweile habe ich wikipedia unter dem Stichwort "Stalin-Noten" konsultiert. Und da kann man Folgendes nachlesen:

wikipedia schrieb:
Am 10. März 1952 bot Stalin den Westmächten (Frankreich, Großbritannien, USA) in einer Note Verhandlungen über die Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands an. Diese Note und die Erwiderungen Stalins auf die Antworten der Westmächte werden als Stalin-Noten bezeichnet.

Bundeskanzler Konrad Adenauer, die westdeutsche Öffentlichkeit und die Westmächte lehnten die Stalin-Noten als Störmanöver ab, mit dem Stalin die Westintegration der Bundesrepublik habe behindern wollen. Dies ist auch heute die herrschende Meinung in der Geschichtswissenschaft. Eine Minderheit jedoch meinte und meint, Stalin habe seinen Vorschlag ernst gemeint.

...

Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) war der Meinung, dass eine Wiedervereinigung unter den gegebenen Umständen nicht möglich war, dass es aber nötig sei, die Bundesrepublik stärker mit dem Westen zu verbinden. Zudem war für ihn und seine Partei rein arithmetisch der Verlust der Kanzlerschaft bei gesamtdeutschen Wahlen zu erwarten. Daher strebte er die (west-)europäische Einigung an, einschließlich in militärischen Fragen. Die Bundesrepublik solle eine Armee erhalten, die in eine westliche Gesamtstreitmacht zu integrieren sei. Das wurde erst mit der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) versucht (und 1955/1956 über die NATO erreicht). Die Unterzeichnung der EVG-Verträge fand (nach Ablehnung der Stalin-Noten) wie geplant im Mai 1952 statt.

...

Die Stalin-Noten sind als Verlängerung der östlichen Propaganda-Bemühungen zu sehen, das Scheitern der Wiedervereinigung dem Westen anzulasten.

Und unter dem Stichwort "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" liest man:

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) stellte einen 1952 von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland, Italien und den drei Benelux-Staaten unterzeichneten Vertrag dar, nach dem eine europäische Armee unter übernationaler Führung gebildet werden sollte. Dadurch wäre eine Wiederbewaffnung Deutschlands innerhalb eines europäischen Rahmens erfolgt, die gleichzeitig das Ende des Besatzungsstatus nach sich gezogen hätte (erster Deutschlandvertrag). Die Verwirklichung der EVG scheiterte daran, dass die französische Nationalversammlung 1954 den Vertrag nicht ratifizierte.

Nun, nach der Wiedervereinigung 1990, ist die ganze Sache zwar "gegessen". Was man aber aus historischer Sicht m. E. anmerken sollte: Die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten zu einem neutralen Gesamtstaat wurde Anfang der 1950er Jahre, als dafür noch reale Chancen bestanden, stark von westlicher Seite behindert. Das Scheitern der Wiedervereinigung dem Osten anzulasten, ist westliche Propaganda.

Ich, Jahrgang 1944, erinnere mich noch lebhaft an eine Grafik aus den 1950er Jahren, wo Werktätige aus beiden deutschen Staaten die getrennten Teile Deutschlands zusammenschoben.

Was nun die EVG betraf, so gefiel mir als Schüler die Losung "EVG - 3x Nee". Denn, wenige Jahre nach dem 2. WK, die Wiederbewaffnung Deutschlands zu verlangen, erschien mir als ungeheuerlich.

Gruss
Hartmut
 
Die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten zu einem neutralen Gesamtstaat wurde Anfang der 1950er Jahre, als dafür noch reale Chancen bestanden, stark von westlicher Seite behindert.

Diese Ansicht teile ich. Allein die wirtschaftliche Zusammenarbeit Westdeutschlands mit den alliierten Westmächten, insbesondere den USA, deutet auf den Versuch hin, dieses zu einem Bollwerk gegen die Sowjetunion aufzubauen. Ich denke, dies war von Anbeginn ein Wunsch der Vereinigten Staaten.

Warum sich Österreich da raus halten konnte, hat meiner Einschätzung nach vor allem damit zu tun, dass Österreich um so vieles kleiner und weniger relevant als Deutschland für die Entwicklung Europas war. Zudem, so denke ich, war Österreich nach dem Krieg eher bemüht, den Sowjets entgegenzukommen. Wahrscheinlich auch deshalb, weil man ebenso Gebietsverluste oder eine Trennung befürchtete, wie dies dann in Deutschland geschah. In der deutschen Politik gab es wohl eine pro-westlichere Linie als in Österreich, wo man um Besänftigung bemüht war. Außerdem, und das soll am Rande auch erwähnt sein, kam es Österreich zugute, das Deutschland noch 1938 mit deutlichen militärischen Aufsehen in Österreich einmarschierte. Das hat es unseren Politikern zumindest ein weniger einfacher gemacht, den Neutralitätswillen zu argumentieren, indem man sich ein bisschen ins Licht eines Opfers stellte.
Wie schon im vorigen Beitrag erwähnt, ist das meiner Ansicht nach freilich auch ein wenig ungerecht gewesen. Aber es war, so wie ich das sehe, kein ausschlaggebender Grund, warum es Deutschland hätte verwehrt bleiben sollen, neutral zu sein.
 
IDie Neutralität sehe ich nach wie vor als einen erhaltenswerten Teil unserer Politik an, wenn sie auch schon an vielen Stellen unterwandert ist.

Was ich dazu noch sagen wollte:
Eine wirkliche Neutralität gab es, so wie ich das einschätze, nie. Schon in den 70er Jahren arbeitete das österreichische Bundesheer mit der NATO zusammen, insbesondere in Sachen Luftraumüberwachung. Außerdem war die NATO auch gerngesehener Sponsor in Sachen militärischer Ausrüstung, darüber kann der Kauf der schwedischen Draken nicht hinweg täuschen. Radaranlagen und Bunker in Salzburg wurden in Zusammenarbeit mit der NATO errichtet. Das wäre für ein kleines Land wie Österreich anders kaum denkbar gewesen. Außerdem war die NATO natürlich an dieser Zusammenarbeit interessiert, konnte man sich im Ernstfall eine Unterstützung Österreichs sichern.
 
AW: Nationalfeiertag Österreichs

Mit der Teilung Deutschlands wollten die Alliierten ein zu schnell wieder erstarkendes Deutschland verhindern. Und indem man einen Teil der amerikanischen und einem Teil der sowjetischen Sphäre zuschlug, konnte man eventuelle deutsche Aggressionen nach innen richten, sie konnten sich nicht gemeinsam nach außen richten.

Österreich war sowieso schon klein und ungefährlich. Genaugenommen war es ja schon ein Abspaltung von Deutschland. Außerdem wäre es vermutlich bei einer Teilung Österreichs in West und Ost unmöglich gewesen, eine eigenständige, von Deutschland abgegrenzte Nation, enstehen zu lassen. Dann wäre wahrscheinlich von den 4 getrennten deutschen Nationen die Rede gewesen, und das wollten die Alliierten mit Sicherheit auch nicht ...
 
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AW: Nationalfeiertag Österreichs

Zitat von Hartmut:
Nun, nach der Wiedervereinigung 1990, ist die ganze Sache zwar "gegessen". Was man aber aus historischer Sicht m. E. anmerken sollte: Die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten zu einem neutralen Gesamtstaat wurde Anfang der 1950er Jahre, als dafür noch reale Chancen bestanden, stark von westlicher Seite behindert. Das Scheitern der Wiedervereinigung dem Osten anzulasten, ist westliche Propaganda.

Und du glaubst, dass Stalin seinen Vorschlag ernst gemeint hat? Warum? Stalin war ein Machtpolitiker, ein Mann, den man durchaus auf eine Ebene mit Hitler stellen kann. Ein Mann, der sein eigenes Volk ebenso geknechtet und schikaniert hat, wie andere Völker auch.

Aber vielleicht wäre ein neutrales ja wirklich von Stalins Interesse gewesen. Dann hätte man nämlich früher oder später das ganze neutrale Deutschland schlucken können.

Die West-Orientierung Deutschlands war richtig.

Nach den Verbrechen, die von Deutschland verübt wurden, war es nur gerechtfertigt sich auf die Seite derer zu schlagen, die sich für Freiheit (im persönlichen wie im wirtschaftlichen Sinne) eingesetzt haben. Das war das mindeste, was Deutschland tun konnte. Und für Freiheit kämpfte der Westen EHER als die unterdrückerischen Ost-Regime.

Außerdem: Wie bitte schön hätte ein neutrales Deutschland überleben sollten? Es gab nichts zu Essen, Millionen Menschen hatten keine Bleibe. Deutschland war alleine nicht lebensfähig. Dazu stand die ewige Bedrohung in Form der Sowjets vor der Tür. Diese Bedrohung war real. Selbst wenn Deutschland neutral gewesen wäre- wäre es zum Konflikt gekommen und die Sowjet-Union hätte die westlichen Staaten angegriffen, so wäre Deutschland-neutral oder nicht- zum Schlachtfeld geworden. Denn die Amerikaner, Franzosen oder "Beneluxe" hätten nicht gewartet, bis die Sowjets Luxemburg, das Elsass oder Malmedy betreten hätten. Deutschland wäre so oder so in einen Krieg verwickelt worden.

Mfg,
Sunnyboy
 
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