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Moral und Recht

Original geschrieben von walter
Welche Fälle könnt ihr euch vorstellen in denen ihr euer Moralempfinden höher stellen würdet als geltende Gesetze?

Walter, grundsätzlich finde ich: Wenn Recht ausschöpfen Unrecht ist, dann sollte man das Recht verändern. (Bezogen auf das von dir angeführte Beispiel.) Gesetze übertreten, das muss man wohl öfter in seinem Leben, da Gesetze nie alles regeln können. Alltägliches Beispiel: Jeder Notarztwagen, jedes Rettungskommando übertritt im Falle eines Einsatzes, den es mit überhöhter Geschwindigkeit fährt, Gesetze. Dass dies aus guten Gründen geschieht, ändert nichts an der Tatsache der Gesetzesübertretung. Trotzdem wird ein Unfall der von einem Rettungswagen im Einsatz verursacht wird, von einem Richter anders gewertet, als wenn jemand ohne einen vergleichbaren Grund einen Unfall verursacht. D.h. das Bewusstsein dafür, dass Gesetze nicht per se schon Recht sind, ist gesellschaftlich vorhanden. Und es gibt auch gesellschaftlich reflektiert durchaus gute Gründe für Übertretungen. Für mich persönlich müssten es vergleichbar gute Gründe sein, um eine Gesetzesübertretung zu rechtfertigen, vorausgesetzt das Gesetz ist selbst rechtens. Ansonsten halte ich es für besser, Unrecht zu erleiden, als selbst unrecht zu tun.

gruß manni
 
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Ganz schön interessant- Thema und Antworten.

Mir fällt auf, dass hier allseits geglaubt wird, dass Recht und Moral fixe/ feststehende Begriffe sind. Dem Ganzen wird dann noch der Begriff Gesetz/ Gesetzmäßigkeit über/ eingeordnet.


Dazu: Wenn wir unter Moral ein System von sittlichen - sittlich als positiv bewertet - Vorschriften verstehen, das in den verschiedenen Gesellschaften zu gleichen und verschieden Zeiten durchaus unterschiedlich sein kann, sehe ich noch nicht ein, dass moralisch mit rechtmäßig verknüpft wird.
Es ist durchaus nicht unrechtmäßig, seine alten Eltern alleine rumwursteln zu lassen - ob es aber moralisch ist? Bei den Inuit vergangener Jahrhunderte war es unmoralisch, alte gebrechliche Menschen auf die Nomadisierung mitzunehmen. Sie baten, wenn sie nicht mehr gehfähig waren allein um "das letzte Iglu". War der/ die alte Inuit, die das nicht tat, moralisch?
In beiden Beispielen handelt es sich "nur" um Verstöße gegen die gerade herrschende Moral.

Nun ist es einsichtig, dass Recht und Unrecht als Beurteilungskriterien für Handeln in der Öffentlichkeit nicht ohne die gerade herrschenden Moralvorschriften angewendet werden können. Ja, sie bedingen einander geradezu.Vor ca fünfzig Jahren war Homosexualität nicht nur tabuisiert bei uns, es herrschte geradezu ein allgemeiner Abscheu vor dieser Form menschlicher Erotik. Da war es einsichtig, dass sie als unmoralisch, ja sogar als Unrecht gesehen wurde.

Nun nähere ich mich dem Begriff Gesetz: Die staatliche Öffentlichkeit sanktioniert als allgemeines Unrecht gesehenes Tun.
Dies geschieht durch die Gesetzgebung. In diesem Sinne kann man Recht auch als die Summe aller herrschenden Gesetze definieren.Sie beruhen in der Regel auf dem Rechts/ Moralempfinden der Staatsgemeinschaft.

ABER: Wie bei dem Beispiel der Homosexualität leicht zu überprüfen, es ändern sich Moralvorschriften, werden lockerer, strenger ändern ihre Richtung usw. .

Und das gesetzte Recht hinkt immer etwas nach. Die Homosexualität zwischen Erwachsenen ist noch nicht sehr lange straffrei, im Moralbewusstsein großer Teile unserer Bevölkerung wird sie inzwischen schon lange toleriert.


Der kurze Sinn meiner langen Rede ist: Moral ist nicht per se auf Dauer festlegbar. deshalb ist auch der Rechtgeber ( das Staatsvolk ) verpflichtet, das Recht an die jeweiligen Moralvorstellungen anzupassen.



Und damit ich auch noch konkret werde: Ich empfinde es durchaus als rechtlich, wenn wir in Österreich und auch in Deutschland eine effizientere Asylpolitik betreiben, weiß aber nicht genau, ob es moralisch ist, was derzeit auf diesem Sektor geschieht.
Mit dem Kopf bin ich bei Strasser ( Innenminister in Ö) und mit dem Herz bei Landau ( Caritasdirektor).

Und wahrscheinlich würde ich - vor Entscheidungen gestellt - mich an Landaus Seite sehen.
 
Original geschrieben von walter
Wie seht ihr nun das Verhältnis von Recht zu Moral? Welche Fälle könnt ihr euch vorstellen in denen ihr euer Moralempfinden höher stellen würdet als geltende Gesetze?



Für mich steht Moral noch über dem Gesetz (obwohl mir mein Verstand sagt, daß das nicht so sein sollte). Wobei Moral für mich kein allgemeingültiger Standard ist, sondern auf Prinzipien beruht, die ausschließlich meinem eigenen Gewissen verpflichtet sind.

In welchem Fall z.B. würde ich das konkret werden lassen? Beispiel "Scheinehe". Wenn ich gegen geltendes Recht einen Asylbewerber, der im Falle einer Abschiebung um Gesundheit und Leben fürchten müßte, durch Heirat schützen könnte, würde ich das tun.

Anderes Beispiel: rein "gefühlsmäßig" lehne ich Abtreibung unter allen Umständen ab. Verstandesmäßig akzeptiere und befürworte ich das Recht jeder Frau auf freie Entscheidung. Für mich persönlich käme - egal unter welchen Voraussetzungen - Abtreibung niemals in Frage, auch wenn der Gesetzgeber mir diese Möglichkeit einräumt.

LG, wirrlicht
 
Nur Reaktion

Meiner Ansicht nach hinkt die Rechtsprechung meist einen Schritt hinterher. Erst, wenn sich genügend Menschen über einen Missstand mokieren, wird ein Gesetz erlassen, das den Grund der Aufregung verbietet. Aber der Mensch ist erfinderisch. :D

Wären Menschen weniger egoistisch und auf den eigenen Vorteil bedacht, wäre eine ganze Reihe von Gesetzen erst gar nicht notwendig. Würden z. B. alle an Volksschulen langsam vorbeifahren, müsste es keine Tempo-30-Beschränkungen geben.

Vielleicht sollten alle Menchen einen etwas höheren Maßstab ansetzen? :rolleyes:

Konfuzi
 
Un die Moral von der Geschicht...

Mit Moral und Meinungen ist es wie mit Arschlöchern.

Jeder von uns hat Eines!

Um sich bewußt zu werden wovon wir eigentlich sprechen
ein Beispiel.

Mord.

Lebst du in einer Gesellschaft (bei Menschen wohl unausweichlich)
dann will die irgendwer immer irgendwohin drängen. Das nennt
man Macht. Damit das auch klappt braucht er eine Prügeltruppe
(die sogenannte Exekutive) die physisch und psychisch wirken
kann. Physisch wirkt sie, indem sie dir mit dem Knüppel eins auf
den Kopp haut wenn du mal deine Meinung in der "Meinungs-
freiheit" kundtun willst. Das ist das uralte Mittel, welches schon
von den Römer mehr oder minder gut praktiziert worden ist.
Das funktioniert aber nur bei kleinen Gesellschaftsgrössen.
Wenn man das mit Millionen versucht dann gibt es die Revolutionen. Deshalb greift man heute auf subtilere Mittel
zurück und erfindet solche Dinge wie Moral, die oft mit dem
"Guten" oder "Reines Gewissen" verwechselt werden.
Moral wird nur von "Mächtigen" vorgegeben. Menschen die
durch eine vorteilhafte Situation im Staat (Geld, Wissen, Führungsqualitäten) die Masse in eine gewisse Richtung lenken
wollen. Zuallererst soll zum Beispiel die Volksruhe bewahrt werden. Deshalb steht Mord im Zivilleben auch unter staatlicher
Kontrolle, denn tote Steuerzahler und Wähler sind nicht gut in
der Gegenwart und auch nicht gut für zukünftige Investitionen.
Befindet sich der Staat jedoch im Krieg, werden diese Richtlinien
völlig ausser Kraft gesetzt. Die Gewalt darf sich grenzenlos gegen
den Feind richten, wohne er auch nur 100 km entfernt und spreche er sogar die gleiche Sprache (z.B. DDR/BRD im kalten
Krieg, Jugoslawien in den 90ern). Selbst gegen die eigenen
Leute wird vollstreckt wenn sie im Wege stehen (Vaterlands-
verräter/Deserteur). In Friedenszeiten mag es schwarz auf
weiss in nationalen oder internationalen Gesetzbüchern stehen.
Wenn es ernst wird, erfüllen diese Seiten nur noch die Funktion
von Wunschbüchern zu Weihnachten. Zwar verhandelt jetzt
Frau Delpont gegen den ein oder anderen Kiregsverbrecher
aus Jugoslawien (und das sind wirklich welche). Aber ich frage
mich, ob das nun der Gerechtigkeit dient oder eher aber der Präsentation eines scheinheiligen Systems. Konnte ich doch
jäh die Filmaufnahmen eines im Irak befindlichen Franzosen verfolgen als US-Soldaten, welche in der Heimat bestimmt die
lieben Jungs von nebenan sind, bei einem Einsatz beobachten.
Dort gingen sie auf der Suche nach Waffen der Aufständischen
in ein Haus, in dem sich nur zwei Frauen und drei Kinder unter
zehn Jahren aufhielten. Als sie keine fanden, wurde der Seargent
ungemütlich. Er sagte zu der Frau: "Wo ist dein Mann".
Sie: "Ich habe keinen Mann. Das sind die Kinder meiner Schwester."
Seargent: "Soll ich dich Ficken. Soll ich diese verdammte Antwort
aus dir rausficken. Ich und alle Kameraden hier werden dich ficken."
Und das von den Männern die die Welt für uns alle "schöner"
machen Wollen. Das ist schon fast wie in Vietnam. Apropo.
Um den Dienst dort drückte sich Bush Junior erfolgreich mit Hilfe
seines Vaters.

Moral ist Multiplikator eines Selbstzwecks.

Schönes Wochenende
Eve13
 
-

Gesetze sind die gesammelten Moralvorstellungen der Bevölkerung, damit der Staat überhaupt als solches existieren kann. Da jedes Individeum immer eine eigene Moralvorstellung hat, denke ich würde eine grosse Gemeinschaft nicht funktionieren, deswegen gibt es die allgemein gültigen Gesetze. Deswegen ist es immer falsch seine eigenen Moralvorstellungen über das Gesetz zu stellen. Wir profitieren von diesen Gesetzen und nur weil uns eines nicht passt darf man es nicht einfach brechen oder wenn man denkt das es falsch wäre. (wobei Richtig und Falsch auch ein individueller Begriff ist) Wir haben uns für die Gesetze entschieden als wir angefangen haben sie für uns zu nützen und wenn wir die Gesetze für uns nutzen, haben wir uns das Recht verspielt nach unseren Moralvorstellungen (oder persönlichen Gesetzen) zu leben.
 
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...

Und auch dies hat alles seine Zeit. Gesetzmäßigkeiten sind
endlich. Wie lange lebt eine Gesellschaft bis eine Revolution
sie erreicht? 100, 200 oder 300 Jahre? Und dann nimm diesen
Zyklus und dehne es über die tausenden Jahre der menschlichen
Existenz. Gesetze sind wie die Noten eines schnell gespielten
Noten eines Walzer. Die Natur unseres umtriebigen Geistes
will Veränderung! Messt doch nicht die Existenz einer Gesell-
schaft an der Länge eines Menschenlebens. Das ist ein Witz.
Nimmst du Jesus Geburt um das Jahr 0 an, dann sind das bei
einer durchschnitllichen Lebenszeit von 50 Jahren (Mittel von
Damals und heute gemischt) nur

40 Generationen!!!

40 mal geboren von Pontius Pilatus bis zur Mondlandung.
Und wie oft haben sich Moral und Gesetze geändert?
Will sie eine neue ein sicheres Bett bereiten, da keimen
schon dutzende neue Vorstellungen.

Ja, ohne Unterwerfung gibt es keine Gesellschaft. Bei den Ameisen fängt es an, bei den Menschen hört es auf.
Und das alles, weil wir zu schnell vergessen!
Das Bewußtsein ist das wichtigste. Es entlarft all die
Selbsttäuschungen wenn es richtig konditioniert wird.

Eve13
 
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