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Interpretation von Nietzsches "Von den Verächtern des Leibes"?

Coffin11

New Member
Registriert
4. April 2015
Beiträge
10
Hallo!

Ich beschäftige mich nur hobbymäßig mit Philosophie
und würde gerne wissen was ihr von meiner Nietzsche-Interpretation haltet.

Falls ihr diese Stelle aus dem "Zarathustra" nicht kennt: Bitte im Netz nachschauen.

Ich habe folgendes dazu geschrieben:

Ist das was Nietzsche hier in seinen „Verächtern des Leibes“ beschreibt nicht ein Paradigmenwechsel wie er im Buche steht; einer kopernikanischen Wende durchaus ebenbürtig? Denn unsere ursprüngliche Erfahrung lehrt uns doch, dass der Körper uns etwas Gegebenes ist, den wir wie ein Werkzeug beliebig nach unserem Willen steuern können. Nietzsche kehrt dies in das Gegenteil um und unterwirft das Subjekt dem Diktat des Körpers, wobei das (männliche) Ich nur ein winzig kleiner Teil und zudem eine Funktion von diesem Ganzen, diesem Selbst ist.

Ich bitte um konstruktive Kritik!
Danke!
 
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Ich weiß ja nicht, was du für einen Körper hast, aber MEIN Körper hat mich gelehrt, dass er einen eigenen "Willen" hat und durchaus nicht beliebig gesteuert werden kann.
 
Das ist eine höchst interessante Rede - ich hatte sie nur mehr vage im Kopf und musste erst nachsehen...

Ich würde denken das 'Zielpublikum' ist heute viel kleiner als vor 150 Jahren - die Verächter des Leibes sind selten geworden, insofern trifft der Text nicht so richtig
- auch der Wunsch nach dem 'Übermenschen' ist heute nicht mehr so mächtig (da haben vermutlich auch die 'Übermensch-Versuche' in div. totalitären Regimes
abtörnend gewirkt ;) - aber mit der Idee selbst nimmt Nietzsche IMO den modernen 'Materialismus' vorweg, der alles Geistige nur als Funktion des Körperlichen
- allerdings führt er 'hintenrum' wieder eine 'Weisheit des Leibes' ein, die ich mir schlecht körperlich denken kann... :)
 
Danke für die Kommentare!

Natürlich gibt es auch körperliche Vorgänge die sich nicht mit unserem (bewussten) Willen steuern lassen;
aber das lehrt uns ja nicht zwangsläufig dass der Körper uns "tut" oder?
 
Danke für die Kommentare!

Natürlich gibt es auch körperliche Vorgänge die sich nicht mit unserem (bewussten) Willen steuern lassen;
aber das lehrt uns ja nicht zwangsläufig dass der Körper uns "tut" oder?


Keineswegs und ich habe das ja auch nicht behauptet!
Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass sich der Körper eben nicht BELIEBIG steuern lässt.
Wir haben nunmal auch physische Funktionen und Bedürfnisse, denen wir Rechnung tragen müssen.
Ich bin kein Nietzsche-Kenner, habe nur den Zarathustra gelesen, aber ich denke, dass er eben in einer Zeit lebte, die noch stark von der Leibfeindlichkeit der Kirche geprägt war.
Die Kirchenfürsten hatten - vielleicht instinktiv - erkannt, dass man Menschen, die gegen ihre eigenen physischen Bedürfnisse ankämpfen, erheblich leichter unterdrücken und ausbeuten kann.
Wenn man glaubt, dass man kein Recht auf physisches Wohlbefinden hat, wird man eher weniger geneigt sein, sich dafür einzusetzen und dann können die, die sich dieses Recht zugestehen, gründlich für sich selbst absahnen. Was die Kirche ja auch weidlichst praktiziert hat.
 
Aber ich würde schon sagen, dass der Mensch
grundsätzlich denkt er herrsche über seinen Körper und nicht umgekehrt...??
 
Der Körper ist die Kathedrale, in der sich das Wertvolle und Göttliche, das den Menschen ausmacht entfalten kann und muss daher mit besonderer Sorgsamkeit behandelt werden. Nur solche, die den Menschen zum Diener eines „Höheren“ herabwürdigen, brauchen monumentale Tempel, um dieses „Höhere“ zu verehren.
 
Coffin11 schrieb:
Aber ich würde schon sagen, dass der Mensch grundsätzlich denkt

er
herrsche über seinen Körper und nicht umgekehrt...??
Nespressoman,

wer, bitte schön, ist "er",

wenn nicht dieses psychosomatische Gebilde namens Mensch ?


> Das musste auch einmal in aller Klarheit gefragt werden. <

 
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Wie gesagt - ich halte die Idee an sich für zukunftsweisend - problematisch scheint mir der Schluss:

> Noch in eurer Thorheit und Verachtung, ihr Verächter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage euch:
> euer Selbst selber will sterben und kehrt sich vom Leben ab.

> Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten will: - über sich hinaus zu schaffen. Das will es am liebsten,
> das ist seine ganze Inbrunst.

> Aber zu spät ward es ihm jetzt dafür: - so will euer Selbst untergehn, ihr Verächter des Leibes.

> Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet ihr zu Verächtern des Leibes! Denn nicht mehr vermögt
> ihr über euch hinaus zu schaffen.

Wenn das Selbst der Leib ist [ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser - der heisst Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er],
dann will der Leib untergehen, weil er nicht mehr über sich hinaus zu schaffen vermag - konnte er das
denn jemals :verwirrt1

> Und darum zürnt ihr nun dem Leben und der Erde. Ein ungewusster Neid ist im scheelen Blick eurer
> Verachtung.
> Ich gehe nicht euren Weg, ihr Verächter des Leibes! Ihr seid mir keine Brücken zum Übermenschen! -

Der psychische Mechanismus ist treffend dargestellt - aber wer sind jetzt diese ihr? Die Leiber, die Selbste,
die Iche dieser Verächter :verwirrt1 Sie wollen jedenfalls vermutlich auch gar keine 'Brücken zum Übermenschen'
sein - ich habe da die Manichäer im antiken Christentum im Kopf, für die der Leib tatsächlich 'böse' war
und unterdrückt werden musste, um 'den Geist zu befreien' - davon sind heute wohl nur bei Fanatikern
noch bemerkbare Reste feststellbar...
 
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