Da ist schon was dran, Muzmuz, ich neige auch zur Grundsatzpolitik. Es stellt sich aber die Frage, ob das demokratische Element - und die Demokratie wird wohl in den allermeisten Staaten der Welt gewollt - noch erhalten bleibt ? Ein Weg dazu wäre gründlichste, ehrliche Aufklärung der Bevölkerung, wobei ich unter Aufklärung verstehe, dass die Informationen auch tatsächlich ihr Ziel erreichen. Ein guter Lehrer protzt nicht nur andauernd wie ein Pfau mit seinem - oft nur vermeintlichen - Wissen und Können, sondern sorgt sich auch darum, ob er auch tatsächlich etwas vermittelt. So aufgeklärt darf man dann auch von der Bevölkerung (um nicht das abgedroschene Wort Volk zu verwenden) erwarten, dass sie sich für eine politische Richtung oder Sache entscheidet und auch eine Legislaturperiode dabei bleibt.
Ja, wenn es so funktionieren würde, wäre das "schön". Aber, der größte Vorteil der Demokratie, nämlich dass die politischen Aktionen der Politiker letztendlich durch das Volk bewertet werden, ist auch ihr größter Nachteil.
Das heißt, ein Politiker kann durchaus eine gute Sachpolitik betreiben. Wenn er damit aber hinter dem Berg hält, wird er aus der Bevölkerung keine Zustimmung erfahren. Dankbarkeit schon gar nicht. Einer, der zwar sachpolitisch nichts oder nur wenig bringt, sich aber gut verkaufen kann, wird beim Wahlvolk viel leichter Zuspruch erhalten können.
Die Demokratie wird vom Volk gewollt, weil es gefragt werden will. Diese Wunsch ist legitim, und eine Politik die das Volk nicht frägt ist in der Regel sehr problematisch. Andererseits will "das Volk" über die Fragen nicht allzuviel nachdenken. Das kostet Zeit, ist anstrengend, und dafür sind doch Politiker da, dass sie dem Volk diese Arbeit abnehmen !
Neben der Ablehnung der Anstrengung gibt es in der Regel auch die Ablehnung der Verantwortung. "Ich gebe zwar meine Stimme ab, aber was die dann tun, dafür kann ich doch nichts !".
Das äußert sich dann in einer Wahl mit >50% Zuspruch für die Regierung, wobei dieser Zuspruch an den Stammtischen unter 5% abrutscht. Um bei der nächsten Wahl wieder auf >50% anzusteigen.
Politik wird zumindest bei uns, die wir schon zeitlebens enormen Wohlstand und dauerhaften Frieden genießen, eher als Reality-Event wahrgenommen denn als Mittel, um diesen Wohlstand und Frieden aufrecht zu erhalten. So wird als Hauptargument gegen die große Koalition nicht konkrete schlechte Politik verwendet, sondern "Es tut sich nichts". Naja, seien wir doch froh, dass ich an unserem Wohlstand und unseren Frieden nichts ändert ! Aber nein, wem Unterhaltung wichtiger ist als Sachpolitik, für den ist Langweiligkeit ein Kardinalfehler.
Für Unterhaltung sorgen dann (relativ) junge, wilde Polterer - die zwar sachpolitisch keinen Plan haben, aber zumindest unterhaltsam sind. Und wenn sie dem Volk dazu noch nach dem Mund reden gibt es doch keinen Grund, sie nicht zu wählen. Grundsätze ? Passe' !
Aufklärung ist gut und schön, aber damit Aufklärung geschieht, gibt es neben der Bringschuld noch die Holschuld. Und ich denke, der größere Mangel liegt beim Nachkommen der Holschuld. Der Großteil der Bevölkerung will zwar "mitreden", aber sich eingehend zu informieren, fehlen in der Regel Zeit und Lust. Aus Sicht der Politiker fehlt dann natürlich auch die Motivation, viel Zeit und Mühen in Aufklärung zu investieren, sie wird ja doch nur in geringem Maße angenommen. Viel mehr lohnt sich (auch inhaltslose) Werbung, denn die bringt Stimmen, und in einer Demokratie zählt die Stimme eines unaufgeklärten Dummkopfes, der jemanden wählt, weil er so lustig ist, genauso viel wie die eines politisch Interessierten, der sich intensiv mit diversen Parteiinhalten beschäftigt hat und nach reiflicher Überlegung seine Wahlentscheidung trifft.
Sieht man es als problematisch an, dass man keine besonderen persönlichen Voraussetzungen erfüllen muss um Politiker zu sein (keinerlei Bildung, Persönlichkeit, etc...) - noch weniger Voraussetzungen gibt es für die Wähler aus dem Volk, die letztendlich die ganze demokratische Macht haben.