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Geistige Apotheke

metuzalem

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8. Dezember 2006
Beiträge
140
GEISTIGE APOTHEKE


Auf dem Königshofplatz der ehemahligen montenegrinischen Hauptstadt Cetinje, wurde (am 31. Mai 2004.) die erste - GEISTIGE APOTHEKE - mit der Ambulanz, eröffnet und solide geistig-farmakologisch ausgestattet, wo in der Zukunft die (erfolgreichen) Eingriffe und Teraphien, wie zum Beispiel:

1. Eröffnung der Augen

2. Einschärfung des Verstandes

3. Erweiterung der Horizonte

4. Kaffesatzlesen und Traumdeutung

5. Weise Ratschläge (aus dem Hinterhalt)

6. Verschiedenes


...ausgeführt werden sollten.

Die Nettoeinahmen aus der einmaligen Aktion, werden zum errichten des Denkmahls des Peter den Ersten Petrovic – Njegos, verwendet...

Die Eröffnung dieser einmaligen Apotheke iwürde in dem Wortstil des grossen Dichters Duschko Radovic, der einmal ungefähr sowas gesagt hatte, konzipiert:

„Wenn man Ewartungen auf Null unterschraubt, dann ist der Erfolg so gut wie garantiert!“

Also, während des denkwürdigen Tages und unter dem Last der zusammengebastelten Staffeileien (worauf ich dreisprachig den Namen meiner einmaligen Firma angebracht hatte), törkelte ich zum Königshofplatz (bisweilen Marschal Tito Platz) wo ich mir in der Mitte der touristischen „Elephantenphades“ ein Platz suchte, und ungefähr in der Wegesmitte zwischen dem Museum (Palast des Königs Nikola – zur Zeit grösste „soziale Einrichtung“ in der Stadt Cetinje) und des örtlichen Stadtcafe, auch fand.

Es trat sofort an, was ich schon befürchtet hatte; das Volk zeigte offensichtlich Angst davor, denn jeder von den selltenen, die vorbei gingen und überhaupt etwas von meiner Einrichtung merkten, hielt für ein Moment inne, warf einen kurzen Blick, sich dabei heftig ertapt fühlend, drehte verschämt um, und verschwand plötzlich um die Ecke...

Das Angenehmste war das Benehmen der ungefähr zehnjäriger Kinder die in Rudel sich über dem Paltz tümmelten wo andere, Kinder gutbetuchter Eltern, elektrische Autos führen, dessen eine Fahrt 1 Euro kostete... Die Kinder kamen umarmt in paaren oder in Gruppen, lasen aufmerksam den angebrachten Text, um nachher, kichernd und ohne sich umzudrehen, über dem weiten Platz wegzugehen um schlieslich dann in die Hauptstrasse zu verschwinden...

Nach dem ich mich ein bisschen erholt und verschnauft hatte, auf mein „Geschäfft“ kamen zwei jungen und hübschen Mädchen zu und fingen schüchtern an, sich zu erkündigen, wovon es sich überhaupt handelt. Ich sagte, dass es sich, um einer einmaligen Apotheke und zwar einer mit der Ambulanz, handelt, in der jeder der es sich wünscht, entsprechenede Arztnei oder Teraphie finden kann, wobei ich bemerkte, dass die beiden, schon erfolgreich, einen der Tests bestannden haben, und zwar den unter dem Punkt 1.

1.) Eröffnung der Augen

...eingeführten...

... und es Anhand der simplen Tatsache, dass sie meine merkwürdige Firma überhaupt bemerkt hatten, während so viele „Blinde“ bisweilen vorbei gegangen sind. Von der bemerkung geschmeichelt, schopften sie Mut und eine von den beiden wünschte sich eine Traumdeutung. Nämlich, in der letzten Zeit, wollte sie wissen was es bedeutet, wenn ihr träumt dass sie nur in den Socken und sehr eilig durch die Stadt geht?

Ich erklärte ihr, dass dieser Traum die Folge (Archetyp) des Gefühls, nicht unter den Freunde genug anerkannt zu sein, ist, und es quält und ferfolgt sie, was zimlich oft bei so jungen Menschen vorkommt. Durch meine Antwort fühlte sie sich zimlich ertappt, denn sie errötete leicht, eilig hackte ihre Freundin unterm Arm und nach dem sie höflich dankte, gingen sie weg....

- M -

P. S.: es geht weiter....
 
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AW: Geistige Apotheke

Nach dem die dunklen Wolken mir, mit starkem Regen, angedroht hatten und ich mein Geschäft deshalb schliessen wollte, umzingelte mich, plötzlich, eine Meute Kinder die anders aussahen und sich benahmen, als die Stadtskinder mit ihren kaum erträglichen Spiellärm. Es fiel mir sofort auf, dass keines von denen, noch nicht mal ein Eis in seinen Händen hatte, aber dafür fiel mir umsomehr, dessen zurückhaltende Höflichkeit, auf.

Bereitwillig und mit Freude beantwortete ich ihren Fragen, mit gewisser Mühe die Begriffe, für so was neues, sogar für die Erwachsene kaum verständlich, suchend. Zuletzt fragte ich woher sie kommen, worauf sie einen entlägenen montenegrinischen Dorf nannten...
Von der Antwort überrascht, schaute ich mir die ganze Gruppe nochmal an wobei mich, gleichzeitig, ein unbekanntes Verantwortungsgefühl, denen gegenüber, überkam. Das Ganze nahm. Urplötzlich, den Gestalt einer Herausförderung; wie könnte ich jedem dieser Kinder, die auf mich, mit weit offenen Augen, zukamen, einen würdigen (geistigen) Souvenir schenken, den sie in ihr entlegenes Heimat, mitnehmen könnten.

Ich mühte mich aufrichtig, die richtige Begriffe zu finden mit denen ich die „Arztneimittel“ meiner Apotheke, genau bezeichnen und erklären könnte.

Um die ganze Sache locker anzugehen, fragte ich einen grösseren Jungen, was meint er, falls er zu einer der Apotheken, in der Hauptstrasse, gehen würde und einer der jüngen und hübschen Apothekerinen, fragen würde ihm z.B. einen dicken Kuss zu geben oder ihn einfach zärtlich zu - streicheln...
Mit Gekicher und halblaut tauschten die Kinder ihre Meinungen unter sich, mir aber nur ihre fragende Blicke verschüchtert wendend, so daß mir nicht übrigblieb als weiterzufahren:

Trost, Ehrlichkeit, die Liebe und die Güte....

...das wären die Haptmittel meiner Apotheke, - sagte ich leise, - und sie können sie, ansonnsten, überall und genauso wie die Kräuter, suchen,finden und verwenden.

- M -

(weiter geht´s...)
 
AW: Geistige Apotheke

Würde es auf der Welt nur solche ApothekerInnen geben, wären die "Krankheiten" wohl nahezu ausgerottet. Die meisten (oder alle?) haben seelischen Ursprung.
Ein wunderbarer und nachdenkenswerter Artikel von Dir, Metuzalem!
LG
Kassandra
 
AW: Geistige Apotheke

Also, noch vor dem ich meine Apotheke eröffnet hatte, ahnte ich schon daß, gerade meine (Schwieger-)Landsleute keine grose Interesse zeigen werden. Meiner Freunde erzählte ich, scherzhaft, dass es in meiner Apotheke kaum die richtige Mittel, ja Instrumente für manche Eingriffe gebe, denn es gibt welche von denen, die in die Welt wie durch dem Sehschlitz eines Panzers schauen und was Erweiterung derer Horizonte betrifft, womöglich braucht man sogar eine – Panzerfaust. Trotzdem ergab sich daß aus einer kleinen Gruppe, die von dem kleinen Zigeuner mit Accordeon begleitet wurde, ein vitaler Sechzigjähriger Mann sich löste, schnel zu dem Staffelei mit der deutschen Aufrschrifft kam, eilig las was da geschrieben war und danach genauso schnell drehte und an mir, vorbei rennend, sagte:

- Was heist es hier... – die Ratschläge „aus dem Hinterhalt?“


- Na, bravo! – atwortete ich parat – endlich merkt jemand und im Einklang mit der denkwürdigen Bemerkung, mir eine einmalige Gelegenheit bietet, ihm – gerade aus dem Hinterhalt – einen weisen Rat hinterher werfen zu können:
- Kannst du dir, überhaupt, noch leisten, ohne meinem Rat weiter leben zu können!?


- Wieso nicht? – rief er zurück – Bin erst sechzig, also es gibt Hoffnung...!

- Es gibt Hoffnung, es gibt Hoffnung....! – rief ich hinterher – aber dein Landsman und grösser Denker – Nietzsche – hat irgendwo gesagt, daß gerade die Hoffnung, eins der miesessten menschlicher Gefühle wäre, deshalb ist als einziges in die Pandoras Kiste liegen geblieben... Und jetz hau ab, du Hoppelhase!

- M -
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Geistige Apotheke

Ich habe nicht lange gewartet als sich ein neuer und anscheinend wichtiger Besuch ankündigte. Es waren einige Mitglieder des nahen Kirchenseminars der Serbischen Ortodoxen Kirche, die auf meine Apotheke zukamen, und nach dem sie lange und ernsthaft, das Angebot meiner Apotheke und Ambulanz studiert hatten, einer von denen drehte sich zu mir um und sagte entschieden:

- Ich glaube es nicht!

- Was davon...?
– fragte ich interessiert.

- Das, mit dem Kaffeesatzlesen..!


- Glaubst du daß du nicht glaubst, oder?
– mit eine Gegenfrage versuchte ich zuerst, ihn aus den geistigen Angel zu heben.

- Ich glaube es nicht weil es ein Aberglaube ist!

- Gut, stimmt es auch, aber wenn du glaust daß du etwas nicht glaubst – ist es nicht auch eine Glaubensart..? - ließ ich nicht locker.


- Glauben sie an Gott? – drehte er das Gespräch (Spiess) um.

- Ich glaube! – sagte ich bestimmt und mit Bereitschaft die sie allesamt ganz durcheinander brachte, so daß sie sich, gegenseitig sprachlos, anblickten.

- ... ich glaube an alles was mich umgibt, weil es nur verschiedene Aspekten Gottes sind, den einzigen an dem ich glaube, anschließlich mit euch zusammen, anstatt in die Popengeschichten zu glauben, denen all diejenigen, die noch nicht mal an sich glauben, so gnadenlos ausgeliegert sind...

Anscheinend war es zuviel für sie, denn einer von denen versuchte mit der Frage ob ich an die Heilige Schrifft und seiner Botschafft glaube, worauf ich antwortete daß ich mich ernsthaft gefragt habe wieso ist möglich daß Jakob nicht die Frau (Lea) erkannte, die sie ihm anstatt der Rachel für die er zehn Jahre geschuftet hatte, unterjubelten und ich könnte mir er nur damit erklären daß ihm von so einem langen Warten „die Nacht über den Augen gefallen war...“ wie man es bei uns zu sagen pflegt...

Nach dem sie geschätzt haben daß sich kein weiteres Gespräch lohnt, wollten sie schon weitergehen, als mir einfiel daß sie, in Wirklichkeit, keine „Patienten“, sondern mein potentieles – Kollegium - sind. Deshalb drehte ich Spiess um und ermahnte sie, daß deren Arbeitsfeld meiner Anstallt ganz ähnlich sei, denn auch zu denen kommen die Menschen mit der Absicht, in den den Gebeten und zur Busse, die gleiche „Artzneimittel“ (Trost, Absolution...) finden zu können, so daß der näher Kloster, wenn es auf den Fundamenten der wahren Glaube gegrundet ist, genauso mit den Namen und Funktion als ein – GEISTIGES SANATORIUM – genannt werden konnte.

Am Ende, ermahnte ich sie, wenn sie schon einmal die wahre Hirten ihres Folkes geworden sind, den Gläubigen, die gleiche Mittel die in meiner Apotheke (mit der Abulanz!) zu fnden sind, verabreichen sollten, und es wäre gar nicht schlecht wenn wir uns zusammen tun würden... Aber scheinbar dachten sie nicht so...

Nun, es war offensichtlich, daß sie überhaupt nicht zu - denken - brauchten, denn sie - glaubten!

- M -
 
Traumdeutung

Die vorneheme Dame aus Sarajewo enpuppte sich als zimlich problematischer Patient, egal was man darunter zu verstehen vermag und ich empfahl ihr die Traumdeutung, nach dem sie mir ein ihrer neueren Träume erzählte. Im Tarum sah sie ihre beste Freundin – Ärztin – als wenn sie mehr als zwanzig Kilo abgenommen hätte und es so daß ihr die ärtzlich Uniform wie angegossen stand und bewundernd aussah, und sie ihr davon ganz hinngerissen, auch sagte.

Ich antwortete ihr daß es sich von Projektion eigener Gefühle handelt und sie bestimmt von allem was das Alter mit sich bringt auch selbst leidet und sie erzählte mir darauf daß sie schon mehr als Zwanzig Tage an Hunger beinahe krepiert aber ihr Gewicht bleibt trotzdem das gleiche. Mit einer frage nach Art von Groucho Marx, brachte ich sie zimlich durcheinander, denn die Frage lautete:

„Glauben sie mehr der Wage oder ihrem Verstand?“


Natürlich der Wage! – antwortete sie – Das muss sie wohl..!

„Verstecke sie, werfe weg..! Mach sie kaputt! - sagte ich so aufrichtig wie ich nur konnte , während sie mich verstört betrachtete.

Als ich sah wie sie hilfslos dasaß, sagte ich ihr sie sollte ihr Hunger irgendwie zur Gewöhnheit werden lassen und sollte sich nich mit dem ewigen wiegen terrorisieren und dabei sollte sie immer daran denken daß sie jeden Moment damit aufhören kann.

Sie sollte einfach beides auf geduldprobe stellen und sehen wer es länger aushält; denn, entweder geht das Gewicht endlich unter oder sie hört mit dem sinnlosen Hunger auf...
Sie ging weg weiterhinn verstört aber mit sichtbarer Erleichterung aber erst nach dem sie mir einen Kompliment gemacht hat und zwar daß man in der Tat viel Mut braucht für so eine Aktion, wie die meine...

- M -
 
Eine Geistige Übung

-
In der indischen Philosophie gibt es eine denkwürdige Behauptung und zwar ,dass nichts im Leben reel ist und alles was uns passiert, ist nicht anderes als eine vergängliche Illusion – Maya – der wir hoffnungslos ausgeliefert sind. Eine sollche Behauptung könnte man unverbindlich akzeptieren, aber wenn ein Mensch plötzlich, zum Beispiel, Zahnschmerzen bekommt, verliert auch diese amusante Hypothese, genauso plötzlich, ihren Sinn.
Nun, auch ohne so einer Behauptung, Ungewissheit des Seins hat schon immer die Frage über Vergänglichkeit weit offen gehalten, die nicht minder, den modernen Menschen der Neunzeit, als auch den verängstigten und rückständigen, mitterältlicher Inquisition und den kirchlichen Dogmen ausgelieferten Menschen, gequält hat, wovor sich diejenigen mit dem Wein und passenden Lieder wie dieses ein ist, versucht zu schützten haben:

„Ich komme, ich weiß nicht woher,
Ich bin, ich weiß nicht wer,
Ich sterb´, ich weiß nicht wann,
Ich geh´, ich weiß nich wohin,
Mich wundert´s, daß ich frölich bin.“
Viel früher als ich den Lied gelesen und Rodin´s bekannte Statue des „Denkendenden“ gesehen hatte, saß ich oft auf dem clo (WC) des UNI von Ljubljana (Laibach) und verkrampft versuchte die ungewisse eigene Zukunft, nur zu erahnen, wobei ich mich beinahe selbst in eine einzige – Frage verwandelte. Diese undurchdringliche Zukunft, hob sich über mich wie eine drohende Riesenwelle obwohl ich, gleichzeitig wüsste, daß sie mich, genauso wie eine Wasserwlle, packen und hochheben wurde um dann hinter mir, einer neuen Welle platzmachend, zu verschwinden...

Auf dem heftigen geistigen „Durchzug“ dieser weitofenen Frage sitzend, hilflos versuchte ich alles jene was mich in kommender Zeit erwartet, zu enträtseln, wobei die ganze Zeit, mein Blick auf eine an der Tür angebrachte Metallplatte unabsichtlich klebte, worauf eine unverbindliche Aufforderung geschrieben stand:
„Wir bitten, verlassen sie diesen Raum so wie se es vorgefunden haben“
An diese Metallplatte, die an die innere Türseite des sehr sauberer und ordentlichen Toillette des UNI von Ljubljana, habe ich mich im späteren Leben unzähliger Male erinnert, weil mich immer wieder darauf die ähnliche anderweitige Räumlichkeiten, die von weitem nicht so sauber und ordentlich, wie ich mir zu finden gewünscht hatte, waren, und nacher hatte ich auch wenig Lust sie in besseren Zustand als vorgefunden zu hinterlassen.
Ich bin sicher, daß sich viele, verwundert, fragen werden, was dieser Traktat über sanitären Räumen überhaupt mit der Zukunft zu tun hat, ohne nur zu ahnen, was für eine dramatische Symbolik hinter der obergenannten Aufforderung stecken könnte. Alle halten an die altbekannten Meinung daß die Zukunft spontan entsteht und beinahe ohne Vorwarnung auf uns, Unschuldigen, Unvorbereiteten und Ungeschützten, stürtzt, um sich dann subjektiv voll in dem unhaltbar vergänglicher Intervalle, den wir als – Gegenwart - zu nennen pflegen, zu offenbaren.
Unterdessen, stellt sich plötzlich die Frage, derer dramatische Symbolik sich nicht weniger, als der altindischer Begriff – Maya – so hartnäckig aufdrängt und zwar; ob wirklich gerade uns so einmaliges Privilleg zusteht um genauso einmalige Zeugen des gegenwärtigen Momenten zu sein, bis nun undursichtig gefangenen in den hypothetischen Potential der noch nicht offenbarten Zeit.
Oder...,

....gibt es etwas, gleich dem was die Verantwortungsnormen, in allen menschlichen Beziehungen, sowie Canons verschiedenen Religionen und Kulten, schon seit langem ahnen lassen. Denn, wer garantiert uns daß wir kein Leben das jemand anderes schon vor uns, auf seine Weise „ausgelebt“, und dann, mit genauso unverbinlicher Leichtigkeit, „verlassen“ hatte, wie wir, ansonsten, die schon erwähnte sanitäre Räume, was ungehalten heisst daß wir auch unsere Leben an die Vergangenheit weitergeben, ohne jeglicher Sorge ob ( überhaupt?) jemand die Folgen unserer Handlungen, vielleicht - erben konnte.

Im Lichte einer sollchen Hypothese, wäre nicht schlecht ein Benemenscodex aufzustellen der auf der Höhe des moralen Sinns bleiben wurde, genauso wie die Aufforderung von der obengenannten Metallplatte die in den Imperativ des Gebrauchtssinnes und praktischen Kausalität in sich trägt.
Jedenfalls, wäre echt ratsam wenn jeder sein Leben so leben würde, daß der, nach uns (in der Zeit) kommender Unbekannte, dem unsere Vergangenheit zu der gefürchteten Zukunft werden sollte, sich dann darüber freut...

- M -
 
Eine geliehene Geschichte

Mit dem freundlichen Erlaubniss des Autors:

Opa Otto und die drei "Grazien"

Wie gewöhnlich saß Opa Otto in seiner Kneipe „Unterm Himmelszelt“ als die Besitzerin der Dorf-Boutique, begleitet von zwei gleichaltrigen Freundinnen den Raum betraten. Noch bevor sie sich nach einem Tisch umsehen konnten, ging Opa Otto auf sie zu und bot den Damen einen Platz an seinem Tisch an, indem er sie als die „Drei Grazien“ bezeichnete.

Die kleine pummelige Boutique-Besitzerin entgegnete ihm darauf ganz irritiert:

-„Ach, Otto, deine ewigen unangebrachten Scherze. Machst du dich lustig über uns, oder was? Und das in aller Öffentlichkeit – unerhört!“


-„Aber nicht doch, meine Süße, meine Bemerkung galt nur eurer Dreierkonstellation. Ich bitte innigst um Verzeihung. Aber nehmt doch bitte Platz.“

Etwas zögerlich und ein wenig verstört nahmen die drei „molligen“ Grazien an Opa Ottos Tisch Platz der sofort versuchte, seine Verlegenheit abzubauen, in dem er anfing eine seiner phantastischen Geschichten zu erzählen. Die Damen lauschten ihm mit weit aufgerissenen Augen zu, während dessen sich die „süße“ Boutique-Besitzerin mit einer vorwurfsvollen Bemerkung an Opa Otto wandte.

„Du erzählst Storys, Otto, die Du selbst nicht glaubst. So was gibt es gar nicht und du erzählst diese ja auch nur aus Verlegenheit.“

„Wartet nur mal ab“, bemerkte Opa Otto, „bald kommt der Tag, wo ihr alle anstelle eurer Handtaschen, nur noch mit Medaillons um euren Hals rumlauft.“

„Das tun wir doch schon“, meinten alle drei und zeigten auf ihre Halsketten.

Opa Otto schüttelte den Kopf, „nein, das meine ich nicht, sondern ein digitales Medaillon, auf denen alle Daten von euch gespeichert sind: Geburtsdatum, Adresse, Stand, Blutgruppe, Bankkonto usw.
Eines Tages besucht ihr mal ein vornehmes Restaurant, welches leer zu sein scheint. Doch dann kommt der Ober euch entgegen und verweist euch mit dem größten Bedauern wieder aus dem Lokal mit der Bemerkung, es seien keine Tische mehr frei. Ein Lesegerät an der Eingangstür hatte nämlich eure digitalen Medaillons erfasst und festgestellt, dass eure Bankkonten ziemlich leer sind.“


„Das wäre ja entsetzlich!, schrie eine der „Grazien“ ganz erschrocken.

"So was kann..., nein so was darf es nicht geben.“

„Von wegen darf es nicht“, fuhr Opa Otto fort. "Es kommt noch schlimmer oder toller, wie man es nimmt. Zum Beispiel: eines Tages kaufen wir uns Videokassetten in der Apotheke.“

„Wie bitte, Videofilme in der Apotheke?“
Die drei Grazien schauten ihn ungläubig an.

„Jawohl, in der Apotheke, meine Damen, ob ihr’s glaubt oder nicht.
Beispielsweise ein Maurergeselle möchte sich einmal alle James-Bond-Filme ansehen. Dann kauft er sich eben eine ganze Packung James-Bond-Filmtabletten, geht nach Hause, setzt sich auf sein Sofa und schluckt eine Videotablette mit dem Titel ’Liebesgrüße aus Moskau’. Dann sieht er nicht nur den Film, sondern dann ist er James Bond.“


„Wieso, wie wird das gemacht?, fragt eine der molligen Grazien.

„Das ist gar nicht so schwer“,
meint Opa Otto, das gibt es doch teilweise schon, nur ein wenig umständlicher. Heutzutage muss sich ein Maurergeselle noch immer eine Tüte voll Videokasseten aus der Videothek holen, oder eine volle Bierkiste herumschleppen. Abends, wenn dann die Kassette zu Ende und die Kiste Bier leer ist, glaubt er sowieso das er James Bond sei. Also, man braucht doch nur eine Kiste Bier mit einer Videokassette zu kreuzen und schon ist die Videotablette fertig!“

„Ach“, wundern sich die „Grazien“. "Bist du sicher, das so was überhaupt möglich ist?"

Jetzt lief Opa Otto zur Höchstform auf und ließ seinen Fantasien freien Lauf.
„Wieso nicht? Schaut euch nur mal den Computer zu Hause an. Ihr glaubt er wäre ein Wunderding, sozusagen etwas ganz Neuartiges, dennoch ist er nicht anderes als eine Kreuzung zwischen einer alten Registrierkasse und einem Fernseher.

Genauso ist es mit dem Atomkraftwerk. Es wirkt auf uns mit seinen großen Schornsteinen und seinem Kugelbauch als etwas ganz monumentales. Aber in Wirklichkeit stellt es nichts anderes als eine alberne Kreuzung zwischen einer Atombombe und einer Dampfturbine dar.

Oder nehmt beispielsweise einen ganz gewöhnlichen Motor. Das ist nichts anderes als eine gewöhnliche Artillerie. Die Kanonen werden geladen und die Kugeln (Kolben) werden herausgeschossen, dann mit dem Schwungrad aufgefangen und zurück in die Kanone (Zylinder) geladen usw. usw. Elektrische Energie ist also, nichts anderes als angewandte Magie."


„Otto, jetzt übertreibst du aber ein wenig, nicht war?“, meinte eine der drei Grazien ganz leise.

„Keinesfalls“, antwortete Opa Otto, „man muss sich nur mal die namhaften Verbesserungen in der heutigen Zeit ansehen. Viele Dinge sind doch noch sehr umständlich zu handhaben. Wenn wir diese umständlichen Gegenstände nun mit einander vermischen, könnten doch neue Wunderdinge entstehen.
Ihr verreist doch bestimmt gern, nicht wahr?“


„Ja, sehr, aber was hat es damit zu tun?“


„Eine Menge, meine Damen. Seht ihr die gelbe Telefonzelle da neben der Busstation? Eines Tages geht ihr da hinein und könnt nicht nur telefonieren, sondern noch viele andere Dinge darin erledigen. Vielleicht sogar darin verreisen. Eines Tages...“, doch nun wurde er je unterbrochen.

„Verreisen?, wie das?“

„Jawohl, verreisen. Ihr geht hinein, wählt irgendeine Nummer und nach kurzer Zeit, steigt ihr aus einer anderen Telefonzelle irgendwo in Spanien oder Indien aus. Es kann natürlich auch passieren, dass ihr versehentlich eine falsche Nummer gewählt habt und auf irgend einem fremden Planeten landet."

„Hör auf, Otto!", unterbrach ihn die „Süße“ – "Es fehlt nur noch, dass du anfängst von UFO’s zu erzählen.“

„Bravo, meine Süße, da wäre ich sonst von alleine nicht draufgekommen. Das ist das richtige Thema. Glaubst du, dass es so etwas gibt oder etwa nicht?“

„Es wird viel darüber geredet, Otto, aber niemand hat je etwas konkretes gesehen oder gar gefunden. Es scheint nur eine Art Spuk zu sein. Es gibt einfach keine Beweise.“

„Aber, aber, meine Damen, das ist überhaupt der - Beweis! Was wären das nur für Außerirdische, wenn sie sich von Jedermann, wie gewöhnliche Touristen, beobachten ließen. Wenn es sie gibt, müsste deren Wissen und Verständnis so hoch angesiedelt sein, dass sie überall sein könnten ohne aufzufallen, vielleicht sogar in dieser Kneipe hier.“

Die drei Damen saßen da, atemlos, unbeweglich und mit weit aufgerissenen Augen und schauten den Opa Otto völlig ungläubig an. Beim Anblick der drei „Grazien“ wurde Opa Otto bewusst, dass er wohl ein wenig zu viel aufgetischt hatte und überlegte mit welchem Thema er das Gespräch weiterführen könnte.

„Lesen die Damen gern?“,
fragte er ganz verlegen und nahm somit den Damen die Starre aus dem Gesicht.

„Ja, sehr gern. Besonders Romane aus der alten Zeit. Hauptsache romantisch.“

„Ihr meint also, die Geschichten vom altem Adel, Burgen, Kavalieren und anderen...“

„Ja, ja, genau...“, unterbrachen ihn die Damen.

Opa Otto war froh, dass er die Damen wieder aufmuntern konnte und bemerkte:
„Na, also, da sind wir ja genau richtig. Stellt euch mal vor, ihr werdet zu einer vornehmen Gesellschaft der damaligen Zeit eingeladen, und ihr könntet diesen Leuten von all den ungewöhnlichen Dingen wie: Fernsehen, Bahnen, Autos und ganz zu schweigen von Computern erzählen!“

Opa Otto schmunzelte vor sich hin und lehnte sich ganz gemütlich zurück, während die drei Grazien ganz nachdenklich wurden, um dann lebhaft zu diskutieren.

!!!
 
Geschichte einer sonderbaren Impfungstherapie

INKUBATOR

Einer der großen Philosophen der Antike – Pythagoras (dem modernen Menschen bekannt durch sein Theorem) ist außerdem gleichzeitig der Autor der teilweise schon verlorenen Lehre vom Einklang (oder modern ausgedrückt: der Harmonie).

Die weniger bekannten Aspekte dieser großen Lehre wird die Menschheit wahrscheinlich erst viel später erkennen. Doch schon jetzt findet sich eine Menge daraus in verschiedenen später entstandenen Theorien. Einer dieser Aspekte wird in der Anthroposophie als Gesetzmäßigkeit der menschlichen Lebens-Zyklen genannt. Jeder Zyklus umspannt eine Einheit von sieben Jahren. Die wesentlichen Einschnitte gerade der Ersten drei Zyklen sind den allermeisten von uns wohlbekannt:

Erster Zyklus (0-7 Jahre):

Am Ende dieses Zyklus steht der Schulanfang. Er beschreibt den Weg des Kindes aus der vertrauten Familie in die Welt mit 7 Jahren.

Dem folgt der dramatische

Zweite Zyklus (7-14 Jahre):


Hier findet die Pubertät statt. Jene Zeit, in der dem Menschen auch körperlich bewusst wird, dass er einem männlichen oder weiblichen Geschlecht angehört; von der heftigen Ahnung begleitet, dass er dies nicht nur erleben, sondern auch noch auf irgendeine Art und Weise beweisen muss...

Darauf folgt der dritte Zyklus (14-21 Jahre):

Der Weg (neben der körperlichen) zur geistigen Reife. Diese wird in etwa um das 21. Lebensjahr erreicht.


In dieser alten Lehre, gibt es eine denkwürdige Behauptung, dass es außer der körperlichen Schwangerschaft von neun Monaten, die ein Menschenwesen in der Sicherheit des mütterlichen Körpers verbringt, auch noch die „Schwangerschaft“ der sozialen Reifung gibt. Und zwar ist sie von der Dauer der ersten drei Zyklen und endet mit dem 21. Lebensjahr. Nun ist jeder Mensch (Mann oder Frau) reif und bereit, selbst seine eigene Familie zu gründen.

Was die letzterwähnte „Schwangerschaft“ der sozialen Reife betrifft, so hat die moderne Gesellschaft eine besondere Institution geschaffen, die im Allgemeinen der Apparatur eines Inkubators ähnlich ist.

So ein Inkubators dient ja im allgemeinen dazu, zu früh geborene Kinder am Leben zu erhalten bis sie in die Obhut der Eltern gegeben werden können - ähnlich einem Brutkasten, in dem man Hühner und anderes Geflügel ausbrüten lässt.

Jene Institution, von der ich nun rede und die in der gesellschaftlichen Hinsicht die Rolle des Inkubators einnimmt, ist das allbekannte - Internat. Ein Ort, an dem manche Eltern ihre eigenen, heranwachsenden und noch nicht ausgereiften Nachkommen unterbringen, um sie mit der dortigen zusätzlichen Hilfe für das künftige Leben vorzubereiten.

In der Zeit des ehem. Jugoslawien wurde ich selbst in so einen Internats- „Inkubator“ eingeliefert; und zwar in einer ziemlich dramatischen Weise. Trotz meiner Unreife war ich gleich von Anfang an sicher, dass gerade dieser „Apparat“ die Chance für mich war, nicht nur besonders gut weiterzukommen im Leben und mehr als das Nötige zu lernen, sondern auch, um ganz allgemein jemand zu werden, der sich nichts besonderes mehr zu erwarten brauchte.

Meine weitreichende und umfassende „Inkubation“ fand inmitten einer Schar anderer unausgereifter „Patienten“, die aus allen Landesteilen der ehemaligen gemeinsamen Heimat stammten, statt. Sie wurde von einer ebenso heftigen „Inkubation“ pubertärischer Wandlung begleitet, die sich unter einer furchterregenden Mischung aus Halbweisheiten und niedrigen moralischen Vorurteilen vollzog.

Nun, damals war es so, dass sich ohnehin das ganze Leben eines einzelnen inmitten eines Rudels abspielte: Ob es in der Schule war oder im Internat, während der Freizeit, die man mit dem Sport „totschlug“ oder auf dem allabendlichen „Korso“, der beinahe zur Pflicht erhoben war.

Was die Korsopflicht betraf, so hatte ich meine eigenen Ansichten (was eher meinem Unterbewusstsein zuzuschreiben war). Weil ich mich soundso nicht wirklich zugehörig zum „Rudel“ (heute würde man sagen: zur „Szene“) empfand, waren meine Korsobesuche darauf beschränkt, das jugendliche Getümmel aus einem tiefen Baumschatten heraus, angelehnt an dessen Stamm, gelassen zu verfolgen...
Ebenso distanziert habe ich mich an den endlosen Diskussionen und Tratschereien nach dem Prinzip „Wer mit wem, wann und wo?“ beteiligt und zog lieber die Gesellschaft guter Bücher aus der benachbarten Bibliothek dieser großen, an einem mitteleuropäischen Strom gelegenen Stadt vor.


Doch einen besonderen Eindruck auf mich hinterließen manche, in einer denkwürdiger vertraulichen Art halblaut gesprochenen Bemerkungen, die sich anhörten, als würden sie von einer Sache handeln, die sich mindestens am Rande wenn nicht sogar jenseits des Erlaubten befand.


Unter anderem ist mir eine sehr sonderbare, ästhetische und ethische Wertauslegung in Erinnerung geblieben, die über ein Mädchen gemacht wurde. Auf die etwas abfällige Bemerkung, dass eben dieses Mädchen nicht so „besonders“ wäre, wurde gekontert:

„Da täuschst du dich, mein Lieber! Denn schon zwei Jungs haben ihretwegen, Selbstmord versucht...!“

Na ja, ich versuchte sowieso über solch zweifelhafte Dinge erhaben zu bleiben und mich gingen überdies die oben angeführten Worte nichts an.

Doch dieser Zustand endete jäh, als mich eines frühen und duftenden Frühlingstages einer meiner Schulfreunde anrief, um mir eine der Gymnasiastinnen, die von uns Burschen aus dem „Inkubator“ für - unerreichbar - gehalten wurden, vorzustellen. Und zwar nicht irgendeine dieser herausragenden und begehrenswerten Geschöpfe aus dem (aus Konkurrenzgründen unzertrennlichen) Mädchen-„Rudel“, sondern – die Schönste!

Von dem Tag an fing auch ich an, jeden Abend hochgehobenen Hauptes und auf hölzernen Beinen den allabendlichen Korso zu „dreschen“. Trotz des Umstandes, dass mich plötzlich und ungeahnt eines der höchsten Privilege ereilt hatte, nämlich den ersten städtischen Backfisch ausführen zu dürfen, blieb ich weiterhin innerlich aufgewühlt und erschrocken...

Diese so dramatische und anfangs schwierige Diskrepanz in mir wurde durch das merkwürdige Verhältnis, das ich außerhalb des täglichen Korsospazierganges mit dem Mädchen hatte, ergänzt. Denn, so gern sich die Schöne mit mir am Korso blicken ließ, so sehr scheute sie in trauter Zweisamkeit jegliche körperliche Berührung. So lebte ich in ständiger innerer und äußerer Zerrissenheit. So gesehen verschuf mir der Beginn der Schulferien sogar eine gewisse Erleichterung.
Mit Freuden erwartete ich ihre regelmäßigen, ja täglichen Briefe, die voll von leidenschaftlicher Liebeserklärungen waren und welche ich aufrichtig und mit ebensolcher Leidenschaft, die von Tag zu Tag wuchs, beantwortete...oh diese Leidenschaft! Später, als die Briefe plötzlich und ohne Vorwarnung ausblieben, steigerte sie sich noch weiter…schier bis zur Grenze der Unerträglichkeit...

In jener Zeit lebte ich in einem wahren Albtraum, welcher von einer kaum wahrgenommenen, routinemäßigen Alltäglichkeit begleitet war. Ich selbst hatte keinerlei Einfluss auf diesen Alb, sondern verharrte in bleierner Ungewissheit.

Nach meiner Rückkehr ins Internat traute ich mich etliche Tage nicht, wieder in die Stadt zu gehen; geschweige denn auf dem Korso zu erscheinen.
Denn mir wurde schmerzlich bewusst, dass die „Kameraden“ es kaum erwarten dürften, sich hinter meinem Rücken vor Schadenfreude zu krümmen.
Erst als mein Freund, der mir diese hohe Bekanntschaft beschert hatte, wieder auftauchte, erfuhr ich die Nachricht, dass sich meine Geliebte über mein Ausbleiben sehr wunderte und jeden Abend wartete, dass ich endlich kommen möge.

Doch anstatt ihr mit Freude und von der Liebe beflügelt entgegen zu flattern, ging ich gedämpften Schrittes zum Korso, wo die Stadtjugend ihren „Dienst“ wieder aufgenommen hatte. Zwar spürte ich die Menge der bleiernen Augen auf mir lasten, doch, von ein paar Hoffnungsstrahlen ermutigt, schritt ich langsam voran. Aber schon aus der Ferne sah ich, dass sie nicht allein sondern in Begleitung einer Freundin war. Und so wusste ich, dass bei dem, was auf mich wartete, nichts von der Hoffnung übrig bleiben sollte.

Und tatsächlich, die Begegnung war von Anfang an überaus peinlich. Dieser Umstand wurde noch genährt von den unzähligen fragenden Blicken. Außer dem meiner Schönen und ihrer Freundin hatten sich noch weitere verwirrte Gesichter eingefunden, die nun in einer geschlossenen Formation meine Handlungen verfolgten.

Nach ein paar Schritten überkam mich der unwiderstehliche Eindruck, dass derjenige gar nicht ich sei, sondern jemand anderes, der hier mit zugeschnürter und trockener Kehle, eingerahmt von zwei durch mein Schweigen überraschte Schönheiten, die sich fragend gegenseitig anblickten, auf den Holzbeinen dahintorkelte...Ratlos und verwundert über meinen tiefes Schweigen schlugen sie plötzlich eine andere Richtung ein, weg vom Korso, dorthin, wo es viel ruhiger war und wo nur zufällig manch Fußgänger vorbeihuschte.

Nach einer Weile hielten die Mädchen unvermittelt an, sodass die uns immer noch aus einer „höflichen“ Distanz begleitende Formation fast zurückprallte. In diesem denkwürdigen Moment nahm mein geliebtes Mädchen Haltung an und ihren Blick fest auf ihre Freundin geheftet stellte sie mir mit fester Stimme die schicksalsträchtige Frage:

- „Weißt du, warum ich aufgehört habe dir zu schreiben?“

- „Nein! – kaum hörbar antwortete ich aus meiner ausgetrockneten Kehle.

- „Es ist, weil ich einen anderen liebe...!“
– dies sagte sie mit einer seltsamen Unruhe, doch es hörte sich trotzdem wie ein Urteil an.

- „Wie schön..., für dich.“ –
hörte ich es aus meinem Mund kommen, während sich in meinem Inneren ein abgrundtiefes Loch auftat, in dem alles und jegliches von mir, was mit der ganzen leidlichen Sache zu tun hatte, für immer und ewig verschwand.

Eine unerträgliche Qual bemächtigte sich meiner und trieb mich dazu, ohne mich noch einmal umzusehen irgendwie zu einem niedrigen, nahe gelegenen Zaun eines Helden-Denkmales hinüber zu wanken, um mich halb ohnmächtig darauf zu setzen.
Ich war noch lange nicht meinem Gefühlssturm Herr, als ich mich umschaute und sah, wie sich die Stadtschönen inmitten des auf dem Bürgersteig stehenden Spaliers verwirrt und alleingelassen, und offensichtlich vorwurfsvoll unterhielten, und enttäuschte Blicke tauschten..

Plötzlich, wie durch einen Nebel, hatte ich das Gefühl, als hätte mich irgendetwas Schweres überfahren und ich läge hilflos am Boden, während die neugierige Meute sich um mich sammelte und ängstlich verfolgte, was nun passieren würde...

Gleichzeitig und ebenso unerwartet bemächtigte sich meiner der hartnäckige Gedanke, jemand müsste jetzt und jetzt zu mir kommen und mich festhalten, bis ich endlich abgeholt und ich irgendwohin gebracht würde, wo meine Qual und mein unstillbarer Schmerz getilgt werden könnte....

Stattdessen ging das Volk laut lachend und grölend davon, an mir vorbei, ohne im Mindesten zu ahnen in welcher Verzweiflung ich mich befand.
Ich indes konnte meinen Blick nicht von den verwirrten, am Rand des Bürgersteigs postierten „Geschworenen“ abwenden und das Bild erinnerte mich irgendwie an einen bunten Raubvogelschwarm, der die letzte Regung seines zu Fall gebrachten Opfers geduldig abwartet.

Hilflos drehte ich mich um, mit der leisen Absicht, irgendetwas zu finden, irgendetwas, irgendwo ... ein Dickicht oder einen tiefen Bau, um mich zu verstecken…, um doch noch zu einem winzigen Quäntchen Kraft zu kommen könnte und zu zeigen, dass ich noch lebe und alle anderen mich in Frieden lassen sollen. Ich raffte mich auf von dem niedrigen Zaun, von dem ich so elendiglich herunterhing, stand da und schaute hilflos in die verschiedenen Richtungen, die sich strahlenförmig von dem Denkmal ins Unbekannte streckten. Einige zeigten zum Fluss, andere schlängelten sich durch die Stadt und einer davon führte zum „Inkubator“ wo mich die restliche Meute der „Geschworenen“ erwartete, noch weniger bereit, mir irgend etwas zu verzeihen...

Plötzlich und ohne Vorahnung tauchte in meinen wild gewordenen Gedanken die Frage auf: „Ist es wirklich möglich, dass sich hier, auf diesem Platz - jenes göttliche und edle Gefühl – das Gefühl der Liebe – auf das mich hunderte von Gedichten, Lieder, Romane und auch Hollywood-Filme vorbereitet hatten, - ist es tatsächlich möglich, dass mein Anteil an diesem einmaligen und aufrichtigen Gefühl, auf einmal, und einfach so mir nichts dir nichts, so vulgär und schrecklich - bis zum nichtigsten und niedrigsten Einsatz in einer unfassbar unreifen Wette unter geilen städtischen Backfischen abgewertet wurde...!?“

Die Antwort kam von alleine, weil die aufgekochten Gedanken und Gefühle urplötzlich von einem heftigen Verbitterungsgefühl, das den Verstand und Blick auf Anhieb zu voller Klarheit brachte, abgelöst wurden...
Also, wenn es so ist, dann weiß ich, dass es nicht nur mir passiert...
Und dann ist doch nur gut und redlich, von hier aus umzukehren, zurückzukehren in das Internat, zurück zu gehen in den „Inkubator“, und dort erstmal ehrlich und aufrichtig zu mir selbst mich von meiner ersten, totgeborenen Liebe gesund kurieren zu lassen.

- M -
 
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Die süßen Schmerzen der Dummheit

Ich betrachte die Zeit, in die mich mein Schicksal abgeschoben hatte, um mein bisheriges Leben von dem riesigen Haufen von Lügen, Selbstbetrug und Vorurteilen befreien zu können, als echte GnadenfristAls erstes, dachte ich, wäre es wohl am besten, wenn ich gerade das Schwierigste zuerst angehen würde….also das „Undenkbare“ – zuerst be“dachte“...

Auf jeden Fall wollte ich nicht mehr die Welt und alles andere durch das immergleiche Prisma der Gewohnheit betrachten und mich leichtfertig mit den unzuverlässigen Zeugnissen des Augenscheins begnügen...

"Ich will kein Wissen, ich will – „Gewissheit” – lautet eine arabische Weisheit.
Es heißt also, den Sinn des eigenen Lebens bis zum höchsten Gipfel der Gewissheit zu bringen!

Als Kind, habe ich mich stets gewundert, dass in der Welt der Erwachsenen so souverän die Meinung herrscht, es gäbe nur eine mögliche Wahrheit, währendessen alles voll ist von Lügen in unübersehbarer Unzahl. Doch die Behauptung von der einen Wahrheit war zu meiner Zeit unumstritten und unhinterfragt. Alle Welt glaubte daran, obwohl der Glaube an diese Einmaligkeit meinen Verstand hoffnungslos überforderte; ebenso wie die Unzahl der Lügen, an denen mein Leben unermesslich reich war. Doch wenn ich ganz aufrichtig zu mir war, hatte ich in Wirklichkeit vor nichts anderem Angst als vor dieser alles umfassenden und einmaligen – Wahrheit!

In späteren Jahren meines Lebens ertappte ich mich dabei, dass ich kaum etwas anderes mehr bewunderte als eben die - Dummheit. Wahrscheinlich war ich deshalb von dem geflügeltem Wort, dass Lügen schöne Beine hätten so angetan. Obwohl eine Weisheit auch davon erzählt, dass eben diese Lügen eigentlich so kurze Beine hätten. Und ich muss zugeben, dass ich in den schwierigsten Momenten meines Lebens den wenigstens Bedarf an der hoch gepriesenen Wahrheit verspürte und ich mich stattdessen nur danach sehnte, dass mich jemand belügt und dies noch dazu so zärtlich wie möglich tut...Und dabei wunderte ich mich über den herrschenden Zynismus derer, die von oben herab behaupteten:

- „Wenn Dummheit weh täte, würde die halbe Welt nur mehr schreien...!”

Schon komisch, aber nach der schmerzlichen körperlichen und geistigen Rehabilitierung meines Bewusstseins bekam dieser „vornehme“ Sinnspruch einen klaren Nachhall, sobald ich mit den alt gewohnten Problemen und Alltäglichkeiten von neuem konfrontiert wurde. Plötzlich klang er irgendwie nicht mehr nur zynisch, sondern im Gegenteil, viel näher und irgendwie – auch ehrlich...

Na ja, es ist sicher was wahres dran...! Nicht gerade dass man die Ohren zu halten muss,… aber - beklagten sich nicht manche meiner Freunde und Kameraden immer über irgendwas, das modern ausgedrückt STRESS genannt wird!?

Stress – was ist das denn überhaupt? Ist es nicht vielleicht der Anfang dieser von den Zynikern oben erwähnten Schmerzen!? Oder wie soll man die Depression einer gesunden, hübschen und jungen Frau, die niedergeschlagen in ihrer wunderschön eingerichteten, Licht durchfluteten und geräumigen Wohnung sitzt, aber grenzenlos unglücklich ist, weil sich ihre Gardinen mit dem Teppich nicht vertragen, sonst verstehen...

Dazu ein Beispiel :
Ein junges Ehepaar stellt nach dem Einzug in die gemeinsame Wohnung den Haushalt zusammen. Als erstes kauft es sich ein – dreisitziges Sofa –, welches der junge Bräutigam, so wie es auch sein sollte, sitzend und liegend im Möbelsalon «ausprobiert» hatte. Danach wird auch ein großer Tisch angeschafft, gleich gefolgt von der heftigen Suche nach den entsprechenden – Stühlen. Tagelang macht sich das glückliche junge Paar auf die Pirsch nach den passenden Sitzgelegenheiten, aber der jungen frischgebackenen Hausfrau sind keine recht und sie ist nicht in der Lage sich zu entscheiden. Von Tag zu Tag verfällt sie in eine immer tiefer werdende – Depression –, ohne Unterlass seufzend und stöhnend unter der Last ihrer inneren Spannung.

Den jungen ebenso frischgebackenen Hausherren verlässt, trotz der großen und heißen Liebe, mehr und mehr die Geduld, bis er irgendwann seine junge Frau - so ruhig und gelassen wie möglich – fragt, wo denn eigentlich ihr Problem stecke und wie er ihr dabei helfen könne... ? Aber zuerst müsse sie selbst ganz klar und deutlich erkennen, worin ihr unermesslich schweres – Dilemma - überhaupt besteht, um es anschließend auch sagen zu können. So erklärt sie ihm dann, dass das Problem von daher rühre, dass sich keine der bisher gesehenen Stühle mit dem schon gekauften Dreisitzer – vertragen - würden...!

Nach dieser Offenbarung umarmt der junge (und weise) Bräutigam seine verzweifelte Braut, streicht ihr über das Haar und flüstert ihr zärtlich ins Ohr:
- Liebling, weißt du was, wir kaufen die nächst besten Stühle. Und ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich höchstpersönlich in der Zukunft dafür sorgen werde, dass sich das neu gekaufte Inventar mit dem würdigen Dreisitzer vertragen und ihn nicht ärgern… oder nicht dass er, Gottbewahre, selbst anfängt, die niedlichen, naiven, unschuldigen und verspielten Sesselchen durch die Wohnung zu jagen...


- M -
 
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