Manchmal wundere ich mich schon, welche Ansichten hier vertreten werden. So ging es kürzlich um die Qualifikation unserer Staatslenker, wobei mir erwidert wurde, es sei egal, wer diese Posten besetzt. Hä? Wie? Mir ist schon klar, dass es Standpunkte gibt, von denen aus es gleichgültig ist, ja. Aus geistiger Sicht ist dem so, da ist es aber auch egal, ob wir noch leben, oder nicht mehr. So lange wir hier aber auf dem Erdboden herumlaufen oder fahren, ist die Qualität des Führungspersonals von großer Bedeutung, weil von ihren Entscheidungen unsere Lebensqualität stark abhängig ist. Dann kommt es mir so vor, als würde Demokratie (soweit sie tatsächlich besteht) irgendwie falsch verstanden wird. Demokratie heißt eben nicht, dass jede Reinigungskraft auch einmal Kanzler oder Minister werden könnte, sondern nur, dass sich die politische Führung am Gemeinwohl zu orientieren hat. Normale Leute, wie ich und du, sollen dabei gerne mitarbeiten und auch im Parlament sitzen, wie es ja auch geschrieben steht. Aber, sie sollen für die höchsten und einflussreichsten Posten nur dann in Frage kommen, wenn sie dafür qualifiziert sind. Dann, so heißt es, solle das Amt zur Person kommen und nicht umgekehrt, was aber der Fall ist. Wir sollten sagen: "Komm, Moebius, sei so gut und werde unser Präsident". Dann kann er sich entscheiden, ob er sich das antun will, oder nicht. Wie läuft es aber im RL? 1980 hat Helmut Kohl mit der geballten Faust auf den Tisch gehauen und zornig ausgerufen: "Ich will Bundeskanzler werden!" Das Ergebnis kennen wir alle. 15 Jahre später hat Gerhard Schröder am Zaun des Bundeskanzleramts gerüttelt und ausgerufen:"Ich will da rein". Auch er hat es geschafft, seinen persönlichen Ehrgeiz auf unser aller Kosten zu befriedigen. Er ist das prächtigste Radieschen, das jemals auf einem SPD-Acker stand. Wirklich dazu gehört hat er nie, er war und ist nur außen rot, hat die SPD missbraucht und die Drecksarbeit für die CDU und die FDP erledigt. Ja, genau dort sind wir heute: wir werden geführt von Leuten, die für ihre Ämter zwar nicht qualifiziert sind, sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsdefizite, oder genauer zu deren Kompensation (Ich bin wichtig!) erreichen, durch ihre einzig wahre Stärke, nämlich dem unbändigen Willen, sich über andere zu erheben. Genau das ist unser heutiges Übel. Sie sind antidemokratische Einzelgänger, die alle wichtigen Posten, wie Diktatoren auch, mit Personen ihres Vertrauens besetzen. Loyalität ist das oberste Prinzip, weit vor der fachlichen Kompetenz. Und weil das so ist, haben gute Leute keine Chance mehr, in den Regierungsklüngel vorzudringen. Wir werden regiert von einer kleinen eingeschworenen Clique, einer geschlossenen Gesellschaft, die peinlichst genau darauf achtet, dass sie unter sich bleibt und ihre Macht nicht gefährdet wird. Die Belange des Staats und der Bevölkerung kamen so unter die Räder.
Dabei müüste es ganz anders sein. Nicht die Macht- und Vorteilsgeilsten sollten entscheiden, sondern die Klügsten. Leute, die souverän genug sind, unabhängig von ihren Privatinteressen im Sinne der Allgemeinheit zu denken und entscheiden. Wäre dem so, wir hätten keine Merkels und Wullfs, keine Westerwelles und Kauders, sondern Leute, die jetzt in ihrer eichenhölzernen Bibliothek sitzen und nur den Kopf schütteln, in Anbetracht des abstrusen Schauspiels, das von den Regierungen derzeit inszeniert wird.