Zwar habe ich im Thread „Die Wurzeln und die Macht des Hasses“ schon darüber geschrieben, aber das Thema erscheint mir mit ihren eventuellen gefährlichen politischen Folgen so wichtig, dass ich es hier nochmals zur Diskussion stellen möchte.
Schon der missverstandene Vortrag des Papstes und die irrationale Hasswelle die dies ausgelöst hatte waren sehr bedenklich. Auch darüber habe ich im oben erwähnten Thread geschrieben. Doch nun wird in Deutschland, mir scheint es für das erste mal nach dem Krieg, etwas weiter gegangen: es wird zur Selbstzensur gegriffen.
Kurz nochmals die Fakten:
An der Deutschen Oper in Berlin wurde Mozarts Idomeneo abgesetzt. Der Grund: in einer Szene wird der abgeschlagene Kopf Mohammeds gezeigt – dazu muss ich aber gleich vermerken: in dieser Oper sterben sie ja alle, nicht nur Mohammed, sondern auch Poseidon, Jesus und Buddha – deren abgeschlagene Köpfe triumphierend von Idomeneo, König von Kreta, präsentiert werden.
Zwar findet sich diese Szene nicht in der Originalfassung Mozarts, aber seit 2003 in der Version des Regisseurs Hans Neuenfels.
Dabei möchte ich kurz erwähnen, dass ich die sehr gewagten Inszenierungen von Neuenfels im Allgemeinen nicht mag – doch sie sind immer auch Anlass für Auseinandersetzungen die inhaltlich interessant sind. Zum Teil lebt ja unsere Kultur aus diesen kontroversen Diskussionen - und auch dies trägt dazu bei, dass sie sich besser definieren kann.
Was ist eigentlich Neuenfels Grundgedanke in seiner Inszenierung des Idomeneo? Der Regiseur zeigt symbolisch, dass der Mensch sich gegen die Allmacht der Götter auflehnen kann und auch soll.
Idomeneo, der Kreterkönig, lehnt sich gegen den Befehl der Götter auf seinen Sohn Idamantes zu opfern - und dies betrifft in der Auslegung von Neuenfels nicht nur Poseidon, sondern auch die großen Glaubensrichtungen und auch die Religionskriege. Doch weil es dabei unter anderen auch um Mohammed geht, hat man an der Oper kalte Füße gekriegt und greift, sicherheitshalber zur Selbstzensur.
Es ist m.E. zum falschen Zeitpunkt das falsche Signal – noch dazu in unmittelbarer zeitlichen Nähe zur Eröffnung der Islamkonferenz. Diese hat sich auch gleich beeilt diese Selbstzensurmaßnahme zu begrüßen. Ausnahme die türkischen Vereinigungen, die diese Selbstzensur auch bedenklich finden.
Die Gründe für die Streichung der Oper sind offensichtlich und heißen: Mohammedkarikaturen, Reaktionen auf die (nach meiner Meinung gewollt missverstandenen) Papstrede aus der islamischen Welt - und damit nenne ich nur Ereignisse die in der letzten Zeit stattgefunden haben.
Wie ich schon zeigte im Thread über den Hass, gaben manche derer die sich empört artikulierten über den Papsvortrag zu, dass sie diesen Vortrag eigentlich nicht gehört haben und auch nicht kennen.
Und was findet im Augenblick hier statt? Man passt sich dem an, man hat die Lektion verstanden, bejaht damit eine Mentalität gegen die schon Voltaire im 18. Jahrhundert gekämpft hat. Wir kehren zurück ins Mittelalter, denn oft ist das Gedankengut des Islams so wie es von einigen nach außen getragen wird und eigentlich dadurch Grundsätzliches aus der Islamlehre selbst verfälscht, nur im Mittelalter noch zu finden.
Lange ist es her, dass die Aufklärung gegen diese rückständischen Gedanken gekämpft hat – und wir sind uns gar nicht bewusst was wir alles dieser Bewegung zu verdanken haben. Unsere ganze Gedankenfreiheit, besser gesagt die Freiheit sich zu äußern, basiert darauf.
Vielleicht wird es Zeit wieder mal die großen Denker der Aufklärung zu lesen um zu verstehen was nun auf dem Spiel steht.
Nochmals zurück zum Vorfall an der Berliner Oper: wenn man Gedankenfreiheit so schnell aufgibt, wenn man die kulturelle Selbstzensur einführt, muss man sich fragen was sich die Kultur hierzulande selber noch wert ist.
Grüße von Miriam
Schon der missverstandene Vortrag des Papstes und die irrationale Hasswelle die dies ausgelöst hatte waren sehr bedenklich. Auch darüber habe ich im oben erwähnten Thread geschrieben. Doch nun wird in Deutschland, mir scheint es für das erste mal nach dem Krieg, etwas weiter gegangen: es wird zur Selbstzensur gegriffen.
Kurz nochmals die Fakten:
An der Deutschen Oper in Berlin wurde Mozarts Idomeneo abgesetzt. Der Grund: in einer Szene wird der abgeschlagene Kopf Mohammeds gezeigt – dazu muss ich aber gleich vermerken: in dieser Oper sterben sie ja alle, nicht nur Mohammed, sondern auch Poseidon, Jesus und Buddha – deren abgeschlagene Köpfe triumphierend von Idomeneo, König von Kreta, präsentiert werden.
Zwar findet sich diese Szene nicht in der Originalfassung Mozarts, aber seit 2003 in der Version des Regisseurs Hans Neuenfels.
Dabei möchte ich kurz erwähnen, dass ich die sehr gewagten Inszenierungen von Neuenfels im Allgemeinen nicht mag – doch sie sind immer auch Anlass für Auseinandersetzungen die inhaltlich interessant sind. Zum Teil lebt ja unsere Kultur aus diesen kontroversen Diskussionen - und auch dies trägt dazu bei, dass sie sich besser definieren kann.
Was ist eigentlich Neuenfels Grundgedanke in seiner Inszenierung des Idomeneo? Der Regiseur zeigt symbolisch, dass der Mensch sich gegen die Allmacht der Götter auflehnen kann und auch soll.
Idomeneo, der Kreterkönig, lehnt sich gegen den Befehl der Götter auf seinen Sohn Idamantes zu opfern - und dies betrifft in der Auslegung von Neuenfels nicht nur Poseidon, sondern auch die großen Glaubensrichtungen und auch die Religionskriege. Doch weil es dabei unter anderen auch um Mohammed geht, hat man an der Oper kalte Füße gekriegt und greift, sicherheitshalber zur Selbstzensur.
Es ist m.E. zum falschen Zeitpunkt das falsche Signal – noch dazu in unmittelbarer zeitlichen Nähe zur Eröffnung der Islamkonferenz. Diese hat sich auch gleich beeilt diese Selbstzensurmaßnahme zu begrüßen. Ausnahme die türkischen Vereinigungen, die diese Selbstzensur auch bedenklich finden.
Die Gründe für die Streichung der Oper sind offensichtlich und heißen: Mohammedkarikaturen, Reaktionen auf die (nach meiner Meinung gewollt missverstandenen) Papstrede aus der islamischen Welt - und damit nenne ich nur Ereignisse die in der letzten Zeit stattgefunden haben.
Wie ich schon zeigte im Thread über den Hass, gaben manche derer die sich empört artikulierten über den Papsvortrag zu, dass sie diesen Vortrag eigentlich nicht gehört haben und auch nicht kennen.
Und was findet im Augenblick hier statt? Man passt sich dem an, man hat die Lektion verstanden, bejaht damit eine Mentalität gegen die schon Voltaire im 18. Jahrhundert gekämpft hat. Wir kehren zurück ins Mittelalter, denn oft ist das Gedankengut des Islams so wie es von einigen nach außen getragen wird und eigentlich dadurch Grundsätzliches aus der Islamlehre selbst verfälscht, nur im Mittelalter noch zu finden.
Lange ist es her, dass die Aufklärung gegen diese rückständischen Gedanken gekämpft hat – und wir sind uns gar nicht bewusst was wir alles dieser Bewegung zu verdanken haben. Unsere ganze Gedankenfreiheit, besser gesagt die Freiheit sich zu äußern, basiert darauf.
Vielleicht wird es Zeit wieder mal die großen Denker der Aufklärung zu lesen um zu verstehen was nun auf dem Spiel steht.
Nochmals zurück zum Vorfall an der Berliner Oper: wenn man Gedankenfreiheit so schnell aufgibt, wenn man die kulturelle Selbstzensur einführt, muss man sich fragen was sich die Kultur hierzulande selber noch wert ist.
Grüße von Miriam