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Die Macht der Angst - und wie sie unser Leben bestimmt

Miriam schrieb:
Anstieg der Ängste

Nach einer heute veröffentlichten Studie der "R + V-Versicherung" blickt jeder zweite Deutsche mit großer Sorge in die Zukunft. Die Menschen fürchten vor allem einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit, eine stetige Talfahrt der Wirtschaft sowie steigende Preise. Gleichzeitig ist die Ansicht verbreitet, dass die Politiker mit der Lösung der aktuellen Probleme überfordert sind. Die "R+V-Versicherung" hat zum 15. Mal rund 2400 Deutsche nach ihren Ängsten befragt.
Dabei stieg der Anteil der Menschen, die große Ängste äußern in den letzten 15 Jahren von 25 auf jetzt 52 Prozent. Am meisten erhöht hat sich die Angst vor Arbeitsplatzverlust und schwerer Krankheit.
(Kulturzeitnachrichten vom 8.9.05)
(Rothervorhebung von mir!)

Und? Hilft diese Angst? Verlieren wir dadurch keine Arbeitsplätze?
Das sind die Fragen, die mir bei solchen Meldungen zuerst einfallen!

Die Fragen, die die Hintergründe der Angst aufspüren sollen, sollten hier gestellt werden. Was fürchtet man denn, wenn man Angst hat, die Arbeit zu verlieren? Es ist die Angst, seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können, die Existenzangst. Keine Arbeit = kein Geld. Kein Geld = kein Dach über dem Kopf, kein Auto, kein Essen, keine Kleidung. Nichts von all den Dingen, die wir zum Überleben brauchen. Letztlich ist es die Angst vor dem Tod. Die Angst entsteht aus der Überlegung: Wenn ich nichts habe, dann muss ich sterben.

Um diese Angst nicht spüren zu müssen, lassen wir uns be- und ausnützen, verbiegen wir uns, halten den Mund um den Chef nicht zu verärgern, erlauben wir uns keine Ruhepausen, rackern wir uns ab, damit sich wenigstens unsere Kinder sicherer fühlen sollen, usw. usw. Und wir wünschen uns Politiker, die uns versprechen uns zu beschützen, dort wo wir uns selber nicht helfen können, so wie ein Kind seinen Papa braucht, um sich sicher zu fühlen.

Wenn aber das alles nichts nützt, wenn das Auto weg ist, wenn der Arbeitsplatz weg ist, wenn du krank bist, wenn du vielleicht auch noch allein übrig bleibst, dann bist du trotzdem nicht tot. Du lebst weiter, anders als vorher, aber du lebst. Wenn du jedoch alles, was du vorher gefürchtet hast, selbst erlebst, dann hast du auf einmal keine Angst mehr. Es war dir vorher nur unbekannt, dass es auch anders geht. Du lebst nicht, weil du etwas hast, du lebst, weil du bist. Auch ohne sicheren Arbeitsplatz.
Angst, etwas zu verlieren, kann nur der haben, der schon etwas hat. Das sollte man hier auch mal in Erinnerung rufen.

Das ist keine Theorie, das ist meine Erfahrung und mein Leben!

Berichte vom Anstieg der Ängste dienen nur den Umsätzen von Versicherungen. Als ob die verhindern könnten, dass einer die Arbeit verliert oder krank wird.
Die, die diese Versicherung brauchen würden, können sich oft die Prämien gar nicht leisten.

herzlich
lilith
 
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Die gestrige delta-Sendung fand ich wiedermal sehr spannend, durch die vielen Aspekte die angesprochen wurden, unter anderem durch die neuesten Erkenntnissen der Neurobiologie, auf die ich vielleicht nochmals zurück kommen werde.

Was mich in erster Linie sehr interessierte, war der Vergleich zwischen der westlichen und der östlichen Kultur - in Bezug auf Angstbewältigung. Hier scheint es tatsächlich so zu sein, dass der Westen noch vieles vom Osten lernen könnte. Vielleicht ist es die Orientierungslosigkeit, das Fehlen der Vorbilder, die das Problem der ansteigenden Ängste im Westen, wenigstens zum Teil erklärt.

Ein solches Vorbild ist zum Beispiel der Dalai Lama.

Anlässlich eines Symposiums an der Technischen Hochschule Zürich zum Thema "Angst und Furcht" - erklärte der Dalai Lama, dass Angst oft auf einem falschen Verständnis der Realität beruht. In der westlichen Welt, ist das Denken auf ein autonomes Ich zentriert.
Doch unser Ich, unser Ego, ist sehr verletzbar. Das ganze Gerüst das aufgebaut wird um das Ego vor Verletzungen zu schützen, ist eigentlich eine Scheinwelt, die aus Erfolg, Macht, materiellem Reichtum, Schönheit, besteht.
Dabei geht die Spiritualität zum grossen Teil verloren.

Es waren die christlichen Amtskirchen selber, die die Mystik und die Spiritualität bekämpft haben. Wurden da vielleich Werte verbannt, die der Mensch suchte um sein Ich zu schützen?

Dies veranlasste viele, nach Spiritualität in fernöstlichen Ländern zu suchen. Eigentlich bedeutete diese Suche nach Spiritualität, hauptsächlich die Suche nach einer Antwort auf ihre Ängste.
Inzwischen werden auch in der westlichen Welt diese Wege zur Spiritualität wieder entdeckt und auch angeboten.
Ein Beispiel dafür ist die Klinik Heiligenfeld, deren Konzept im Grunde darauf beruht, dass der Mensch in sich selbst seine Fähigkeit wiederentdecken muss, mit seinen Ängsten umzugehn.
Dies setzt einen langen Weg der "Arbeit am Selbst" voraus, den der einzelne auch gewillt sein müsste, zu gehen.
 
Hallo Miriam,
ich kann zur zeit nur wenig im Forum sein und habe auch die delta Sendung nicht gesehen.

aber zur hier diskutierten Problematik möchte ich mal was grundsätzliches sagen.
Es werden meistens zwei Begriffe durcheinandergeworfen: Furcht und Angst.


Eine Furcht ist gerichtet.
Auch wenn jemand sagt, ich habe angst an meiner Krankheit zu sterben, so meint er doch, entweder fürchtet er die Schmerzen und Hilflosigkeit oder letztlich auch den endgültigen Abschied von dieser Welt.

Eine Furcht kann begründet sein oder nicht, wenn nicht, wird sie als begründet empfunden.
Etwa die Befürchtung der Leute im Wendland vor dem unter der Erde lagernden Atommüll.

Eine Angst aber ist persönlichkeitsbedingt, ein gutes Beispiel ist die Höhenangst oder die Angst vor geschlossenen räumen. Der betroffenen fürchtet ja nicht, daß er runterfällt, denn es sind sichere Gitter da, er fürchtet nicht zu ersticken, denn es surrt die Klimaanlage, er hat einfach Angst.
Viele Leute haben auch Angstgefühle ohne daß sie sagen können „wovor sie Angst haben“.

gruß von claus

ps
ich „habe Angst“ vor rot-rot-grün,
weil ich den damit verbunden unaufhaltsamen Abstieg Deutschlands fürchte.
 
Danke Dir Claus, für diese sehr gute Präzisierung der Begriffe Furcht und Angst, die wir tatsächlich oft nicht gut voneinander unterscheiden oder auch falsch gebrauchen.
Um alleine beim Sprachgebrauch zu bleiben: ob es nun um Angst oder Furcht geht, das Verbum heisst immer sich fürchten. Denn sich ängstigen klingt m.E. etwas gesteltzt.

Sollte jemand die drei Gesprächsrunden der letzten delta-Sendung in einem Videostream sehen wollen, dann gibt ein:

www.3sat.de/delta

und dann auf delta-Web-TV klicken.

Ich werde nochmals zurückkommen auf einige Punkte dieser Gesprächsrunden.

ps:

Claus, ich habe Angst vor schwarz-gelb und die Folgen, aber es freut mich, dass wir uns hier unsere gegensätzlichen Befürchtungen mitteilen können, ohne uns die Köppe einzuschlagen.

Was ich wähle, bleibt natürlich mein Geheimnis.... :dontknow:
 
Ich komme nochmals zurück auf einige Aspekte dieser sehr informativen Diskussion der drei Gäste der Sendung und des Moderators, Gert Scobel.

Ein Aspekt den ich hier wiedergeben möchte, bezieht sich auf unsere Phantasie. Einerseits kann diese auch Ängste produzieren, die sich dann natürlich unterscheiden von den Elementarängsten, die ihren Ursprung in der Realität haben.
Es gibt sicherlich unterschiedliche Ressourcen, die uns erlauben mit den Ängsten umzugehn, ihnen entgegen zu wirken, und diese sind hauptsächlich bedingt von den unterschiedlichen Kulturen.

Aber unsere Phantasie erzeugt nicht nur Ängste, sie ist diejenige die auch unsere Hoffnungen bestimmen kann.
Die Hoffnungen, sind meisst Modelle für die Zukunft, die wir dank unserer Phantasie entwerfen. Diese Modelle sind die Antwort, oder die Lösung der momentanen Problematik. Es sind diese Entwürfe, diese Hoffnungen, die stark geprägt oder konditioniert sind von den Kulturen denen wir angehören. Eine solche projezierte Welt, ist so zu sagen die andere Möglichkeit die wir entwerfen.
Auch dies kann gewissermassen von Ängsten begleitet werden, denn es bedeutet, das Gewohnte zu verlassen um uns einer neuen Situation auszusetzen.
Doch je öfter solche projezierte Welten mit einer positiven Erfahrung verbunden sind, also mit einem Gelingen, wächst das Vertrauen.
Und letztendlich ist das Vertrauen das beste Mittel gegen die Angst.
 
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Hallo Miriam,
da fragt mich jemand per mail, ob ich jetzt so wenig Zeit fürs forum habe, weil ich die in den Wahlkampf für schwarzgelb invstiere.
Nein, so ist es nicht, ich arbeite an einem größeren Projekt, das wird auch noch einige Wochen über den 18.9 hinaus dauern. Es gibt keine Partei, deren Programm ich so sehr akzeptiere, daß ich dafür in den Wahlkampf ziehen würde.

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Claus, ich habe Angst vor schwarz-gelb und die Folgen, aber es freut mich, dass wir uns hier unsere gegensätzlichen Befürchtungen mitteilen können, ohne uns die Köppe einzuschlagen.
meine Befürchtung ist, daß die Leute, die richtig viel Steuern zahlen und Geld haben, mit der zeit alle ins Ausland gehen, prominente Beispiele gibt es ja genug. Und was noch schlimmer ist, die Industrie geht auch, dank der hohen Energiekosten und der Knebel-vorschriften.

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Was ich wähle, bleibt natürlich mein Geheimnis....
Ich habe da keine Geheimnisse, bin aber noch unentschlossen, deshalb kann ich nicht sagen, ob ich schwarz oder gelb wähle :)

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Um alleine beim Sprachgebrauch zu bleiben: ob es nun um Angst oder Furcht geht, das Verbum heisst immer sich fürchten. Denn sich ängstigen klingt m.E. etwas gesteltzt.
können wir uns so einigen:
das Verbum heißt : Angst haben
bzw sich fürchten vor

gruß von claus
 
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