Mara
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Die Einsamen (hermann hesse)
Es gibt schüler einer jungen philosophie, welche abende lang in festlichen häusern sich gemiensam in großer zahl der einheit ihrer erkenntnis freuen und in begeisteter schar auf gemeinsam erstiegenen berghöhen die aufsteigende mütterliche sonne begrüßen. Es gibt gemeinschaften, in welchen bauern, schuhmacher und tagelöhnner zusammen leben, um in ängstlich engen ärmlichen stuben die bibel zu lesen und erbauende auslegungen jüdischer propheten zu ersinnen. Und es gibt fein erzogene rafinierte ästheten, welche abende und tage gemeinsam zubringen, auf knieen vor der schönheit, in räumen , deren wände mit blassen, ausgesucht edlen gobelins geschmückt sind und die von den reinen takten kunstreicher verse oder einer auserlesenen musik ertönen.
Diese alle, die philosophen der neuen erkenntnis, die pietisten und die ästheten, stehen über dem leben des alltags, pflegen den verkehr mit dem ewigen und wissen die schicksale des äußeren lebens auf eine große idee, auf ihre idee zu beziehen.
Aber neben ihnen und dem pöbel des alltags gibt es noch die große zahl der ungemeinsamen, die in schweigen verborgene brüderschaft der einsamen, von welcher nur selten der schrei einer laut gewordenen ungewöhnlichen seele kunde gibt. Auf dem grund ihres lebens liegt das ungenügen, das heimweh und die resignation. Der weiche, dunkle grund raubt allen bildungen ihres lebens den glanz der starken umrisse, das feuer der kräftigen farben und die tatsächlichkeit der entschiedneen bewegung; an deren stelle aber verleiht er den zauber des ungewissen, den blauen duft der ferne, die gedämpfte musik des helldunkels und die schöne tieftönige schwermut der stimmung.
Man könnte viele mit namen nennen, deren leben und deren schöfpungen auf diesen, schweren, traurigschönen grund gemalt sind und deren wahres wesen allen nichteinsamen geheimnisvoll und rätselhaft ist. Man könnte viele gestalten beschwören von weisen, dichtern, künstlern, gestalten von wunderbarem adel, scharfgezeichnete, großartige häupter mit ernsten stirnen und tief gefurchten zügen – menschen, die ihr leben lang allein und vom eigenen herzblut lebten, denen die gabe der selbstflucht, der geselligkeit, ja der freundschaft versagt war. Entfernte freunde weinten bei ihrem tode, der sie einsam traf und späte geschlechter liebten sie mit scheu und mit erstaunen.
Unzählig aber ist die schar der einsamen, deren leben ohne licht und ruhm verklingt. Sie sind fremdlinge in den gassen ihrer städte. Sie passen nicht in die harmonien des äußeren lebens, und sie wissen nicht, ob sie zu gut oder zu schlecht für dieses leben sind.
Diese meine brüder will ich mit meinen blättern grüßen, alle jene, die zum orden der flüchtigen und heimatlosen gehören, und denen die ritterschaft des leides und der einsamkeit ihren schmerzlichen schönen adel verleiht. Ich weiß, dass unter ihnen einigee mich gelten lassen und lieben werden.
Es gibt schüler einer jungen philosophie, welche abende lang in festlichen häusern sich gemiensam in großer zahl der einheit ihrer erkenntnis freuen und in begeisteter schar auf gemeinsam erstiegenen berghöhen die aufsteigende mütterliche sonne begrüßen. Es gibt gemeinschaften, in welchen bauern, schuhmacher und tagelöhnner zusammen leben, um in ängstlich engen ärmlichen stuben die bibel zu lesen und erbauende auslegungen jüdischer propheten zu ersinnen. Und es gibt fein erzogene rafinierte ästheten, welche abende und tage gemeinsam zubringen, auf knieen vor der schönheit, in räumen , deren wände mit blassen, ausgesucht edlen gobelins geschmückt sind und die von den reinen takten kunstreicher verse oder einer auserlesenen musik ertönen.
Diese alle, die philosophen der neuen erkenntnis, die pietisten und die ästheten, stehen über dem leben des alltags, pflegen den verkehr mit dem ewigen und wissen die schicksale des äußeren lebens auf eine große idee, auf ihre idee zu beziehen.
Aber neben ihnen und dem pöbel des alltags gibt es noch die große zahl der ungemeinsamen, die in schweigen verborgene brüderschaft der einsamen, von welcher nur selten der schrei einer laut gewordenen ungewöhnlichen seele kunde gibt. Auf dem grund ihres lebens liegt das ungenügen, das heimweh und die resignation. Der weiche, dunkle grund raubt allen bildungen ihres lebens den glanz der starken umrisse, das feuer der kräftigen farben und die tatsächlichkeit der entschiedneen bewegung; an deren stelle aber verleiht er den zauber des ungewissen, den blauen duft der ferne, die gedämpfte musik des helldunkels und die schöne tieftönige schwermut der stimmung.
Man könnte viele mit namen nennen, deren leben und deren schöfpungen auf diesen, schweren, traurigschönen grund gemalt sind und deren wahres wesen allen nichteinsamen geheimnisvoll und rätselhaft ist. Man könnte viele gestalten beschwören von weisen, dichtern, künstlern, gestalten von wunderbarem adel, scharfgezeichnete, großartige häupter mit ernsten stirnen und tief gefurchten zügen – menschen, die ihr leben lang allein und vom eigenen herzblut lebten, denen die gabe der selbstflucht, der geselligkeit, ja der freundschaft versagt war. Entfernte freunde weinten bei ihrem tode, der sie einsam traf und späte geschlechter liebten sie mit scheu und mit erstaunen.
Unzählig aber ist die schar der einsamen, deren leben ohne licht und ruhm verklingt. Sie sind fremdlinge in den gassen ihrer städte. Sie passen nicht in die harmonien des äußeren lebens, und sie wissen nicht, ob sie zu gut oder zu schlecht für dieses leben sind.
Diese meine brüder will ich mit meinen blättern grüßen, alle jene, die zum orden der flüchtigen und heimatlosen gehören, und denen die ritterschaft des leides und der einsamkeit ihren schmerzlichen schönen adel verleiht. Ich weiß, dass unter ihnen einigee mich gelten lassen und lieben werden.