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Determinismus Kindheit

Tailor

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7. Juli 2009
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161
"Dein Kindermädchen hat dir ein Mal den Mund zugehalten und 40 Jahre später fragst du dich, warum du dich schon wieder scheiden lässt."

-Inwieweit prägen Erfahrungen aus der Kindheit das weitere Leben- und den Charakter? Gibt es da eine mathematische Gleichung x plus x minus y = Z, mal Ausprägungsgrad x, y, z, wobei eine der Variablen dann z.B. die Genetik umfasst? Ich weiß, das ist pauschal- ich denke ihr wisst, wie es gemeint ist.. sind wir "berechenbar"?
 
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AW: Determinismus Kindheit

"Dein Kindermädchen hat dir ein Mal den Mund zugehalten und 40 Jahre später fragst du dich, warum du dich schon wieder scheiden lässt."

-Inwieweit prägen Erfahrungen aus der Kindheit das weitere Leben- und den Charakter? Gibt es da eine mathematische Gleichung x plus x minus y = Z, mal Ausprägungsgrad x, y, z, wobei eine der Variablen dann z.B. die Genetik umfasst? Ich weiß, das ist pauschal- ich denke ihr wisst, wie es gemeint ist.. sind wir "berechenbar"?
Hallo !

Ich persönlich glaube, dass uns die ersten 20 Jahre am meisten für das Leben prägen und unter den ersten 20 Lebensjahren wiederum die ersten 4 Jahre; respektive sind wir bis zum 20. Lebensjahr noch form- und lenkbar (was ja auch nicht unbedingt zum Guten gereichen muss).

Was die Berechenbarkeit unseres späteren Verhaltens auf Grund unserer Erlebnisse in der Kindheit betrifft, bin ich etwas skeptisch. Ob wir alles aus unserer Kindheit erzählen, hängt ja nicht nur davon ab, ob wir uns an alles erinnern können, es liegt ja meist auch so tief, dass eine gediegene Vertrauensbasis zu den Menschen vorhanden sein muss, die glauben, die Informationen zu brauchen bzw. ein Recht darauf zu haben.

Noch immer gilt diesbezüglich mMn der vor Jahrhunderten geprägte Satz: "Der Mensch ist ein Produkt aus Milieu und Vererbung". Wobei die Erziehung zum Milieu zählt.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Determinismus Kindheit

Hallo zurück,

Ich persönlich glaube, dass uns die ersten 20 Jahre am meisten für das Leben prägen und unter den ersten 20 Lebensjahren wiederum die ersten 4 Jahre;

Dem würde ich mich, rein subjektiv betrachtet da ich es nicht besser weiß, anschließen- aber was heißt das dann z.B. für ein Kind wie "Mogli" (http://www.n24.de/news/newsitem_5090841.html), und das betrifft ja die ersten 4 Lebensjahre in etwa..

Was die Berechenbarkeit unseres späteren Verhaltens auf Grund unserer Erlebnisse in der Kindheit betrifft, bin ich etwas skeptisch. Ob wir alles aus unserer Kindheit erzählen, hängt ja nicht nur davon ab, ob wir uns an alles erinnern können, es liegt ja meist auch so tief, dass eine gediegene Vertrauensbasis zu den Menschen vorhanden sein muss, die glauben, die Informationen zu brauchen bzw. ein Recht darauf zu haben.

Und vielleicht so tief, dass wir keine Erinnerung mehr daran haben- oder es verdrängt haben

Noch immer gilt diesbezüglich mMn der vor Jahrhunderten geprägte Satz: "Der Mensch ist ein Produkt aus Milieu und Vererbung". Wobei die Erziehung zum Milieu zählt.

:) Ja- daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.. also lösbare Gleichung und im Grunde komplett determiniert. ? . Wo entwickelt sich da das Individuum, unabhängig von diesen Faktoren..

Verwirrte Grüße
Tailor
 
AW: Determinismus Kindheit

Hallo Tailor !

Zitat von mir:
Noch immer gilt diesbezüglich mMn der vor Jahrhunderten geprägte Satz: "Der Mensch ist ein Produkt aus Milieu und Vererbung". Wobei die Erziehung zum Milieu zählt.

Deine Reaktion:
Ja- daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.. also lösbare Gleichung und im Grunde komplett determiniert. ? . Wo entwickelt sich da das Individuum, unabhängig von diesen Faktoren..

Verwirrte Grüße
Tailor
Wir hatten hier schon große Diskussionen, ob der Mensch überhaupt einen freien Willen hat; ich tendiere eher zu ja, zumindest haben wir alle einen eigenen Willen, wir müssen aber schon in uns gehen. Die Individualität kann sich nur dann entwickeln, wenn sich das Individuum immer wieder selbst fragt, quasi in sich geht, wen oder was es denn will, liebt, hasst, bewundert, glaubt, verachtet etc und diese Fragen auch aufrichtig beantwortet.

Die Psychologie hat ja - soweit ich informiert bin - relativ gründlich bewiesen, das kein Mensch in jeder Hinsicht dem anderen gleicht, dass wir - auch unsere jeweiligen Erlebnisse einbeziehend - auch unter uns einzigartig sind.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Determinismus Kindheit

Ich wollte ursprünglich gar nicht in die philosophische Richtung, aber das Thema bringt das wohl mit sich und wird deshalb so unüberschaubar.
Danke dir für deine Antworten Zeili, wenngleich ich das Gefühl habe, selbst an meiner ursprünglichen Frage vorbeigeredet zu haben.
Ich versuch es noch einmal, weil es mich schon länger beschäftigt und ich mich dabei- wie man sieht- im Kreis drehe, bzw. abschweife. Ich berufe mich mal auf das allgegenwärtige Beispiel :reden:
Michael Jackson: Maltretiert von einem tyrannischen Vater bis in die Jugend, tagtäglich gehänselt wegen seiner angeblich zu dicken Nase und seines Aussehens- es scheint doch so, dass sein ganzes Leben gar nicht anders verlaufen konnte, als in der Flucht vor der Welt und Realität, der äußerlichen Veränderung, der Suche nach der "verlorenen Kindheit" (die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs jetzt mal ausgeklammert!) auf Neverland. Ich frage mich, ob so ein Mensch überhaupt eine Möglichkeit hat, sich diesem praktisch vorprogrammierten Schicksal zu entziehen- und bin zugegebenermaßen wieder beim freien Willen, suche aber wohl eher eine psychologische oder greifbarere Antwort..
:nudelwalk
 
AW: Determinismus Kindheit

Ich frage mich, ob so ein Mensch überhaupt eine Möglichkeit hat, sich diesem praktisch vorprogrammierten Schicksal zu entziehen- und bin zugegebenermaßen wieder beim freien Willen, suche aber wohl eher eine psychologische oder greifbarere Antwort..
:nudelwalk
Such doch mal nach einem Gegenbeispiel zu MJ. Mir fällt aber auch gerade keins ein :nudelwalk
Grundsätzlich hat doch jeder die Möglichkeit sein (Nicht-)Tun zu hinterfragen. Ich glaube aber bei vielen Menschen die Tendenz zu erkennen, sich lieber von derlei Fragen abzulenken. Wer konsequent die Augen verschließt, dessen Leben ist sicher mehr von der Kindheit determiniert.
Wieviel "Nicht-Determinismus" unser freier Wille einbringen kann, darüber lässt sich trefflich streiten. Aussagen nach dem Motto "der Mensch ist soundso" scheinen aber nie so richtig zu helfen, weil immer ist doch wieder einer anders.

Weißte wie ich meine?

Johannes
 
AW: Determinismus Kindheit

"Dein Kindermädchen hat dir ein Mal den Mund zugehalten und 40 Jahre später fragst du dich, warum du dich schon wieder scheiden lässt."

-Inwieweit prägen Erfahrungen aus der Kindheit das weitere Leben- und den Charakter? Gibt es da eine mathematische Gleichung x plus x minus y = Z, mal Ausprägungsgrad x, y, z, wobei eine der Variablen dann z.B. die Genetik umfasst? Ich weiß, das ist pauschal- ich denke ihr wisst, wie es gemeint ist.. sind wir "berechenbar"?

Vice versa:
"Unser Kindermädchen hat uns meistens sehr
nett (lieb) behandelt und hat viel Verständnis
für unsere kindlichen "Unarten" (Unartigkeiten)
aufgebracht ..."

Wie könnte/müsste/sollte/würde so ein Satz hier
weitergehen? :confused:
 
AW: Determinismus Kindheit

Aha! :blume1:
-also. Nochmal zurück zu Zeili und Darwin, zusammen mit 'nem Gegenbeispiel:

"Tiere aus ein und derselben Familie können sich in getrennten Lebensräumen völlig unterschiedlich entwickeln. Hypacrosaurus und Bactrosaurus gehörten zu den Entenschnabel-Dinosauriern und entstanden aus demselben Vorfahr. Hypacrosaurus lebte in Nordamerika, war 9 m hoch und trug einen halbkreisförmigen Kamm auf dem Kopf. Der zentralasiatische Bactrosaurus dagegen brachte es nur auf eine Höhe von 4 m. Als die Kontinente auseinanderdrifteten, entwickelten beide Gattungen eigene Linien, weil sie sich ihrer Umgebung anpassen mussten."

Das entspricht dann etwa den ersten 20 Lebensjahren, Dino und MJ sind "geformt" und hatten keine andere Wahl, aus einfachen Anpassungsgründen- die Bäume in Nordamerika waren wohl höher, als die in Zentralasien.

Nun kommt Dr. X nach Nordamerika und pflanzt kleinere Bäume an- und jetzt haben die Tiere die Wahl: Bücken, Rückenprobleme riskieren und umgewöhnen oder weitermachen, wie bisher.

Hier kommt das Individuum ins Spiel, aber auch die Frage nach der Notwendigkeit:

1) Bin ich ein Gewohnheitstier und denke, ich komm da eh nicht runter
2) Probier ich mal, wie die schmecken oder lass ich sie links liegen und
3) Geben die hohen Bäume noch genug Nahrung her oder muss ich mich umstellen- oder verhungern.
 
AW: Determinismus Kindheit

...genau, es gibt keine Berechnung oder Formel um die Gene von den Ahnen und die Biographie als Maßzahlen in eine Gleichung zu packen und als Ergebnis einen feststehenden Charakter mit seiner Psyche zu erhalten. Es ist ständig alles in Bewegung und das ist auch gut so, sonst müssten wenn ein Ahne mal einen Fehler gemacht hat alle folgenden Generationen dafür büßen, das ist nicht der Fall wenn man sich die Mühe macht und einem Gendefekt entweder entgegenwirkt im Verhalten oder sich abfindet und es kein Problem ist.

Kenne die Ahnen und die Biographie von Michael Jackson nicht aber er konnte sich anscheinend nicht damit abfinden wie er war. Brauchte er auch nicht, er hatte wohl genug Geld um all diese kuriosen Wünsche zu erfüllen und zu versuchen sich in etwas zu verwandeln wovon er glaubte das es die Erfüllung ist, in einen weißen Menschen. Bei allem King of Pop ein armer Kerl...und so früh gestorben.

Bin fest davon überzeugt, egal wie die Kindheit ausgefallen ist, als erwachsener Mensch hat man die Möglichkeit sich und den Alltag selbst zu gestalten und Augenmerk bzw. Gewichtung so zu legen wie es die Persönlichkeit für eine gesunde Entwicklung verlangt. Um so mehr Wissen, auch über die Kindheit, um so besser, je größer ist die Vielfalt aus der beim Gestalten geschöpft werden kann und um so mehr Antwortkombinationen ergeben sich im Alltag. Das Leben wird trotz Chaos aus der Kindheit und der Vielfalt an Möglichkeiten klarer und unbeschwerter...

gruß fluuu
 
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AW: Determinismus Kindheit

Bin fest davon überzeugt, egal wie die Kindheit ausgefallen ist, als erwachsener Mensch hat man die Möglichkeit sich und den Alltag selbst zu gestalten und Augenmerk bzw. Gewichtung so zu legen wie es die Persönlichkeit für eine gesunde Entwicklung verlangt.

Das denke ich auch. Es geschieht oft genug, dass Menschen, deren Kindheitsverlauf sehr negativ, auch traumatisierend war, sich herauszureden versuchen, indem sie anbringen, angesichts ihrer Vergangenheit wäre es ihnen ganz und gar unmöglich, anders zu handeln oder angesichts ihrer vergangenheitsbedingten Störung müssten sie so und so sein. Bishin zur Identifikation mit gewissen Störungsbildern, die ein ganz bestimmtes Handlungsmuster voraussetzen, quasi ein sich stetig fortsetzender Bestätigungsprozess.

Es ist sicherlich schwierig, einzuschätzen und festzulegen, inwieweit bestimmte Einflüsse tatsächlich bis ins Erwachsenenalter Handlungsweisen und Denkmuster beeinflussen. Das ist, wie schon erwähnt wurde, auch eine Sache des Umfelds. Ein Kind, das Schlimmes erlebt, aber von der Familie aufgefangen wird, hat eine bessere Möglichkeit, die Dinge zu verarbeiten als ein Kind, dem diese schlimmen Dinge innerhalb der Familie geschehen. Überdies spielt eine Rolle, wie schnell nach der belastenden Erfahrung therapeutisch - oder wie auch immer - eingegriffen wird.

Oft vergehen Jahre und bestimmte Mechanismen verfestigen sich, wohingegen man im anderen Falle die Möglichkeit hat, das Entstehen dieser Mechanismen, wenn schon nicht zu verhindern, so doch wenigstens auf eine Ebene abzuschieben, die keine nennenswerten Einschränkungen im späteren Leben bedeuten. Aber wie man es auch dreht und wendet - der Verantwortung für das eigene Leben entkommt man auch mit einer schlechten Kindheit nicht. Sie ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Rechtfertigung für alles.
 
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