Die zwanghafte Bevorzugung männlicher Nachkommen, und sei es durch eine Abtreibung, ist kein evolutionär geprägtes Verhalten.
Es handelt sich um die Konsequenz patriarchalisch geprägter Kulturen, und noch dazu um solche, deren Zeit und Bedeutung längst abgelaufen ist.
Im alten China blieb der Sohn in der Familie und brachte mit seiner Heirat seine Frau als zusätzliche Arbeitskraft mit, während für eine Tochter eine Mitgift zu bezahlen war und diese die Familie verließ.
Im modernen China funktioniert dieses System aber schon lange nicht mehr und die enormen statistischen Verwerfungen, die dadurch ausgelöst wurden, bewirken auch erhebliche gesellschaftliche Probleme. Denn der männliche Überhang hat für viele junge Männer zur Folge, dass sie überhaupt nicht mehr heiraten können und in grenznahen Regionen zu anderen asiatischen Ländern kommt es zu Menschenhandel u.a.
Letztlich sind aber auch diese gesellschaftlichen Prozesse die Folgen davon, dass veraltete gesellschaftliche Systeme mit einer wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung nicht Schritt halten konnten. Denn erst eine Ultraschalluntersuchung hat es ja überhaupt erst möglich gemacht, das Geschlecht eines Kindes bereits vor seiner Geburt bestimmen zu können. So gesehen war die chinesische Gesellschaft in ihrem Vorgehen nicht konsequent genug. In einigen anderen patriarchalisch geprägten Ländern, meist islamischer Art, verweigern die Ärzte mittlerweile die Angabe des Geschlechts des Kindes bei der Ultraschalluntersuchungen von Schwangeren.
Vor einigen Jahrzehnten war die drohende Überbevölkerung der Welt noch das ökologische Thema schlechthin, aber zu unseren Zeiten scheint dies kaum noch jemand zu interessieren. Dabei dürfte klar sein, dass praktisch alle anderen ökologischen Probleme unserer Zeit letztlich nur die Folgen der Zunahme der Weltbevölkerung sind.