Das glaube ich dir gerne.
Und es ist auch besser, wenn du erst gar nicht anfängst, mit irgendwas mal was anfangen zu wollen, du Nicht-Anfänger.
Na, dann fange ich mal an:
An den Feiertagen, an denen Du auf dem Friedhof mit glänzenden Augen die Kerzen angeschaut hast, habe ich geschuftet und geschwitzt: Als Koch, damit Menschen, die auf der Strasse leben, etwas zu essen haben.
An den Feiertagen, an denen Du mit Deiner Verwandtschaft mit glänzenden Augen über dem bunten Weihnachtsteller über Nächstenliebe geschwallert hast, habe ich mit Minimalbesetzung 150 hungrige Bedürftige mit einem Feiertagsessen abserviert - denn anders kann man das aufgrund der Masse kaum noch nennen.
An den Feiertagen, an denen Du auf dem Sofa über die Bezeichnung von Weckmännchen sinniert hast, habe ich Kuchenteller für arme Schweine nachgefüllt und zugesehen, dass der Gastraum für die nächsten Gäste wieder sauber ist.
Ich habe über Jahre in menschliche Abgründe des Elends von Menschen geschaut, Menschen, die Du nicht einmal mit dem Arsch anschauen würdest - weil sie in Deiner heilen Welt gar nicht erst existieren.
Für Menschen im Übrigen, die keineswegs dem romantisierten Bild der Armut entsprechen, dass auf den Bildern Deiner Kirche zelebriert wird. Sondern verhärtete, heruntergekommene und verelendete Menschen in einer Melange aus Armut, Kriminalität, Suff und Elend. Die oft genug weder dankbar, noch auch nur respektvoll waren. Menschen, mit denen jede Form der Problemlösung nicht möglich war - einfach, weil sie meiner Sprache nicht einmal mächtig waren. Oder der zwei anderen, die ich spreche.
Moralische Entscheidungen auf hohem Niveau fällen - das ist immer einfach. Und genauso scheinheilig ist es auch. Ich wiederum habe schwierige Entscheidungen fällen müssen, Entscheidungen, die mir nicht leicht gefallen sind, Entscheidungen, die mir später leid taten. Jeden Tag. Und die es in gewisser Weise noch tun.
Und die besten meiner Gäste kamen nur ein paar Wochen. Dann brauchten sie mich nicht mehr. Und so soll es sein.
Dann kamen die nächsten Sorgenkinder, und das Spiel ging von vorn los.
Habe ich ein Problem mit symbolischen Handlungen?
Ja, das kann man so sagen.
Denn in einer Gesellschaft, wo Menschen auf der Straße verelenden und ach-so anständige Bürger buchstäblich über sie hinweg steigen - muss ich eine sinnentleerte Symbolik für blanken Zynismus halten.