AW: welche Partei will was?
scilla schrieb:
die CDU möchte den Obrigkeitsstaat, da sie die Führer für moralisch überlegen hält, daher die Rückversicherung mit dem C
Das "C" kommt aus der Abgrenzung gegen die vormals nur katholische Zentrumspartei. Was immer frühe Christdemokraten unter "konservativ" verstanden haben mögen: die CDU-Gründung war ein ökumenisches Projekt, das man nach 60 Jahren BRD auch nicht gerade als erfolglos bezeichnen wird.
Ich will gar nicht bestreiten, daß die heutige CDU auch obrigkeitsstaatlich denkenden Zeitgenossen eine politische Heimat bieten kann. Genau darum können ja schwarz-grüne Kontrakte überhaupt bestehen: Wir wissen, was sich für euch gehört. Das war nun das schlechteste, was man von der Sozialdemokratie lernen konnte. Mit anderen Worten: Wer sich für "obrig" hält und politische Karriere machen möchte, hat auch heute mehr Angebote als bloß eine CDU-Parteimitgliedschaft.
scilla schrieb:
die CDU ist antidemokratisch, wenn sie spontane Regungen und demographische Veränderungen in der Gesellschaft konservativ verspottet und dafür sorgt, daß die Wohlhabenden wohlhabend bzw. die Ärmeren arm bleiben, selbst dann, wenn die Reichen ihren Reichtum nicht selbst erarbeitet haben bzw. die Armen Schwerstarbeit leisten müssen
Dann musst Du die SPD fragen, wie sie dieses ihr klassisches Thema so sehr vergessen konnte *grins*.
Kein Christdemokrat spottet: es ist bekannt, daß unsere Sozialversicherungen eher vom oberen Zehntel der Beitragszahler erhalten werden als durch die paar Kröten, die Du oder ich da einzahlen.
Zumindest konnte ich in den vergangenen Jahren einen direkten Zusammenhang erkennen zwischen rot-grünen "Reformen" - die von der CDU bereitwillig mitgetragen wurden - und den Euros, die ich für was anderes ausgeben kann als Praxisgebühren und erhöhte Kundenfreundlichkeit zwecks Entstressung überlasteter Amtspersonen.
Das rot-grüne Ideal (von Fräulein Wagenknechts Ex-SED zu schweigen) ist, daß man nichts verdient: dann können Politik und Staat ihre Segnungen voll entfalten. Auch CDU und GAL können zusammen weit gehen: "Kombilöhne" - doch eine CDU-Idee - werden eingeführt, bei denen der Staat die Lohnnebenkosten übernimmt. - Rechnerisch wäre es dann wahrscheinlich sinnvoller, das gesamte Pflege-, Erziehungs-, Ausbildungs-, Gesundheits-, Renten/Kranken/Arbeitslosenversicherungs-System in einem einzigen steuerfinanzierten Topf zusammenzufassen, um so auf "Lohnnebenkosten", die auf den Arbeitgeber umgelegt werden, ganz verzichten zu können. Das ist dann mal eher eine Idee aus dem Umkreis der FDP.
scilla schrieb:
die CDU ist demokratisch, wenn sie den gesellschaftlichen Aufbau nicht abruppt umstürzen, sondern die bestehenden Institutionen zunächst einmal behalten will
Das ist nicht demokratisch, sondern einigermassen klug. Politik kann einen gesellschaftlichen Aufbau nicht ohne weiteres verändern, sie kann nur die Prämissen, die eine Gesellschaft setzt, unterstützen. Soweit jedenfalls das liberale und konservative Verständnis. Da die Fahne in Deutschland auf "Sicherheit" steht (und nicht auf Revolution oder Öffnung), ist der CDU kaum vorzuwerfen, daß sie auf dieses selbe Pferd setzt wie alle anderen größeren Parteien auch.
Über "Demokratie" reden wir lieber mal nicht - die Idee der "Volksvertretung", die wir bei der anstehenden Wahl wieder exekutieren dürfen, ist doch zu abgehoben davon.
Langer Rede kurzer Schluß: es ergibt keinen Sinn, gegen die CDU zu polemisieren. Die Probleme im Land sind überschaubar, und wenn es noch ein, zwei Parteien im Land gäbe, die auf die Kraft der Bevölkerung vertrauen statt auf die Kraft staatlicher Umverteilung, hätte die CDU das Korrektiv an ihrer Seite, das sie braucht.
Grüße
Thorsten