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1. September 1939

Linus

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12. August 2007
Beiträge
41
Nun tönen wieder die Schalmeienklänge der friedensbewegten Gutmenschen – was gar nicht so ironisch gemeint ist, wie es scheint. „Nie wieder Krieg“, „Die Waffen nieder“, „Für weltweiten Frieden und Abrüstung“. Und gleichzeitig toben auf dem Globus über 40 Kriege (einschl. Bürgerkriege). Nach 1945 hat es – wenn man den Kriegsbegriff etwas großzügig auslegt – weltweit fast 200 Kriege gegeben mit ca. 180 Mill. Toten – mehr als im WKII.
Wer wollte da nicht für Frieden sein?! – Mir ist überhaupt kein Mensch bekannt, der prinzipiell für den Krieg ist; die Geister scheiden sich doch nur an der Frage: Wie kann Frieden zu welchem Preis erreicht und gesichert werden?
Doch wer sich in ein frommes Lamm verwandelt, ruft die Wölfe auf den Plan. Hätten die Westmächte (F und GB) im August 1939 Hitler unmissverständlich und glaubhaft signalisiert:
1. Wir sind willens zu kämpfen, wenn Du Polen überfällst (subjektive Kampfbereitschaft) und
2. Wir sind fähig, dies zu tun (objektive Kriegsfähigkeit);
würde Hitler dann auch marschiert sein? Mag sein – das lässt sich nie beweisen – dass auch ein glaubwürdiges Stoppschild Hitler nicht hätte bremsen können, weil er „seinen“ Krieg wollte. Aber tatsächlich hielt er die Warnungen von GB auf Grund der Polengarantie für Bluff – worin er irrte. Nicht irrte er darin, dass mindestens Frankreich nicht kampffähig und nur bedingt kriegswillig war. Gewaltig unterschätzte er aber den zähen Durchhaltewillen Englands.

Was können wir daraus lernen? - Wer Frieden will, muss willens und fähig sein, für ihn zu kämpfen, muss bereit sein, den Aggressor zu vernichten und eigene Verluste in Kauf zu nehmen. Das muss er glaubwürdig jedem potentiellen Aggressor signalisieren – auch den Terroristen, die meinen, auf lange Sicht hält „Der Westen“ den Abwehrkampf gegen sie nicht durch.
 
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AW: 1. September 1939

(...)
Was können wir daraus lernen? - Wer Frieden will, muss willens und fähig sein, für ihn zu kämpfen, muss bereit sein, den Aggressor zu vernichten und eigene Verluste in Kauf zu nehmen. Das muss er glaubwürdig jedem potentiellen Aggressor signalisieren – auch den Terroristen, die meinen, auf lange Sicht hält „Der Westen“ den Abwehrkampf gegen sie nicht durch.

"..... kämpfen, .... vernichten....., eigene Verluste in Kauf nehmen..." :pcwut:

Wer den Aggressor vernichten will, wird damit selbst zum Aggressor.

Alles in allem klingt das, was du hier schreibst, so gar nicht nach Frieden. Deine Strategie ist "altbewährt", aber nicht um zum Frieden zu führen. Es ist vielmehr die Strategie, die die Spirale der kriegerischen Auseinandersetzungen immer weiter treibt.

Frieden ist auch kein Zustand, den man einmal erreichen kann und der dann so bleibt. Frieden ist eine innere Haltung. Spür einmal in dich hinein, wie ruhig oder aufgeregt du bist, wie schnell dein Herz schlägt und wie heiß es in dir aufsteigt, wenn du dich über etwas ärgerst oder dir etwas Angst macht. Spürt sich das friedlich an und kannst du gelassen zusehen, etwas akzeptieren, in Ruhe versuchen, zu verstehen? Oder willst du eigentlich alles, was dich stört, schnell abstellen, loswerden, dich wehren, es vernichten?

Wie soll Frieden sein können, wenn jeder seine Vorstellung, wie etwas sein soll, durchsetzen will?

:blume1:
 
AW: 1. September 1939

"..... kämpfen, .... vernichten....., eigene Verluste in Kauf nehmen..." :pcwut:

Wer den Aggressor vernichten will, wird damit selbst zum Aggressor.
Eben nicht! Er verteidigt nur, wehrt die Aggression ab. Nimm bitte 1939 als Exempel. Hätte GB kapitulieren sollen, damit Hitler mindestens sein Herrschaft über ganz Europa errichten konnte?! Pazifisten denken nicht konsequent zu Ende, dass eine unbewaffnere Friedfertigkeit zwingend zur Unterwerfung führen muss.

Frieden ist auch kein Zustand, den man einmal erreichen kann und der dann so bleibt. Frieden ist eine innere Haltung. Spür einmal in dich hinein, wie ruhig oder aufgeregt du bist, wie schnell dein Herz schlägt und wie heiß es in dir aufsteigt, wenn du dich über etwas ärgerst oder dir etwas Angst macht. Spürt sich das friedlich an und kannst du gelassen zusehen, etwas akzeptieren, in Ruhe versuchen, zu verstehen?
Frieden eine "innere Haltung"- Wie schön gesagt. Wie wäre es, wenn Du diese Einsicht den Terroristen, der Mafia, den Warlords in Afrika vermitteln würdest?
Oder willst du eigentlich alles, was dich stört, schnell abstellen, loswerden, dich wehren, es vernichten?

Wie soll Frieden sein können, wenn jeder seine Vorstellung, wie etwas sein soll, durchsetzen will?

:blume1:

Aber nein! Warum versuchst Du, mich so misszuverstehen. Vieles stört mich (bisher schon das Rauchen im Restaurant), aber ich ertrage es geduldig. Aber wenn Terroristen einer ganzen Gesellschaft (mich eingeschlossen) mit Gewalt eine andere Lebensart aufzwingen wollen, wie es z.B. im Deutschen Herbst die Bader-Meinhoff-Bande versuchte, dann meine ich schon, dass ein Naturrecht zur Abwehr besteht - bis hin zum Töten des Aggressors.
Das Wedeln mit einem christlichen Palmenzweig, fürchte ich, wird z.B. die Taliban wenig beeindrucken. Oder sollten Freizeitlook und Tennisbälle die künftige Kampfausrüstung der ISAAF in Afghanistan werden? Diese "Waffen" freilich bedrohen niemanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: 1. September 1939

Liebe Lilith,

ich wähle nun ein Beispiel aus den sehr vielen die mir in Erinnerung kommen, wenn ich deine Zeilen lese. Denn mit deiner Auffassung kann ich nicht einverstanden sein.


Lilith schrieb:
Wer den Aggressor vernichten will, wird damit selbst zum Aggressor.

Alles in allem klingt das, was du hier schreibst, so gar nicht nach Frieden. Deine Strategie ist "altbewährt", aber nicht um zum Frieden zu führen. Es ist vielmehr die Strategie, die die Spirale der kriegerischen Auseinandersetzungen immer weiter treibt.

Randbemerkung: Lilith wendet sich an Linus wenn sie "deine Strategie" sagt.

In meinem Beispiel geht es um den Aufstand im Warschauer Ghetto. Dieses Ghetto wurde im Herbst 1940 gegründet – ab den 22. Juli 1942 begann seine Auflösung und man fing an die so genannte "Endlösung der Judenfrage" umzusetzen, fein säuberlich organisiert versteht sich – indem man täglich etwa 12.000 Juden in Viehwagons Richtung der Vernichtungslager abtransportierte. Hauptziel dieser Transporte war Treblinka.

Es gab einige Widerstandsgruppen zu dem Zeitpunkt im Warschauer Ghetto – und ich bin heute noch beeindruckt von ihren Mut und den Willen sich nicht ohne einen Kampf einfach abschlachten zu lassen.

Die Organisation der es letztendlich gelang den Kampf zu organisieren, war in erster Linie Hashomer Hazair. Aber zu dem Zeitpunkt waren schon eine Menge Mitglieder verschiedener Gruppierungen deportiert und vernichtet worden.

Doch nochmals zurückblickend: am 18. Januar 1942 marschierten über 1000 Soldaten unter dem Befehl des SS-Oberführer Ferdinand von Sammern-Frankenegg ins Ghetto ein. Jetzt verfügten die Kampftruppen verschiedener Widerstandsgruppierungen über etwa 1250 Mitglieder. Natürlich waren deren Waffen bei weitem nicht mit denen der Besatzer zu vergleichen. Es starben unzählige der Widerständler, doch die SS-Truppen hatten sich zu dem Zeitpunkt nochmals zurückgezogen.

Ab April 1943 musste sich die jüdische Bevölkerung selber zur Deportation melden, doch keiner tat es mehr. Und so waren die SS-Truppen gezwungen ins Innere des Ghettos einzumarschieren. Es starben zwar in den Kämpfen der nächsten Tage sehr viele der Mitglieder der Widerständler. Aber es war ihnen gelungen vorläufig die Angreifer zu vertreiben.
Am 18. April 1943 wurde dann das Warschauer Ghetto erneut von deutschen Truppen, diesmal zusammen mit der polnischen Polizei, umstellt.

Es folgten hauptsächlich bis zum 23.April schwere Kämpfe und es gelang den Widerständlern die deutschen Truppen zu verjagen und viele der Ghettobewohner zu schützen. Ein erneuter größerer Kampf fand am 27 April statt, die Widerständler griffe die SS-Männer an, die die Juden Richtung Umschlagsplatz trieben.
Erstaunlich ist immer wieder, dass auch hier die Deutschen sich zurückzogen, obwohl sie ja so viel besser ausgerüstet waren als die Widerstandstruppen. Im Ergebnis wurden im Laufe dieser Aktion hunderte von Juden befreit. Viele flüchteten in den Wäldern und schloßen sich da größeren Widerstandsgruppen an.

Nun, ich wollte mich ursprünglich sehr kurz fassen, aber die Geschichte des Warschauer Ghettos lässt mir bis heute keine Ruhe.

Und für mich heißt es: auch wenn die Chancen Davids gegen Goliath so gering scheinen, man soll nicht ohne Kampf aufgeben – denn oft bedeutet dies auch, sich selber aufzugeben.

Gruß in die Runde

Miriam
 
AW: 1. September 1939

Miriams Beispiel (#4) (Dank dafür) ist ein erschütterndes Dokument zur hochmoralischen Rechtfertigung des bewaffneten Kampfes gegen eine verbrecherische Aggression.

Dieser heroische, würdige, aber erfolglose und deshalb tragische Kampf hätte vermieden werden können, wenn die Westmächte - allen voran GB und F - Hitler früher mit Waffengewalt entgegengetreten werden. Sie taten es bis Kriegsbeginn nicht - in falsch verstandener Friedensliebe. Jedes Entgegenkommen (s. Münchner Abkommen) wurde von Hitler nicht nur nicht belohnt, sondern diente ihm als Ausweis für den mangelnden Einsatzwillen seiner Gegner, bewirkte also geradezu die Verstärkung seiner Angriffsabsichten. Wer sich allzu pazifistisch gebärdet, darf sich nicht wundern, wenn er den Aggressor ermutigt.
Das ist doch die historische Lehre, die aus 1939 zu ziehen ist.
 
AW: 1. September 1939

Linus, ein Einwand zu deinen Beitrag #3: ich persönlich kann den so genannten Deutschen Herbst nicht gleichstellen mit dem Terrorismus unserer Zeit, trotz der Morde die damals stattfanden.

Da ich eben über einen der tragischen Ereignisse die mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden sind geschrieben habe, stellt sich mir und vielleicht auch allgemein die Frage: inwiefern ist die damalige Bewegung doch noch eine Konsequenz der Fragen an die Elterngeneration, die fast nie beantwortet wurden?

Vielleicht kann man dazu auch noch den Dokumentarfilm erwähnen den ich neulich im Thread "Gedanken über die menschliche Würde" besprochen habe.

https://www.denkforum.at/forum/showpost.php?p=147274&postcount=85

Gruß

Miriam
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: 1. September 1939

Ich habe in meinem Beitrag eine ganz nüchterne Betrachtung angestellt. Ich hab mich bewusst nicht auf die geschilderten Ereignisse bezogen, sondern nur auf den letzten Absatz in Linus' Eröffnungsbeitrag.

Ich schrieb über Frieden. Die Sehnsucht nach Frieden kann man auch bei Linus und Miriams Beiträgen erahnen, aber gleichzeitig auch die Unfähigkeit, einen Weg zum Frieden auch zu beschreiten. Wie so viele Tugenden kann man auch die innere Haltung "Frieden" nur von sich selbst verlangen und einem Gegenüber anbieten. Den "Feind" zum Frieden zwingen zu wollen, das führt zu immer mehr Krieg.
Das wars, was ich vorhin gemeint habe.

Es tut mir leid, dass anscheinend noch so viel Schmerz in euch ist, der es euch nicht erlaubt, meinen Beitrag #2 zu verstehen.

:blume1:
 
AW: 1. September 1939

Ich glaube, es gibt oft die Möglichkeit des kurzen, einfachen, direkten und schnellen Weges. Und im zwischenmenschlichen Umgang ist dieser Weg nun einmal der Weg der Gewalt.

Hilter (der "GRÖFAZ") glaubte vermutlich wirklich, so großartig zu sein, dass er mit seinen "Blitzkriegen" kurzerhand tatsächlich die Welt erobern könne.

Der Witz an Gewalt ist aber, dass sie zerstört, was im Weg steht. Dazu ist sie da, und das wird sich niemals ändern.

"Gegen" Gewalt gibt es meiner Beobachtung nach nur zwei Ansätze: Freiheit/Macht einzuschränken, oder Verantwortungs-/Schuldbewusstsein zu erzeugen.

Adolf Hitler war ein komplett verantwortungsloser, jede Schuld ablehnender Mensch, dem eine Nation alle Freiheit und (auch militärische) Macht gegeben hatte.

Das konnte nicht gut gehen. Wirklich nicht.

Im kleinen wäre das so, wie wenn man einem gewissenlosen Serienkiller ein high-tech-Waffenarsenal zur Verfügung stellt und sich dann wundert, dass das schrecklich endet.

Ich persönlich vermute, dass sich die Weltengemeinschaft allerdings langfristig zu einer Gemeinschaft mit "innerer Sicherheit" entwickeln wird, ähnlich, wie das jeder Staat mit innerer Sicherheit ja schon lange macht: a) Gewaltentrennung und b) Entwaffnung des einzelnen.

Das wird dann halt nicht nur für einzelne Staaten, sondern auch für die ganze Welt gelten.

Das heißt nicht, dass es dann nicht weiter Streit und sogar "Bandenkriege" geben wird. Aber das Ausmaß an Zerstörung wird ohne Waffen doch viel geringer sein.

Doch das wird sicher noch dauern...

lg Frankie
 
AW: 1. September 1939

Wer Frieden will, muss willens und fähig sein, für ihn zu kämpfen, muss bereit sein, den Aggressor zu vernichten und eigene Verluste in Kauf zu nehmen.

Ich sehe darin ein Problem. Wer fähig ist zu kämpfen, neigt auch dazu, diese Fähigkeit falsch einzusetzen. Es ist schön und gut, wenn sich ein Land zur Selbstverteidigung rüsten möchte. Ist das Land aber einmal in Sachen Rüstung anderen Ländern weit voraus, besteht die Versuchung sich daraus auch einen Vorteil zu schaffen.

So war es ja auch beim Dritten Reich. Nazi-Deutschland war enorm gerüstet. Diese Rüstung kostete aber ein Vermögen und hätte die Wirtschaft auf lange Sicht ruiniert, wenn all die Waffen, Panzer, Flieger ect. nie zum Einsatz gekommen wären. Hitler legte es darauf an, weil er mit einem erfolgreichen Krieg gerechnet hat, der die Kosten für die Rüstung wieder hereinbringen hätten sollen.

Hätte ganz Europa mitgerüstet (was gar nicht möglich gewesen wäre, rein Ressourcen mäßig nicht), dann wäre Deutschland vielleicht vorsichtiger gewesen, ein Krieg jedoch wäre nötig gewesen, um nicht in der nächsten Wirtschaftskrise zu landen. Selbes Problem hätten alle anderen Länder auch gehabt, die voll mitgerüstet hätten.

Aus diesen Gründen halte ich deinen Schluss, Frieden zu wahren, für falsch.

Ben
 
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AW: 1. September 1939

Linus' Idee zum Frieden habe ich so verstanden: der Stärkste von allen (oder die stärkste Gemeinschaft) muss selbst absolut friedfertig sein, und sie muss trotzdem fest entschlossen jeden "Unruhestifter" konsequent in die Schranken weisen, bevor der auch nur annähernd selbst zum Stärksten werden kann.

Bloß darf dabei der friedfertige Stärkste nicht außer Kontrolle geraten, und genau das wird ja durch die Idee der Gewaltenteilung erreicht. Weltweit ist das halt erst in Entwicklung.

lg Frankie
 
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