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Was ist eine „gerechte Strafe“?

Claus

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5. August 2005
Beiträge
3.673
Die Leute, die ihre siebenjährige Tochter über lange Zeit qualvoll verhungern ließen, eingesperrt in einer Abstellkammer, wurden kürzlich zur Strafe "lebenslänglich" verurteilt.

Was ist das für eine Strafe für eine solche Tat, wenn man lebenslänglich im deutschenLuxusknast sitzt?

Im Mittelalter wurde ein solch grausamer Mord zuweilen so bestraft:

bis zum Hals eingraben und den Rest den Ameisen und Würmer überlassen.

Das war eine Strafe!

Ich will das Mittelalter nicht loben, oft wurden Vergehen drastisch bestraft, die heute keine Vergehen sind, wie Ehebruch oder Ketzerei.

Darüber zu befinden was bestrafungswürdig ist und was nicht, das hat die Gesellschaft gelernt, aber der Begriff „Strafe“ ist zur Karrikatur geworden.
 
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Darüber zu befinden was bestrafungswürdig ist und was nicht, das hat die Gesellschaft gelernt, aber der Begriff „Strafe“ ist zur Karrikatur geworden.


Hallo Claus,

nach jedem ähnlich gearteten Verbrechen, hat man bei uns nichts anderes zutun, al im TV bereitzuschmieren, dass es doch härtere Strafen geben solle...und...wie von Geisterhand, wiederholen die auf der Straße (angeblich) befragten Menschen „ja, das muss viel härter bestraft werden“. Prima.

Je höher die Strafe, desto größer der Abstand der Tat zur Person des „Urteilenden“. Und manches muss man scheinbar so sehr weit von sich wegschieben, ....um auf eigene Fehler nicht aufmerksam gemacht zu werden.

Ich hab täglich mit Opfern solcher angeblicher Mutterliebe und elterlicher Verantwortung zutun...trotzdem halte ich nichts von härteren Strafen, denn keine Strafe kann das Leid eines misshandelten, missbrauchten oder zu seinem Wohle erzogenen und gestählten Kindes sühnen. Das Kind selbst, wird im Einzelfall selbst solche Rabeneltern noch in Schutz nehmen und glorifizieren. Die Zusammenhänge kennen wir, aber was gibt uns das Recht, die Dinge sozusagen „über die Köpfe der Opfer hinweg aus unserer Welt herauszustrafen“, wo wir doch damit in all den Jahren niemals Erfolg hatten.

Ich will hier garnicht anfangen und die Todesstrafe in den Staaten mit der dortigen und hiesigen Kriminalität vergleichen...was mir hier eher am Herzen liegt , ist, dass die Menschen BEVOR es zu solchen Situationen kommt, ihr Gehirn nutzen, ihr Herzchen öffnen und dem Nachbarn oder dem Arbeitskollegen, der im Rennen um Perfektheit logischerweise verliert... völlig überfordert scheint und lediglich eine Maske aufrecht zu halten versucht, Hilfe anzubieten, keine Strafe. Nicht denunzieren...sondern höflich Hilfe anbieten. Denn Strafe ist unser alt-bekanntes Prinzip der Symptombekämpfung...viel schwerer, scheint mir ohne erhobenem Zeigefinger, dem potentiellen Täter (dem Weiterleitenden von Gewalt) frühzeitig Möglichkeiten (bevor es zum Gau kommt) Hilfe anzubieten. Und statt ihn drakonisch zu bestrafen, all unsere Kraft und hoffentlich mal nicht nur geheuchelte Toleranz aufzubringen, um dem eigentlichen Hauptdarsteller Aufmerksamkeit und Hilfe, Respekt und eine warme und zurückhaltende Hand anzubieten...dem Opfer, denn sie (!) brauchen uns.

Ich halte nichts von höheren Strafen. Sie stellen lediglich unsere persönliche Entfernung von unseren eigenen „bösen“ Anteilen dar, aber anstatt diese unter einer noch dickeren Schicht Moral einzusperren, müssen sie m.E.n. erforscht, und integriert werden. Das Ende der Gewaltspirale kann keine Strafe sein...eher ein Hinschauen. Es gibt keine gerechte Strafe, sie ist nur ein Alibi.

Viele Grüße
Bernd
 
Als ich damals von diesem verhungerten Kind las, dachte ich spontan, dass man die "Eltern" auf genau dieselbe Weise bestrafen sollte, wie sie es mit ihrem Kind machten.
Diese Gedanken erschreckten mich, denn ich bemerkte, dass ich eigentlich nicht an Strafe, sondern an Rache dachte.
Es ist wahnsinnig schwer, für eine Straftat eine wirklich gerechte Strafe zu finden, besonders, wenn es dabei um Kindermord geht. Selbst das Strafmaß "lebenslänglich" ist eher human, wenn man sich die Angst und Panik der entführten, evtl. vergewaltigten und später getöteten Kinder vor Augen hält, und wie in diesem speziellen Fall, die Qualen dieses kleinen Mädchens.
Keine Strafe kann das wieder gut machen, was den Opfern und deren Familien zugefügt wurde. Selbst wenn wir in Deutschland und Europa noch die Todesstrafe hätten, was zum Glück nicht der Fall ist, würde die nicht den Qualen, Schmerzen und Ängsten gerecht, welche die Opfer und deren Angehörige erleiden mussten.
Fast hätte ich jetzt geschrieben, dass es in christl. orientierten Ländern humaner zugeht, als in den nicht-christlichen, aber da kam mir spontan die USA in den Sinn, wo doch noch in einigen Bundesstaaten die Todestrafe vollstreckt wird. Florida führt, meines Wissens, die Charts an, was das Vollstrecken von Todesurteilen angeht. Aber gibt es deshalb dort weniger Morde oder Straftaten mit Todesfolge????
Vorige Woche wars, glaube ich, als ich in der Bildzeitung eine Fotoreportage sah, die genau zeigte, wie im Iran ein 8-Jähriger dafür bestraft wurde, weil er ein Brot geklaut hat.
Der Junge lag auf dem Boden und musste seinen Arm austrecken, der, "humanerweise", auf einem Kissen lag. Ein junger Mann, mit einem Mikrophon, erzählte den Schaulustigen, was der Grund für diese Bestrafung sei - nämlich das Stehlen eines Brotes - und wie die Bestrafung des Jungen ablaufen sollte.
Er kommentierte, bzw. gab den Befehl, dass und in welchem Tempo der schwere LKW anzurollen sollte, und mit welcher Geschwindigkeit er über den Arm des Jungen zu rollen hätte. Die "Bild" zeigte natürlich haarklein das schmerzverzerrte Gesicht des Jungen, als der LKW über dessen Arm fuhr. Ich fand es einfach nur menschverachtend und widerlich.
Jetzt frage ich mich ernsthaft, wie kann eine Strafe überhaupt gerecht sein, bzw. wie den Opfern oder Geschädigten gerecht werden???
Ist vielleicht jede gesetzmäßige Bestrafung nur ein Alibi für Rache, und ist sie gerecht? Keine Ahnung!!!

Rhona
 
Zitat von Bernd
„Ich will hier garnicht anfangen und die Todesstrafe in den Staaten mit der dortigen und hiesigen Kriminalität vergleichen...was mir hier eher am Herzen liegt , ist, dass die Menschen BEVOR es zu solchen Situationen kommt, ihr Gehirn nutzen, ihr Herzchen öffnen und dem Nachbarn oder dem Arbeitskollegen, der im Rennen um Perfektheit logischerweise verliert... völlig überfordert scheint und lediglich eine Maske aufrecht zu halten versucht, Hilfe anzubieten, keine Strafe.“

Ob es gerechte Strafen gibt/ geben kann, weiß ich auch nicht. Ich gebe Bernd auf jeden Fall damit Recht: es muss gehandelt werden, bevor es zu solchen Situationen kommt. Das erfordert natürlich, dass „wir“ aufmerksamer werden, mehr HINschauen, Veränderungen bei den uns bekannten Menschen wahrnehmen und sie ansprechen, statt weg zu schauen, was leider heute oft der Fall ist. Das mag nun auch nicht immer direkt „helfen“, aber es signalisiert zumindest, „wir schauen hin“ und das kann manchmal verhindern, dass ein Kind solch ein furchtbares Martyrium erleiden muss (leider nicht das erste Kind) – vergessen von Allen. Ich frage mich dann immer: gab es keine Nachbarn, keine weitere Familie? Absolut Niemand, der das Kind schon mal gesehen hatte und sich gewundert hat, wo ist es denn abgeblieben?

Und wenn da jemand war, der/die doch irgendwie gemerkt hat, da stimmt etwas nicht und dennoch in keinster Weise reagiert hat... Ob eine höhere Strafe für unterlassene Hilfeleistung mit der Zeit dazu beitragen könnte, dass „wir“ aufmerksamer werden?
 
Claus schrieb:
Was ist das für eine Strafe für eine solche Tat, wenn man lebenslänglich im deutschenLuxusknast sitzt?
Das ist die Höchststrafe, mit der Mord in Deutschland geahndet wird.
Ausserdem muss dem Häftling die Chance gegeben werden, vor seinem
Lebensende entlassen zu werden.

Ein Käfig bleibt ein Käfig, selbst wenn golden sein sollte. Wie golden ist der
Luxus in den Gefängnissen? Beschreib doch mal.

Claus schrieb:
Das war eine Strafe!
Blutrache ist aber kein Strafzweck.

Claus schrieb:
Darüber zu befinden was bestrafungswürdig ist und was nicht, das hat die Gesellschaft gelernt, aber der Begriff „Strafe“ ist zur Karrikatur geworden.
Du macht ihn zur Karrikatur, indem du die Befriedigung deines persönlichen
Verständnisses von "Gerechtigkeit" als vordringlichen Strafzweck erklärst.

Gruss
Camajan
 
Bernd schrieb:
Je höher die Strafe, desto größer der Abstand der Tat zur Person des „Urteilenden“. Und manches muss man scheinbar so sehr weit von sich wegschieben, ....um auf eigene Fehler nicht aufmerksam gemacht zu werden.
Du bist völlig unverständlich.
Je schwerer die Tat, desto höher muss die Strafe sein.
Um dem Täter die Schwere seiner Schuld klarzumachen.
Um auch dem potentiellen Täter, der ein Verbrechen vorbereitet, von
vornherein die Schwere dieses Verbrechens am Beispiel anderer bewusst zu
machen.

Bernd schrieb:
denn keine Strafe kann das Leid eines misshandelten, missbrauchten oder zu seinem Wohle erzogenen und gestählten Kindes sühnen.
Warum nicht?

Bernd schrieb:
Das Kind selbst, wird im Einzelfall selbst solche Rabeneltern noch in Schutz nehmen und glorifizieren.
Das entbindet den Staat nicht von seiner Pflicht der Bestrafung der Eltern.
Im Gegenteil würde er dadurch sein Wächteramt zum Schutz der Kinder
grob vernachlässigen.

Bernd schrieb:
was bechtigt und sozusagen „über die Köpfe der Opfer hinweg aus unserer Welt herauszustrafen“,
Das Wohl des Opfers.

Bernd schrieb:
wo wir doch damit in all den Jahren niemals Erfolg hatten.
Indifferente, platte Aussage.

Bernd schrieb:
was mir hier eher am Herzen liegt , ist, dass die Menschen BEVOR es zu solchen Situationen kommt, ihr Gehirn nutzen, ihr Herzchen öffnen ...
Das liegt allen am Herzen. Was, wenn Hilfe abgelehnt wird?

Bernd schrieb:
Und statt ihn drakonisch zu bestrafen, ... Aufmerksamkeit und Hilfe, Respekt
und eine warme und zurückhaltende Hand anzubieten...
Du konstruierst einen Widerspruch, der nicht existiert.
Man muss nicht helfen ODER bestrafen sonder beides, helfen UND bestrafen.

Bernd schrieb:
Ich halte nichts von höheren Strafen.
Die Höchststrafe ist durch die Verfassung begrenzt.

Unabhängig davon ist Mord mit der Höchststrafe zu sanktionieren.
Das menschliche Leben ist das höchste, schützenswerteste Rechtsgut.
Seine Vernichtung muss daher die Höchststrafe zur Folge haben.

Gruss
Camajan
 
was mir schon häufiger aufgefallen ist: wenn die eigenen Eltern "versagt" haben, ihr Kind umkommen lassen- wird nach der Todesstrafe gefragt. Aber wenn jemand anderer ein Kind vergewaltigt, ermordet- dann eigenaritgerweise nicht.
Die Eltern haben das Kind in die Welt gesetzt, niemand anderer. Tiere bringen auch manchmal ihre Jungen um oder geben ihnen keine Milch. Ist vielleicht so die Natur manchmal, ich weiß es nicht. Grausam ist es auf jeden Fall. Nur die schrecklichen Eltern hat jetzt der Steuerzahler an der Backe, jeden Tag im Gefängnis kostet richtig Geld, Geld welches sowieso schon knapp ist. Vielleicht sollte man bestimmte Häftlinge einfach irgenwo aussetzen, auf eine Insel oder so und dann müssen sie zusehen wie sie klarkommen.
Warum hat niemand mitbekommen daß es dem Mädchen so schlecht geht? Keine Behörde, kein Amt, kein Kinderarzt hat was gemacht!
Nachdem vor ein paar Jahren ein Kind totgebissen wurde von einem Kampfhund in Hamburg ist für Hundehalter vieles anders geworden. Warum ändert sich nach so einem Vorfall nichts für Eltern? Es ist auch ein Kind gestorben! Und leider nicht das erste Mal. Meiner Meinung müßte es Pflicht sein ein Kind einmal im Jahr vom Kinderarzt untersuchen zu lassen. Und wenn es nicht erscheint zum Termin oder der Kinderarzt Schreckliches feststellt, müßte der Staat eingreifen. Was traurig ist daß wenn Kinder nicht erwünscht sind, die Eltern sie nicht zur Adoption freigeben. Aber dann bekommen sie wohl kein Kindergeld mehr:rolleyes: ...
und manchmal frage ich mich wirklich wofür es Empfängnisverhütung gibt
 
Hi Rhona, du wirfst hier unzulässigerweise alles durcheinander.

Diejenigen, die dem Jungen für Mundraub mit dem Verlust eines Armes bestraft haben sind Verbrecher.
darüber sind wir uns sicher alle einig.

Es gibt aber zahlreiche Beispiele für auf verschiedene Arten aus dem Knast entsprungene Mörder und Vergewaltiger, die dann wieder gemordet und vergewaltigt haben.

Die 4 Menschen, die der Mörder Zurwehme vor einigen Jahren nach seinem Ausbruch umgebracht hat, gehen auf das Konto derer, die Täterschutz vor Opferschutz stellen. Hätte man Z. gleich nach seinen ersten Morden aufgehängt, würden die nämlich noch leben.

Ein Kinderschänder gehört wenigstens kastriert bevor man ihn wieder auf die Menschheit losläßt, das wäre eine wirksame Prävention.

Erstaunlicherweise sind es gerade diejenigen, die immer nach mehr Demokratie rufen, die einen Volksentscheid zur Wiedereinführung der todesstrafe ablehnen. Jüngste Umfragen haben ergeben, daß in den USA mehr alszwei drittel für die Todesstrafe für Mörder sind.
Eine Umfrage bei uns (in Europa) würde vermutlich ähnlich ausfallen.

Also: ist die Todesstrafe nicht mit der Demokratie zu vereinbaren?

Gruß von Claus
 
Hallo Camajan,

bestimmte Verbrechen werden begangen, weil der Täter sich selbst nicht einschätzen kann, weil bestimmte Handlungen eine Art zwanghafte Wiederholung (Inszenierung) von altem Leid darstellen. Bei diesen Menschen zeigen Strafandrohungen nur insoweit Wirkung, wie äußere Schichten des ICHs des Betroffenen seine aus tieferen Schichten kommenden inneren Impulse zurückhalten können. Leider bedeutet das oftmals lediglich ein „vorübergehendes Deckeln“.
Wenn jemand jahrelang mit wissen und wollen und im vollen Bewusstsein der Konsequenzen Steuern hinterzieht, haben hohe Strafen eine ganz andere Abschreckungswirkung. Solche Unterschiede müssen wir irgendwann mal berücksichtigen.


Die Zusammenhänge und die Art der Inszenierung gibt beispielsweise „Profilern“ (v. Ermittlungsbehörden) die Möglichkeit Serientäter zu überführen, z.B. indem sie ihre Taten „voraussehen“. Das geht nur, weil der Täter einem von ihm selbst nicht erkennbaren/beeinflussbaren Schema folgt. Er hat keinen Einfluss auf “sich“. Und wenn wir denken, wir könnten uns hier auf einen Sockel stellen und „diese“ Menschen von oben herab beurteilen, sogar verurteilen, berücksichtigen wir nicht, dass diese „Macken“ im geringeren Umfang bei uns allen vorliegen...nur anhand solcher krasser Verbrechen wird „es“ sichtbar. Wenn ich mich selbst nicht sehen will, muss ich den Spiegel weiter, immer weiter wegrücken.

Viele Grüße
Bernd
 
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Muckel schrieb:
Nur die schrecklichen Eltern hat jetzt der Steuerzahler an der Backe, jeden Tag im Gefängnis kostet richtig Geld, Geld welches sowieso schon knapp ist.
Todesstrafe ist in Staaten, wo elementare Menschenrechte gelten noch
teurer als lebenslänglich. Die Vollstreckung geht nämlich nicht ruckzuck,
sondern dauert Jahre, selbst in den USA.

Muckel schrieb:
Warum hat niemand mitbekommen daß es dem Mädchen so schlecht geht? Keine Behörde, kein Amt, kein Kinderarzt hat was gemacht!
Die Behörden haben schon agiert, aber viel zu spät und unkoordiniert.

Muckel schrieb:
Meiner Meinung müßte es Pflicht sein ein Kind einmal im Jahr vom Kinderarzt untersuchen zu lassen. Und wenn es nicht erscheint zum Termin oder der
Kinderarzt Schreckliches feststellt, müßte der Staat eingreifen.
Seh ich auch so, jedenfalls bei bestimmten "Risikofamilien". Der administrative
Aufwand ist nämlich enorm.

Gruss
Camajan
 
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