Zum Essay von Malte Lehming
Als Vorbemerkung: Essays drücken immer eine persönliche Einschätzung zu Sachverhalten aus, ja, diese inhaltliche Subjektivität ist geradezu ein Kennzeichen dieser literarischen Form.
Also drückt mavahos sehr hoher Zustimmungsgrad zu diesem Essay ebenfalls nur seine persönliche Einschätzung aus.
Mir gefällt vor allem die Fähigkeit Lehmings, Sachverhalte klar und mit wenigen Worten darzustellen.
Allerdings sagt er da nicht schrecklich viel Neues für einen politisch Interessierten.
Er fängt aber auch an zu generalisieren, etwa da, wo er Folgendes konstatiert:
„. Den Hedonismus der Woodstocker teilte die Mehrheit der Amerikaner nicht. Als sich die Demokraten den Minderheiten zuwandten – besonders Schwarzen, Schwulen und Frauen –, fühlten sich traditionelle Wählerschichten – Arbeiter, Veteranen, Gläubige – nicht mehr repräsentiert. Die 68er träumten von radikalen, permanenten gesellschaftlichen Veränderungen. Doch die Mehrheit der Amerikaner war nicht radikal. Eine Gegenbewegung formierte sich. Sie glaubt an den besonderen Status von Ehe und Familie, lehnt eine antiautoritäre Erziehung ab, ist gegen die Legalisierung von Drogen, will im Strafrecht den Täter nicht vorschnell durch soziale Umstände entschuldigt sehen, sondern beharrt auf der Verantwortlichkeit jedes Menschen für sein Tun. Die Demokratische Partei schien solche Werte nicht mehr zu verteidigen. Stattdessen bildeten ihre Vertreter – zusammen mit Hollywood, Künstlern, Sängern und Professoren – eine neue Elite, die so genannte „Hip-ocracy“. Diese Schicht steht bei vielen Amerikanern im Ruf, snobistisch zu sein. Wer ihr angehört, trinkt Milchkaffee, fährt Volvo, umarmt Bäume und ist moralisch ein Relativist. Er ist reicher als der Durchschnitt, gebildeter – und dadurch abgehoben von den Problemen eines „Joe Sixpack“. „ aao
Hier tut er so, als ob alle Demokraten Woodstocker, Hedonisten usw sind oder gewesen sind. Und so, als ob kein führender Demokrat seine Kinder autoritär erzogen, an sich an Ehe und Familie gebunden fühle usw.
Und genau an diesen winzigen, zunächst fast gar nicht beachteten Kleinigkeiten beweist Lehming, aus welchem politischen Lager er kommt. Das darf er selbstverständlich – siehe oben, Begründung Essay.
Und in der Art geht es den ganzen Text durch: er verallgemeinert und bewertet so oft sachlich zunächst völlig richtig dargestellte Fakten.
Außerdem impliziert er mit seiner Bildwahl „ trinkt Milchkaffee, umarmt Bäume“ usw , dass diese Vorstellungen exzentrisch wären.
Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Artikel ( mit entsprechendem anderen Sachmaterial natürlich) sich auch hervorragend in europäischen Wahlkämpfen gegen die Grünen verwenden ließe.
Das Perfide ist nicht die Meinung solcher Botschafter noch einmal: ich bin für Meinungsfreiheit, sondern die mitconnotierte Botschaft: Wer so denkt, sich gar noch für gesellschaftlich Außenseiter einsetzt, ist nicht konform mit der Mehrheit, mit Hänschen Müller ( Joe Sixpack).
Da aber in den USA beide Parteien - eh schon lange langer Zeit hindurch – Kopf an Kopf liegen, ist dieser Artikel – für mich und ich denke mal für politisch ebenso wie ich Denkende unannehmbar, mag er auch hervorragend recherchiert sein.
Marianne, die natürlich den ganzen Artikel gelesen hat