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Religionsbegriff

Also wenn jemand von 'Zen' redet, aber mit 'Buddhismus' und 'Nirvana' nichts anfangen kann, dann muss er schon sehr verwirrt sein... :rolleyes: Ich vermute mal, unter diesem Aspekt heißt 'Kopf-Ausschalten' dann einfach 'Kontrollen weg' und Handeln nach 'Bauchgefühl'...

Mit dem Stichwort 'Zen machen' kommen wir dem Thread-Thema wieder näher - Zen ist, mehr noch als der Buddhismus sonst, primär Orthopraxie und nicht Orthodoxie - d.h. man braucht nicht Buddhist zu sein dazu. Mein erster Lehrer vor 40 Jahren war der bekannte Jesuit H.M. Enomiya-Lassalle - er war bis zu seinem Tod überzeugter und engagierter Christ und anerkannter Zen-Lehrer (ich habe irgendwo noch ein Foto von seiner 'Lehrbefugnis', einer wunderschönen japanische Kalligraphie :)) - und er ist da nicht der einzige...
 
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Also wenn jemand von 'Zen' redet, aber mit 'Buddhismus' und 'Nirvana' nichts anfangen kann, dann muss er schon sehr verwirrt sein... :rolleyes: Ich vermute mal, unter diesem Aspekt heißt 'Kopf-Ausschalten' dann einfach 'Kontrollen weg' und Handeln nach 'Bauchgefühl'...
Mag sein, aber was sind "Kontrollen" und was ist "Bauchgefühl"? Wenn ich persönlich beispielsweise intuitiv ethischen Maximen folgen möchte, fühle ich mich deshalb nicht etwa fremdgesteuert, sondern souverän. So oder so finde ich die besagte Ansicht also nicht nachvollziehbar.

Mit dem Stichwort 'Zen machen' kommen wir dem Thread-Thema wieder näher - Zen ist, mehr noch als der Buddhismus sonst, primär Orthopraxie und nicht Orthodoxie - d.h. man braucht nicht Buddhist zu sein dazu. Mein erster Lehrer vor 40 Jahren war der bekannte Jesuit H.M. Enomiya-Lassalle - er war bis zu seinem Tod überzeugter und engagierter Christ und anerkannter Zen-Lehrer (ich habe irgendwo noch ein Foto von seiner 'Lehrbefugnis', einer wunderschönen japanische Kalligraphie :)) - und er ist da nicht der einzige...
Anders gefragt, was wäre denn der Unterschied zwischen christlichen und buddhistischen Zen-Lehrern?
 
Mag sein, aber was sind "Kontrollen" und was ist "Bauchgefühl"? Wenn ich persönlich beispielsweise intuitiv ethischen Maximen folgen möchte, fühle ich mich deshalb nicht etwa fremdgesteuert, sondern souverän.

Jep - und wenn jemand keinen ethischen Maximen (Kontrollen im Kopf) folgen möchte,
sondern tun wozu er gerade lustig ist (Bauchgefühl), dann fühlt er sich natürlich erst recht
souverän. Wie er diesen Weg dann nennen möchte ist zwar sein Bier - ob es ihm jemand
abkauft, eine andere Sache...

Anders gefragt, was wäre denn der Unterschied zwischen christlichen und buddhistischen Zen-Lehrern?

Einfach dass die Einen buddhistisch und die Anderen christlich (oder sonstwas) sind (in den
USA gibt's z.B. eine relativ große Gruppe von Jubus) - der wesentlichere Unterschied liegt
IMO darin, ob und wie sie ihre Glaubensüberzeugung in ihrem Zen-Lehrer-Sein 'rüberbringen
bzw. andere Glaubensüberzeugungen ausgrenzen oder nicht... Mein alter Lehrer hat sich gern
als 'jüdisch-christlich-islamisch-buddhistischer Taoist mit starken hinduistischen Tendenzen'
bezeichnet... :D
 
Mein alter Lehrer hat sich gern
als 'jüdisch-christlich-islamisch-buddhistischer Taoist mit starken hinduistischen Tendenzen'
bezeichnet... :D
Und du willst den Zynismus nicht erkannt haben?

Bezüglich der Souveränität ist es mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass ich einen solchen Standpunkt nicht nachvollziehen kann. Kopflosigkeit ist das Gegenteil von Selbstbestimmtheit, und Gedankenlosigkeit und Verantwortungslosigkeit sind das Gegenteil von dem, was Menschen und menschliche Intuition ausmacht. Manche Menschen mögen glauben, dass eine Aufweichung ihrer Sprache vor Kritik, resp. das Aufkommen von Argumenten und Widerworten schützt, aber das hindert mich nicht daran, diesen Animalismus meschugge zu finden. Wer tierische Attribute und Verhaltensweisen bei sich und anderen fördern möchte, weil er angeblich davon überzeugt sei, dass man sich dadurch besonders souverän und frei fühlen würde, kann meiner Meinung nach nicht bei Verstand sein.
 
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Und du willst den Zynismus nicht erkannt haben?

Und Du erkennst spontan in diesem kurzen Zitat einen 'Zynismus', der mir in 20 Jahren doch recht intensiver Beziehung entgangen sein müsste? ;)
Diese Art von 'Intuition' kann ich nicht nachvollziehen...

Bezüglich der Souveränität ist es mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass ich einen solchen Standpunkt nicht nachvollziehen kann.
Nun - ich auch nicht. Das ändert aber wenig daran, dass es offensichtlich Menschen gibt, die ihn vertreten.
 
Und Du erkennst spontan in diesem kurzen Zitat einen 'Zynismus', der mir in 20 Jahren doch recht intensiver Beziehung entgangen sein müsste?

Richtig. Ein 'jüdisch-christlich-islamisch-buddhistischer Taoist mit starken hinduistischen Tendenzen' - soetwas gibt es nicht im strengen Sinne der Worte. Diese Verkettung von Worten drückt also entweder einen beabsichtigten Zynismus in Bezug auf die Glaubensrichtungen oder in Bezug auf die Sprache im Allgemeinen aus. Also wie war es dir möglich, das zu ignorieren?
Macht Ignoranz frei? Ist das Zen?
 
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Nun, Du gehst IMHO an die Frage recht unfrei heran ;) - es kommt wohl auf den Ausgangspunkt an...
In Asien ist die Zugehörigkeit zu mehreren Religionen durchaus üblich - 80% der Japaner sind z.B.
gleichzeitig Buddhisten und Shintoisten, feiern aber auch manchmal taoistische Feste oder besuchen
den christlichen Gottesdienst...

Prof. Hungerleider war sicherlich ein Ausnahmefall - die Selbstdefinition war wohl absichtlich etwas plakativ,
hatte aber sehr wohl einen ernsten Kern. Aufgewachsen parallel in zwei Religionen, lernte er in China die
asiatischen Religionen kennen und fand sie - na, ich würde sagen: hilfreich. Er wurde Buddhist, und 1955
zum Obmann der Buddhistischen Gesellschaft Österreichs gewählt. Später beschäftigte er sich wieder intensiv
mit den schon ad acta gelegten 'Buchreligionen', und fand dort Wahrheiten, die er in den östlichen Religionen
nicht gefunden hatte. Nach über 20 Jahren legte er sein Amt als Obmann der BGÖ zurück mit der Begründung,
er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, sich auf eine einzige Religion zu beschränken - was ihm
naturgemäß nicht nur Freunde einbrachte, besonders unter den österreichischen Buddhisten - Manche haben
ihn wohl nicht ganz ernst genommen, aber Viele schätzten seine Zugang hoch; bei der Gründungsversammlung
der European Buddhist Union 1979 in Paris hielt er die Festrede, und seine Meditationswochen waren immer
mehr als voll ausgebucht, das Hauptstandbein dafür war ein katholisches Kloster, Stift Zwettl. Als ich 1998 in
den Lotusblättern seinen Nachruf schrieb, habe ich nichts von negativen Rückmeldungen gehört. Vermutlich
ist es möglich, diesen Zugang 'zynisch' oder 'ignorant' zu finden - mir drängen sich diese Epitheta allerdings
nicht auf, auch wenn's nicht ganz mein Weg ist... o_O
 
Wenn du schon mitbekommst, dass jemand sich ausdrücklich von allen Religionen distanziert, sich also ausdrücklich zu keiner Religion bekennt, dann finde ich es seltsam, dass du dennoch die besagte Bezeichnung als ernst gemeint wahrnimmst. Wie ist dir das möglich?
 
'Ausdrücklich distanziert' ??? Wo hast Du das denn gelesen?
Sein Zugang war genau das Gegenteil, wie oben beschrieben...
 
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'Ausdrücklich distanziert' ??? Wo hast Du das denn gelesen?
Sein Zugang war genau das Gegenteil, wie oben beschrieben...
Nun, Du gehst IMHO an die Frage recht unfrei heran ;) - es kommt wohl auf den Ausgangspunkt an...

Nach über 20 Jahren legte er sein Amt als Obmann der BGÖ zurück mit der Begründung,
er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, sich auf eine einzige Religion zu beschränken

Vermutlich ist es möglich, diesen Zugang 'zynisch' oder 'ignorant' zu finden - mir drängen sich diese Epitheta allerdings nicht auf, auch wenn's nicht ganz mein Weg ist... o_O

Was meinst du hier eigentlich mit "Zugang"? Wenn man so ein Wort benutzt, sollte auch der Kontext klar sein. Es sollte klar sein, zu wem oder was Zugang gesucht wird - ist es hier aber nicht. Meinst du vielleicht "Überzeugung"? Definiere "unfrei". Es mag sein, dass die Statistiken in Asien Individuen mehreren Religionen zuordnen, aber das Judentum, das Christentum und der Islam sind ausschließende Religionen. Es mag einen hinduistischen Buddhisten geben, aber es gibt keinen muslimischen Juden. Wer also Teile dieser Weltreligionen in sein Gedankengut aufnehmen und vertreten möchte, gerät früher oder später in einen Gewissenskonflikt, der nur durch Distanzierung von anderen Teilen aufgelöst werden kann, was sich u.U. dann etwa in einer Amtsniederlegung äußern kann. Das Gegenteil von Distanzierung wäre die Amtsannahme gewesen, nicht die Niederlegung. Der Mann hat sich also davon distanziert eine bestimmte Religion zu repräsentieren. Am Ende besaß er vielleicht eine Collage von Dogmen und Techniken verschiedenster Religionen, die er als wahr erachtete, konnte sich deswegen aber keiner voll und ganz zuordnen und fand keine ausdrucksstärkere Beschreibung als die besagte dafür. Das ist Zynismus. Es ist nicht paradox, sondern zynisch. Eine Art diplomatische Kritik. Ignorant fand ich übrigens nur das angebliche Unvermögen, diese Tatsache zu erkennen. Ein normales Maß an Allgemeinbildung genügt, um zu wissen, dass es keinen jüdisch-christlich-islamisch-buddhistischen Taoist mit starken hinduistischen Tendenzen tatsächlich geben kann.

Einfach dass die Einen buddhistisch und die Anderen christlich (oder sonstwas) sind (in den USA gibt's z.B. eine relativ große Gruppe von Jubus)
Da steht im Link: "Since most Buddhists do not consider the Buddha to have been a "god", Jewish Buddhists do not consider Buddhist practice to be "worship".". Diese Juden bekennen sich also mehr zum Judentum, denn zum Buddhismus, ganz klar.
 
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