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Privatisierung der Gewalt

glaubt ihr dass der einsatz privater militärfirmen im interesse der USA ist?

  • ja, eher schon

    Stimmen: 2 100,0%
  • nein,eher nicht

    Stimmen: 0 0,0%

  • Umfrageteilnehmer
    2
  • Umfrage geschlossen .

instanton

Member
Registriert
4. Mai 2003
Beiträge
333
Private Sicherheits- und Militärunternehmen. Sie bieten ihre Dienstleistungen nicht nur Regierungen, Warlords oder multinationalen Konzernen in Krisenregionen an. Auch die USA und Großbritannien, beauftragen sie immer häufiger, ursprüngliche Aufgaben der Armee zu übernehmen. Während in den Neunzigerjahren diese Tendenz zur „Privatisierung der Sicherheit“ noch als Ausdruck der Brutalisierung der neuen Bürgerkriege bzw. einer neuen Militärstrategie von High-Tech-Armeen bewertet wurde, wird die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste in Entwicklungsländern inzwischen differenzierter betrachtet. Auch UN-Organisationen und nichtstaatliche Hilfsorganisationen greifen verstärkt auf deren Dienstleistungen zurück. In Kriegs- und Krisenregionen, in denen UN-Mitgliedsstaaten aus geostrategischen Gründen an einer effektiven Friedenssicherung nicht interessiert sind, könnten private Sicherheitsfirmen in Zukunft sogar Peacekeeping-Funktionen übernehmen.[/
Dieter Reinhardt aus der zeitschrift für Entwicklungspolitik

Was sagt ihr dazu? Dieses Geschäft entwickelt sich immer weiter, und führt zu einer immer tiefer gehenden Verstrickung der privaten unternehmen in den gebieten was zusätzlich die entwicklung der Länder hemmt.sie bleiben im Kreislauf des Kriegs. wie können UN etc. wissentlich (bewusst???) Militärunternehmen damit beauftragen?`

freu mich auf rege diskussion
lg insti
 
Zuletzt bearbeitet:
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Ich halte das für eine sehr gefährliche Entwicklung, noch viel gefährlicher als die in meinen Augen ebenfalls angedachte unsinnige Privatisierung der Wasserversorgung.

Es gibt meiner Meinung nach Kernbereiche des Staates die dieser niemals aus der Hand geben darf, schon gar nicht das Gewaltmonopol!

Was in normalen Zeiten durchaus funktionieren kann, wohlgemerkt: "kann" - denn es gibt durchaus Beispiele wo das nicht funktioniert hat und die Unternehmen wieder rückverstaatlicht wurden (nach Preiserhöhungen bei gleichzeitigem Verludern der Versorgung), ist in Krisensituationen eine sehr fragliche Angelegenheit.
 
die frage die bleibt ,ist, warum sich bspweise die UN auf diese Dienste verlässt. die dürften wohl einschätzen können,dass das eine gefährliche sache ist...
 
instanton schrieb:
Dieter Reinhardt aus der zeitschrift für Entwicklungspolitik

Was sagt ihr dazu? Dieses Geschäft entwickelt sich immer weiter, und führt zu einer immer tiefer gehenden Verstrickung der privaten unternehmen in den gebieten was zusätzlich die entwicklung der Länder hemmt.sie bleiben im Kreislauf des Kriegs. wie können UN etc. wissentlich (bewusst???) Militärunternehmen damit beauftragen?`
Eine sehr ernste Sache, die Du, instanton, hier mutig angeschnitten hast. Gewaltsame Wege sind an und für sich verwerflich, sind sie aber dennoch notwendig, so sollten sie nur von staatlich dazu befugten Organen gegangen werden dürfen. Und das womöglich nur in Staaten mit demokratisch legitimierter Regierung.

Liebe Grüße nach Tirol

Zeili
 
Zeilinger schrieb:
Gewaltsame Wege sind an und für sich verwerflich, sind sie aber dennoch notwendig, so sollten sie nur von staatlich dazu befugten Organen gegangen werden dürfen. Und das womöglich nur in Staaten mit demokratisch legitimierter Regierung.
Zeili, das ist ein schöner Traum. Wer soll denn Milizionären und Partisanen entwaffnend Einhalt gebieten? Der Papst? Der Kaiser von China?

Die "privatisierte Gewalt" - der deutsche Sozialdemokrat Erhard Eppler hat darüber bereits 2002 ein lesenswertes Buch geschrieben: "Vom Gewaltmonopol zum Gewaltmarkt" (edition suhrkamp 2288) - breitet sich vor allem dort aus, wo tragende staatliche Strukturen entweder noch nicht, wie in Palästina, oder nicht mehr, wie in Zentralafrika, bestehen. Die UN haben gar keine andere Wahl, als auf die Privatarmeen zurückzugreifen, weil es in besagten Gebieten überhaupt keine öffentlichen Organe gibt. Beispiel Palästina: die Al-Aksa-Brigaden beanspruchen bereits, im Falle einer möglichen Staatsgründung die öffentliche Sicherheitswahrung zu übernehmen: eine typische "private" Proto-Polizei also; und selbst George W. Bush strebt an, der Terrororganisation Hamas parlamentarische Würden zu verleihen und sie so in den demokratischen Prozeß einzubinden. Weil es anders gar keine Möglichkeit gibt, da ist sonst nichts weiter, es gibt dort einfach nichts anderes.

Oder ein "Bündnis der Willigen" marschiert in diese Krisengebiete kurzerhand ein und installiert eine kurz- oder längerwährende Fremdherrschaft. Das kann im Ernst niemand wollen, und so verfahren bezeichnenderweise nicht nur die UN, sondern auch die USA nicht, wie wir am Irak bestens beobachten können.
 
Gaius schrieb:
Zeili, das ist ein schöner Traum. Wer soll denn Milizionären und Partisanen entwaffnend Einhalt gebieten? Der Papst? Der Kaiser von China?
Gaius, es enttäuscht mich und macht mir gleichzeitig Sorgen, dass Du als Jahrgang 1967 Deine Ideale bereits über Bord geworfen hast, bzw. sie Dir hast nehmen lassen. Es sind ja andere Staaten auch ohne Privatarmee entstanden und funktionieren, ohne dass dort das ständige Chaos herrscht !
Jeder Mensch hat von Haus aus einen Geltungstrieb, der Ordnung machen und Ordnung halten will; die Menschen in den chaotischen Gebieten brauchen nur Vorbilder, wie man Strukturen aufbaut. Damit will ich den von Dir bewunderten Sozialdemokraten Erhard Eppler nicht abwerten.

Zeili
 
Jeder Mensch hat von Haus aus einen Geltungstrieb, der Ordnung machen und Ordnung halten will
Richtig, Zeili! So wie die Taliban in Afghanistan. Die hatten eine ganz bestimmte Vorstellung von Ordnung, haben diese in ihrem Geltungstrieb erfolgreich durchgesetzt, und dann kamen die böse US-Army und die noch bösere deutsche Bundeswehr und haben alles wieder zunichte gemacht. Teufel aber auch...

Lies Dir meinen Beitrag #5 doch einfach nochmal ganz aufmerksam durch: das ist eine realistische Sicht der Dinge, mit irgendjemandes Idealen ist in bewaffneten Konflikten nichts auszurichten. Das Vertrauen auf Änderung durch eine "Vorbild"funktion hat noch nie etwas bewirkt, denn jede kämpfende Seite ist sich in ihrer Besinnungslosigkeit selbst Vorbild.
 
Zitat:
Private Sicherheits- und Militärunternehmen. Sie bieten ihre Dienstleistungen nicht nur Regierungen, Warlords oder multinationalen Konzernen in Krisenregionen an. Auch die USA und Großbritannien, beauftragen sie immer häufiger, ursprüngliche Aufgaben der Armee zu übernehmen. Während in den Neunzigerjahren diese Tendenz zur „Privatisierung der Sicherheit“ noch als Ausdruck der Brutalisierung der neuen Bürgerkriege bzw. einer neuen Militärstrategie von High-Tech-Armeen bewertet wurde, wird die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste in Entwicklungsländern inzwischen differenzierter betrachtet. Auch UN-Organisationen und nichtstaatliche Hilfsorganisationen greifen verstärkt auf deren Dienstleistungen zurück. In Kriegs- und Krisenregionen, in denen UN-Mitgliedsstaaten aus geostrategischen Gründen an einer effektiven Friedenssicherung nicht interessiert sind, könnten private Sicherheitsfirmen in Zukunft sogar Peacekeeping-Funktionen übernehmen.[/

Dieter Reinhardt aus der zeitschrift für Entwicklungspolitik

Ich sehe in dieser Praxis solange keine Gefahr, solange diese "Privatarmeen" ihren Auftrag von staatlichen nationalen oder übernationalen verfassungsrechtlich geregelten Organen erhalten. Bisher war man der Meinung, dass Hoheitsrechte nur von staatlichen Organen ausgeübt werden dürfen. Diese Praxis scheint, wie wir sehen, aufgeweicht zu werden. Und das ist bedenklich.
Es ist nun einmal Aufgabe des Staates, Schutz nach innen und außen zu bieten und zwar durch seinen Organe. Eventuelle EU - truppen oder UNOtruppen würden - und werden wahrscheinlich - aus diesen Organisationen Uberstaaten machen und so wird in Zukunft auch der Begriff Territoral - / und oder Nationalstaat eine neue Qualifikation erhalten. In diesem Umbruchsfeld scheinen wir gerade zu leben.

Nur bin ich der Meinung, dass es im Augenblick in Europa und den USA noch Bangemachepolitik ist, das Gespenst privater Söldnerführer anstelle demokratisch gewählter "Volkssouveräne" an die mediale Wand zu malen.

Marianne
 
instanton,

einer Ausweitung der Zuständigkeitsbereiche von privaten Sicherheitsdiensten stehe ich mit sehr grossser
Skepsis gegenüber, weil die Gefahr sehr gross ist, dass daraus ein "Zurück zum Faustrecht" wird.

Der Clan mit dem stärkeren privaten Sicherheitsdienst beherrscht die anderen Clans.

Eine dahingehende Entwicklung konnte man beispielsweise in den 70-er Jahren im Libanon beobachten.

Das Gewaltmonopol sollte deshalb beim Staat liegen,
und dort auch einer rigiden rechtsstaatlichen Kontrolle unterzogen werden.

Auch wenn das daraus entstehende "Law & Order feeling" so Manchem nicht wirklich behagt,
was ich angesichts der naturgemäss immer unvollkommenen rechtsstaatlichen Kontrolle
bis zu einem gewissen Grad ja auch nachempfinden kann, so sollte dennoch nicht übersehen werden,
dass die Alternative zur erwiesenermassen nur unvollkommen kontrollierten staatlichen Gewalt
eben eine noch weniger kontrollierbare private Gewalt darstellt.

Meine Präferenz gilt deshalb dem staatlichen Gewaltmonopol
flankiert von möglichst rigider Kontrolle der staatlichen Sicherheits-Exekutive.

So wie einerseits Willkür-Akte und Übergriffe der Sicherheits-Exekutive penibel zu untersuchen und zu verfolgen
sind, so sollte andererseits auch eine massive Schwächung der Effektivität der staatlichen Sicherheits-Exekutive
und der Justiz die Alarmglocken läuten lassen.

Eine ganz wichtige Wirkung des staatlichen Gewaltmonopols soll ja auch die vorbeugende Abschreckung von
Rechtsbrechern sein, die sich aus einer massiven Überlegenheit der staatlichen Gewalt gegenüber Rechtsbrechern
ableitet.

Je mehr aber die Kräfte für die Rechts-Durchsetzung aufgesplittet werden, umso kleiner wird die Überlegenheit
gegenüber den Rechtsbrechern, und umso weniger wird die vorbeugende Abschreckung wirken.

Palermo und Beirut könnten dafür geradezu Musterbeispiele sein.

In jenen Ländern, in denen es noch kein demokratisch legitimiertes staatliches Gewaltmonopol gibt,
ist der Weg dorthin dornenreich und kurvig, davon könnten auch UN-Diplomaten ein Lied singen
(zumindest jene Diplomaten, die sich ehrlich um eine Entwicklung in diese Richtung bemühen).


Das musste auch einmal gesagt werden.
 
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Wie stellt sich Neugier vor, gegen die doch unverkennbar vorhandenen Trends zur Privatisierung von Gewaltmonopolen anzukämpfen? Von bodygard bis zur Privatarmee gibt es doch da schon allerhand. Vergleiche auch die Beiträge von Gaius.

Ich sagte bereits, dass in verfassungsrechtlichen Demokratien dieser Trend noch kaum spürbar ist.

Haben wir Einfluss, ihn zu stoppen? Welchen? Bitte nicht nur mediale Aufklärung anführen.


Vorschläge eines so glänzenden Kopfes interessierten mich.

Marianne
 
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