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Poetry Slam

Mg606

New Member
Registriert
10. Februar 2008
Beiträge
315
Wiedereinmal ein aufkommender "Trend" wenn man es so zu nennen wähge,
die renaissance der Dichtkunst? Nicht unbedingt, allerdings wird sie wieder Salon-(bzw. Kneipen-)fähig. Autoren tragen selbstgeschriebene Gedichte vor, meistens in kleineren Lokalen und Kneipen (vorbild USA?). Ich finde es einfach toll, vorher hatte man vielleicht zugang zu Gedichten, allerdings konnte man sie nie "erleben" und sie waren meist nicht zeitgenössisch (selbst wenn sie zeitlos waren).

Ein sehr schönes finde ich:

http://www.youtube.com/watch?v=bvsDkH9Okws
 
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AW: Poetry Slam

War von Euch jemand mal aktiv bei Poetry-Slam auftretend?
Falls nicht,
täte(n) es auch
Passivist(en).
;)
 
AW: Poetry Slam

Poetry Slam selbst hab ich noch nie gemacht aber hör immer wieder gerne zu!! Bin auch bei vielen Events am start!
 
AW: Poetry Slam

War von Euch jemand mal aktiv bei Poetry-Slam auftretend?
Falls nicht,
täte(n) es auch
Passivist(en).
;)

Ja, habe fertig mit Poetry Schlamm !
Mein 1maliger Versuch war eine farce. Ein älterer, promovierter, rotbackiger, mönchsgesichtiger Literaturwissenschaftler hatte eingeladen. Ca. 12 "Dichter" waren am Start.
Vorgesehen waren je 4 Minuten Vortrag. Leider hatte der Initiator die Idee, die Reihenfolge nach Alphabet zu gestalten. Mein Name beginnt mit W !
Die ersten beiden Dichter waren Bauersfrauen aus der näheren Umgebung. Sie trugen in örtlicher Mundart Gereimtes vor. Eine von ihnen hatte ca. 20 DIN A4-Seiten vorbereitet und diese lose - leider zu Boden fallen lassen. Sie las entsprechend je eine ganze Seite vor - und suchte dann ca. 5 Minuten lang die nächste - usw. Der letzte Satz ist mir noch gegenwärtig: ....dat was chanich de Roggenmume wäst, nä, dat was nur `n Stein wäst....!
So ging es munter weiter bis zum Buchstaben D, als ein stark christlich angehauchter Poet das Göttliche in Blättern und Blumen beschrieb. Eine Hausfrau in knallenger, weißer Wurstpellenhose lief anschließend durch die Reihen, um für ihren religiös dreinschauenden Ehemann fein gebundene, gereimte Werkchen an die Zuhörer zu verkaufen. Glücklicherweise gab es zwischendurch eine leckere Kürbiscremesuppe. Es kam noch ein 84-jähriger Bänkelsänger zum Einsatz, welcher das schöne Lied vom Löwen, der heute Nacht schläft mit deutschen Texten über den Steinkohlenbergbau "verfeinert" hatte und auch ein lokaler Siebdruckkünstler bänkelte mit Blechgitarre begleitet eine Moritat aus dem innerstädtischen Kleinkneipenmilieu. ....----
Als ich endlich meine 2 Gedichtchen vortragen durfte, waren 60% der Anwesenden schon Abwesende. Um etwas aufzuhellen trug ich in Wiener Mundart vor. Das fanden die noch wachen Zuhörer interessanter, als den Text.
Es war eine Schwerstarbeit - ohne sittlichen Nährwert.
Aber vielleicht muß man ja alles mal mitgemacht haben.-
Perivisor
 
AW: Poetry Slam

... Mein 1maliger Versuch war eine farce
... Als ich endlich meine 2 Gedichtchen vortragen durfte, waren 60% der Anwesenden schon Abwesende. Um etwas aufzuhellen trug ich in Wiener Mundart vor. Das fanden die noch wachen Zuhörer interessanter, als den Text.


Vielleicht waren Ihre Gedichte einfach schlecht, oder scheiße.
Zeigen Sie doch mal her ...


 
AW: Poetry Slam

Vielleicht waren Ihre Gedichte einfach schlecht, oder scheiße.
Zeigen Sie doch mal her ...



Gut, hier also eine kleine Kostprobe:

Modern

Neulich zeigten Sie ein Hirn
ohne Windungen
ganz glatt, schnörkellos
modern eben.
Aber: neuronal verknüpft mit einem Interface
zwar ohne Mimik-
doch mit 1000 Mhz
brausten gewaltige Datenströme
hin - und her
Gemerkt hat man nichts davon,
das Hirn pulsierte nur
ganz durchschnittlich



Alte Beziehung

Ein Wort regt auf
die Ader schwillt
das Widerwort klingt wenig mild.
Auch dieses führt zum Rasepuls
man steht sich gegenüber
und schlägt mit Worten
Schlag auf Schlag
wo man sich trifft
den ganzen Tag die Zweisamkeit hernieder.

Des Abends folgt die Stille.
Der Rasepuls ist längst verflogen
Voll Ingrimm ist der Wille
Die Mimik wird zurecht gebogen.

Zwar schnaubt man nicht,
man geht vorbei,
berührt sich nicht mit Blicken.
Die Fragen, die im Raume steh`n
erlauben keine Reaktion
nicht Schütteln oder Nicken.

Man geht vorbei und sagt kein Wort
stets in der gleichen Richtung.
Ein jeder hat sich so verbohrt,
kein Weg führt in die Lichtung.


Perivisor
 
AW: Poetry Slam

Gut, hier also eine kleine Kostprobe:

Modern

Neulich zeigten Sie ein Hirn
ohne Windungen
ganz glatt, schnörkellos
modern eben.
Aber: neuronal verknüpft mit einem Interface
zwar ohne Mimik-
doch mit 1000 Mhz
brausten gewaltige Datenströme
hin - und her
Gemerkt hat man nichts davon,
das Hirn pulsierte nur
ganz durchschnittlich



Alte Beziehung

Ein Wort regt auf
die Ader schwillt
das Widerwort klingt wenig mild.
Auch dieses führt zum Rasepuls
man steht sich gegenüber
und schlägt mit Worten
Schlag auf Schlag
wo man sich trifft
den ganzen Tag die Zweisamkeit hernieder.

Des Abends folgt die Stille.
Der Rasepuls ist längst verflogen
Voll Ingrimm ist der Wille
Die Mimik wird zurecht gebogen.

Zwar schnaubt man nicht,
man geht vorbei,
berührt sich nicht mit Blicken.
Die Fragen, die im Raume steh`n
erlauben keine Reaktion
nicht Schütteln oder Nicken.

Man geht vorbei und sagt kein Wort
stets in der gleichen Richtung.
Ein jeder hat sich so verbohrt,
kein Weg führt in die Lichtung.


Perivisor

Gar nicht schlecht! Spricht mich beides an! Schade, dass du kein interessiertes Publikum vorgefunden hast!
Hast du noch mehr?
:winken1:
 
AW: Poetry Slam

Gar nicht schlecht! Spricht mich beides an! Schade, dass du kein interessiertes Publikum vorgefunden hast!
Hast du noch mehr?
:winken1:

Die Kenntnis des Menschen

Dr Mänsch
ist so klug,
dass`r weiß - warum.-
Dr Mänsch weiß über sich
alles Gute.
Dr Mänsch
ist unsterblich
in sich vernarrt
Dr Mänsch vermehrt sich
unmenschlich


Ballast abwerfen

Im Idealfall klebt das Handy
am rechten Ohr, mit der Maus
klickst du durchs Internet, während du im
100Mhz Super-Plasma-Fernseher
zugleich 4 Programme siehst
und dir dabei `ne Cola und`n Big Mac reinziehst

Das Ganze findet im Fond deines
superlangen, tiefergelegten Anthrazit-Smart statt, während der
Hightech-Dummy auf dem Fahrersitz
die Satelliten-Navigationsdaten
an die Maschine weiterleitet.

Du wiegst 180 Kilo und deine Beine
hast du
gentechnisch entfernen lassen.

Man muss Ballast abwerfen können.


Der Abendspaziergang

Endlich die Treppe hinunter
freu ich mich auf den Sprung durch die aufgerissene Tür
ins Freie,
ziehe aber sofort die Mütze tiefer,
die Schultern hoch und gehe schnell,
fast geduckt,
nicht elastisch, wie ich es vorhatte.
Peitschender Regen trifft nur das Kinn.
Magengeruch dunstet mich an.
In Portionen aus den Automatik-Türen der neu umgebauten Kneipe ausgehaucht.
Ich suche die Gosse: hier läuft sichs flink-
..den Linienbus frontal im Auge,
hüpfe ich bisweilen
auf den Gehsteigrand.
Dunkle Gestalten unter Ladenschlußneonglut
feixen - noch ziellos!
Daran vorbei, blicklos, hautnah zum Laternenpfahl
umrunde ich das blasse Gesicht
eines skeptischen Gitarreros mit Plastikbag.
Dahinter mache ich aus den Augenwinkeln
zündelnde Jungen in Bomberjacken aus.
Außer den fauchenden Regenböen
nur das pulstreibende Scheppern
einer weggeschleuderten Cola-Dose und
unvorhersehbar - spät-danach
gellendes Grölen,
ungeformte Wortfetzen,
Wie Tiergeräusch, abrupt, bedrohlich
schon hinter mir im warm gepolsterten Rücken.
Nun drücke ich die nassen Schultern
unter die Arkaden,
laufe in glitschigen Bahnen
meiner Vorgänger mitten in den Haufen
kurzhaariger Lederhosen-Träger, die vor meinen
heimlich geballten Fäusten - auseinanderweichen.

Am breiten Strassenrand gestoppt
von den anrollenden Wogen des schwarzglänzenden Limousinenmeeres
warte ich
auf meine Chance !
Zum Sprung bereit,
wage ich mich erst hinaus, als trübes Rot
eine jähe Schneise schlägt.
Wuchtig zerstäube ich den Asphaltfilm
bis zum rettenden Ufer,
schlage mich diagonal durch stummfeuchte Trübsalsfiguren
hin zum grellwarmen Sitzplatz
hinter der Graffiti-Rückenlehne
meines schläfrigen Nachbarn.Wir haben das gleiche Ziel-
bis auf Weiteres.

Perivisor
 
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