Auf mich macht das den Eindruck einer mehr amerikanischen als englischen Angelegenheit.
Für Amerikaner ist eine Rassismus-Debatte offenbar eine ähnlich juckende national-historische "Narbe" (sorry, wenn ich das jetzt zur Illustration mal banalisiere), wie für uns der Holocaust.
Meghan mag afroamerikanische Vorfahren haben, aber ehrlich gesagt käme ich kaum auf die Idee, sie so einzuordnen, träfe ich sie unbekannterweise auf der Straße - weder im positiven wie im negativen Sinne.
Der Rassismus, den es fraglos gibt, hört erst dann auf zu existieren, wenn wir in der Lage sind, angebliche Unterschiede nicht mehr thematiseren zu müssen, egal von welcher Seite sie auch immer kommen mögen und egal, ob das nun "positiv" oder "negativ" gemeint ist.
Den meisten Prominenten kann man bei ihren Befindlichkeiten vorhalten, dass sie sich um ihre Prominenz selbst bemüht haben, sie wollten prominent sein. Dann müssen sie damit auch leben ...
Prinz Harry hat sich jedoch seine Prominenz nicht selbst ausgesucht, er wurde - vllt. zu seinem Leidwesen - schon als Prominenter geboren.
Seinen Ausstieg aus der Königsfamilie finde ich persönlich sympathisch und auch mutig. Er mag trotz allem "reich" und privilegiert sein - ein Privatmann, der einfach mal so an "Willis Grillstation" in Castrop-Rauxel eine Currywurst essen kann, der wird er nie sein können. Und das, ohne sich seine Bekanntheit je selbst ausgesucht zu haben.
Harry muss seine Rolle in der Position eines vielbeobachteten Aussteigers erst finden. Möglicherweise lässt er sich von seiner Frau gerade vorführen und ich vermute, seine Frau ist schlauer und mehr der Motor, als er selbst. Aber so sind junge Frauen ... So gesehen ist seine Kritik verhalten, zahm geradezu. Auf mich wirkt das alles weniger wie eine "Abrechnung" als mehr wie eine "Befreiung" - und das finde ich angesichts der Situation des Paares legitim und angesichts der Jugend der Beteiligten sogar souverän.
Harry und Meghan werden sich überlegen müssen, wovon sie und ihre Familie in Zukunft leben wollen. Leicht wird es nicht werden. Sie werden schnell merken, dass der alte Lack bald ab ist, und wenn sie nicht der "It-Man" oder das "It-Woman" werden wollen, es etwas geben muss, dass jenseits der Prominenz irgendeinen Gehalt hat. Gerade die amerikanische Gesellschaft ist kurzlebig, heute hui, morgen pfui. Meghan kann sich ggf. auf ihre Mutterrolle zurückziehen und Interviews für Frauenzeitschriften geben, von Harry aber wird man eine Art Ernährerrolle erwarten. Und da wird es bald um mehr gehen, als nur um ein royales Abziehbild.