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????? - Kirche und Staat und rechtliche Gleichstellung

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Marianne

Guest
Es gibt ein Schreiben des päpstlichen Stuhles, dass die christlichen/ katholischen Politiker verpflichten soll, parlamentarisch immer gegen die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare zu stimmen? Wenn man das nicht tue, begehe man eine schwere Sünde.


Ich finde, das ist ein ziemlich ungeheurer Eingriff in staatliche Hoheitsrechte, in das freie Mandat der Abgeordneten.

Ich stelle klar: wenn solche Politker das aus Gewissengründen tun, ist es völlig OK. Als verpflichtende Vorgabe ist es klerikaler Übergriff.


Marianne
 
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Schön' guten abend,

letztendlich garantiert die Freiheit jedem Menschen die Wahl sich zu entscheiden, sich zu entscheiden zwischen einem Leben mit Gott und einem Leben ohne Gott, d.h. in diesem von dir angesprochenen Fall, zwischen einem Leben geprägt durch die Vorstellungen des Christentums an dessen höchster menschlicher Position der Papst steht, oder aber sich zu entscheiden für ein Leben nach eigenen Vorstellungen, beruhend auf dem eigenen Verstand, allgemeingültigen Menschenrechten und (in bezug speziell auf den Deutschen Staat) im Einklang mit der deutschen Verfassung.

Diese Verfassung, grundlage des zwischenmenschlichen Zusammenlebens von immerhin 83 Millionen Menschen, bezeichnet den deutschen Staat als einen "säkularen Staat". "Säkularisierung" meint, dass der Spielraum der Gesetzgebung nicht durch Verpflichtung auf ein Glaubensbekenntnis eingeschränkt ist. Ein Beispiel: die Abtreibung! Unsere Gesetzgebung und Rechtsprechung stellen unter bestimmten Voraussetzungen Abtreibungen straffrei, d. h. erlauben sie faktisch. Der Papst tut dies nicht, und, dadurch zeichnet sich die säkulare Gesellschaft aus, das ist auch sein Recht. Er folgt einfach seinen religiösen Überzeugungen.

Diese säkulare Gesellschaft zeichnet sich aber vor allem dadurch aus, dass Religion privatsache des Einzelnen ist, die im öffentlichen Leben ausgelebt werden kann, auf dieses aber keinen Einfluss nimmt. D.h. ob man nun Christ, Jude, Moslem oder Angehöriger einer anderen Religion bzw. keiner Religion ist, jedem selbst überlassen; ist privat. Dieser Glaube kann nun auch öffentlich, zum Beispiel in Kirchen, Moschen oder Synagogen, ausgelebt werden. Einfluss auf das öffentliche Leben nehmen darf die Religion jedoch nicht.

Damit kümmert sich eine säkulare Gesellschaft um genau das nicht, was einem religiösen Menschen - wenn er es ernst meint - das Wichtigste sein muss. Für einen religiösen Menschen ist eine säkulare Gesellschaft eine Gesellschaft des Irrtums. Diese Ansicht teilt die Geistlichkeit Teherans mit der (orthodoxen) Geistlichkeit Jerusalems und der Geistlichkeit Roms. Diese säkulare Gesellschaft zu bekämpfen ist ein klares Ziel islamistischer Gruppen überall in der Welt, sie in Israel zu bekämpfen ist Ziel eines Teils des dortigen politischen Spektrums, und sie weltweit zu bekämpfen war das erklärte Ziel des vor kurzem verstorbenen Papstes Johannes Paul II.
Ich sage nicht: Sie zu bekämpfen ist das Ziel jedes religiös empfindenden Menschen. Festgehalten werden muss aber doch, dass eine gewisse Spannung besteht zwischen einer Gesellschaft, zu deren Öffentlichkeitsverfassung gehört, dass es keinen privilegierten Zugang zur Wahrheit gibt, und Menschen, deren Leben von der Vorstellung erfüllt ist, es gebe dergleichen und sie seien im Besitz dieses Zugangs.
Zitat von Jan Philipp Reemtsma



Zitat von Marianne
Es gibt ein Schreiben des päpstlichen Stuhles, dass die christlichen/ katholischen Politiker verpflichten soll, parlamentarisch immer gegen die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare zu stimmen?

Mit dieser Aufforderung wird gegen den säkularen Staat verstoßen. Es wird dazu aufgefordert, homosexuelle Menschen nicht als gleichwertig 'anderen' Menschen gegenüber zu betrachten. Ein eindeutiger Einschnitt in das öffentliche Leben.

Persönlich würde mich vor allem interessieren, woher diese Abneigung seitens der katholisch-römischen Kirche gegenüber homosexuellen Menschen überhaupt kommt?
Letztendlich geht es doch nur um zwei Menschen die sich lieben, nicht mehr, und nicht weniger!
Woher nimmt der Papst das Recht, homosexuellen Menschen diese Liebe verbieten zu wollen? Gehört nicht viel mehr dazu einen Menschen zu beurteilen als seine Sexualität?

Im Kontext solcher Diskussionen hört man, von Befürwortern solcher päpstlicher Diskriminierungen, häufig das Argument der "Unnatürlichkeit des Homosexuellen"!
Unnatürlich? Was bitte schön in der heutigen Zeit ist denn noch natürlich? Und wieso sollte Homosexualität überhaupt unnatürlich sein? Es gibt zahlreiche Beispiele von homosexuellen Tieren! Als wohl in Deutschland bekanntestes Exampel gilt der schwule Storch Edgar des Osnabrücker Zoos, der 16 Jahre lang in einer gleichgeschlechtliche Beziehung mit seinem Artgenoßen Holger lebte, bis dieser gewaltsam getötet wurde.

Studien amerikanischer Wissenschaftler haben außerdem ergeben, dass Homosexuallität, vererbbar durch ein bestimmtes Gen, angeboren ist. Was wäre unnatürlicher als diese angeborene Sexualität zu unterdrücken?

Toleranz ist keine Ignoranz, sondern das Wesen zu einer besseren Welt.​

mfg Patrice :jump1:
 
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