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György Ligeti gestorben

Miriam

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26. Juni 2005
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9.722
Einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart, György Ligeti ist tot. Er starb im Alter von 83 Jahren in Wien. Ligeti war Träger der renommiertesten internationalen Musikauszeichnungen. Er erhielt unter anderem den Balzan-Preis, den Musikpreis der Unesco und den Kyoto-Preis.

Der internationale Durchbruch gelang Ligeti 1961 mit dem Orchesterstück "Atmosphères". Einige seiner Werke wurden als Soundtrack von Stanley Kubricks Film "2001 - Odyssee im Weltraum" bekannt. Charakteristisch für Ligetis Musik ist nach Einschätzung von Experten unter anderem eine Stimmverflechtung auf engstem Raum, die so genannte Mikropolyphonie.

Ligeti wurde 1923 als Kind ungarischer Eltern in Siebenbürgen geboren. Sein Vater und sein Bruder wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Nach dem Ungarn-Aufstand floh er 1956 nach Wien und nahm später die österreichische Staatsbürgerschaf an. Ligeti lebte und lehrte auch lange Zeit in Hamburg.

(Text der Tagesschau.de 12.06.2006 16:51 Uhr)
 
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Miriam schrieb:
Einige seiner Werke wurden als Soundtrack von Stanley Kubricks Film "2001 - Odyssee im Weltraum" bekannt.

Ja, das war eigentlich das Einzige, was ich von ihm geliebt habe ("Der schwarze Monolithe"...). Einer meiner Söhne - ein großer Fan der
musique contemporaine - hat mich die "Nonsense Madrigals" hören lassen - ich habe nichts verstanden! Man muß sich eben dafür kultivieren... Aber für mich wäre der Weg von Klassik - über Oper und komische Oper - und Operette! - zu schwierig.

Aber es tut mir immer leid, wenn ein Künstler stirbt! Und mein Sohn wird sicherlich traurig sein, da er Ligeti sehr gern mag. Ich werde ihm gleich telephonieren.

Viele Grüße von
Bécir
 
Der unpassendste Ort, um zu erfahren, dass Ligeti gestorben ist, ist wohl in einer mexikanischen Kneipe vor einem Bier in der Halbzeitpause auf die zweite Hälfte wartend...
So geschehen mir. Allerdings erfuhr ich's nicht direkt, weil ich auf dem Klo war, sondern mein Freund, in musikalischen Dingen noch bewanderter als ich, tat es mir bei der Rückkehr kund, indem er den Nachrichtensprecher zitierte, der irgendwas von "flächigen Kompositionen" schwafelte.
Immerhin konnte ich mit der hübschen Anekdote kontern, dass ich just vor ein paar Tagen gleich drei Nachrufe auf bedeutende zeitgenössische Komponisten "auf Vorrat" zu produzieren hatte und ausgerechnet Ligeti nicht dabei waren (in der Tat waren es Schnebel, Pärt und Henze).
Wir waren uns einig, dass er doch einer der besseren der klassischen Avantgarde war.
Wer sich für ihn interessiert, dem empfehle ich das Buch "Träumen sie in Farbe? - György Ligeti im Gespräch mit Eckhard Roelcke" in dem er interessant aus Leben und seinen Einsichten erzählt.

:danke: :blume1:
 
Bin sehr erfreut und auch zum Teil berührt von Euren Beiträgen, Beau.bécir und Robin, es zeigt doch, dass Ligeti wenigstens zum Teil bekannt war - ich befürchtete, dass man ihn gar nicht kennt.

Allen die die Musik Ligetis nicht kannten aber doch neugirig auf sein Schaffen sind, würde ich seine Oper "Le Grand Macabre" empfehlen, ausserdem seine späteren Kompositionen, bei denen man ihm sogar vorwarf die Avantgarde verlassen zu haben. Denn bei diesen Werken kehrt er ja zurück zur Harmonie.

Robin schrieb:
Allerdings erfuhr ich's nicht direkt, weil ich auf dem Klo war...

Diese Aussage hätte Ligeti sehr gefallen - er hatte viel Humor..

Gute Nacht in die Runde

Miriam
 
Zuletzt bearbeitet:
… es zeigt doch, dass Ligeti wenigstens zum Teil bekannt war - ich befürchtete, dass man ihn gar nicht kennt.

Ich habe ihn sogar persönlich getroffen, in einem recht intimen Konzert der IGNM (Internationale Gesellschaft für neue Musik) in Basel.
Er hat sich für den Applaus bedankt und ein paar Worte zur Erklärung seiner «Bagatellen für Bläser» gesprochen.

evgenios
 
Gut, dann halt - weil es wohl sein muß, daß auch meine Wenigkeit einer anerkanntest größten Persönlichkeit einen Nachruf hinterherschleudert:

Ich habe in Hamburg Komposition studiert, zu der Zeit, als Ligeti hier Professor war, er hat meine Aufnahmeprüfung mit abgenommen (mit den Worten: Endlich mal was anderes!) --- Ich habe derweil trotzdem bei Ulrich Leyendecker studiert, es war sicherlich falsch, nicht zu Lachenmann oder Henze zu gehen - aber Ligeti? Von diesem aufgetriebenen Tonbrei, der ab der "Mélodies" (1971) so tut, als wenn in den vergleichgültigten Clustern eine menschliche Stimme sich regte, war nicht viel zu lernen, wenn auch die hamburger Ligeti-Schüler sich noch bis vor kurzem selbst feierten - mehr als krampfhaft verschobener Quasi-Pop kam dabei nicht heraus - ganz so, wie Ligeti manchmal afrikanisch tut oder sein "Meisterwerk", das Horntrio, von 1982 Beethoven zitiert (op. 81a) und alle Musikwelt hält die verstimmten Quinten für Brahms (Horntrio op. 40). Aber das ist auch egal. Ligeti mußte irgendwann nur noch "Fraktal" und "Traum" sagen, und die Welt lag ihm zu Füßen, und die glaubte, nur weil sie bei den belanglosen Klängen sich was vorstellen kann, sie hörte schon Musik.

Er hat sehr einfache Musik geschrieben,
und ich soll über Tote nichts schlechtes sagen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
"Aaaacha!" sagte ich, als ich Gaius Beitrag über Ligeti las. Folgte ein langer Monolog, bei weitem nicht so pikant wie der von Molly, wie würde ich es wagen?
Nein, dabei ging es um Gaius. Und, dass ich ihn in dieser Zunft (nicht beleidigend gemeint), nicht vermutet hätte (siehe seine Beiträge bei den Menschenrassen). Dass er sich nun doch etwas geoutet hat - die Insider-Informationen die er hier preisgibt können hier sowieso nur von wenigen eingeordnet werden (siehe nochmals den Thread Menschenrassen). Lachenmann wird meisst für den Künstlernamen eines Komikers gehalten, und auch mir fehlt das echte Wissen dazu - na ja, sagen wir eher, dass ich das Wissen einer besitze, die immerwieder vom Gartenzaun in diese Szene hineingeguckt bzw. hineingehört hat.

Und jetzt kommt natürlich meine Frage, Gaius: kennst du auch György Kurtàg? Wie findest du seine Musik?

Mit etwas neugierigen Grüßen

Miriam
 
Ach, Miriam, hast Du mich etwa für einen Biologen gehalten? Nicht für einen Politologen *loool* and who the hell is Molly? :D

Helmut Lachenmanns Musik ist in der Tat oft von umwerfender Komik - ich liebe aus diesem Grunde vor allem das erste Streichquartett "Gran Torso" und die "Tanzsuite mit Deutschlandlied";

aber für denjenigen, die an Ligetis Musik Gefallen finden, möchte ich doch zum fortgeschrittenen Genuss dringend die Musik des 1930 geborenen Dänen Per Nørgård empfehlen; da wird ernstlich erfüllt, was Ligeti immer bloß versprochen hat.

Herrn Kurtág kenne ich nicht persönlich, aber da ich es gern etwas üppiger habe, sind mir noch seine ausgeführtesten Stücke zu angedeutet. Das ist Geschmackssache; Kurtágs Arbeiten sind knapp und sehr klar.

Lieber höre ich eine Symphonie von Peter Maxwell Davies; die für mich wunderbarste, lebensvollste Musik im 20. Jh hat jedoch der 1908 geborene Amerikaner Elliott Carter komponiert.

Tja...
 
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Gaius schrieb:
and who the hell is Molly?

Na sowas! Was Mollys Monolog ist? Damit endet James Joyce's "Ullyses" - ein sehr schöner Text - und wer gerne wissen möchte wie solche inneren Monologe bei Frauen manchmal klanglos klingen, sollte diesen Text mal lesen. Molly Bloom ist die Frau der Hauptfigur, Leopold Bloom, den der Autor 18 Stunden durch Dublin begleitet. Mollys Monolog umfasst etwa 40 Seiten - sehr lesenswert!

Gaius schrieb:
Herrn Kurtág kenne ich nicht persönlich, aber da ich es gern etwas üppiger habe, sind mir noch seine ausgeführtesten Stücke zu angedeutet. Das ist Geschmackssache; Kurtágs Arbeiten sind knapp und sehr klar.

György Kurtàg: ich finde eben die Knappheit seiner Kompositionen spannend, du sagst "angedeutet" und das ist m.E. zutreffend. (Welch unfreiwilliger Kontrast zur Länge des oben erwähnten Molly-Monologes!)

Auch wunderschön seine Komposition (Klavier - vierhändig) in der er seine Játékok (Spiele) Bach-Transkriptionen gegenüberstellt. Und auch seine Hölderlin-Gesänge, sein pas à pas - nulle part (Samuel Beckett) finde ich sehr schön.
Aber ich bin nicht vom Fach. Dies ist nur eine banale Stimme aus dem Publikum.

Was dich betrifft - :dontknow: - na ja, sicher hatte ich dich für einen Biologen gehalten.

Wie auch immer,

liebe Grüße

Miriam
 
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