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Frieren für die Freiheit

S

Soraya

Guest
Als der ehemalige Bundespräsident der BRD und früher als evangelischer Theologe/Pastor tätige Joachim Gauck in der Nacht zum 10.3.2022 in der ARD-Talkshow Maischberger sagte, dass die Bürger in Deutschland für die Freiheit auch einmal frieren und für ein paar Jahre auf ihren Wohlstand verzichten könnten, dachte ich mir gleich, dass man sowas ja sehr leicht sagen kann, wenn man selbst über 200.000 Euro Jahreseinkommen an staatlichen Amtsbezügen erhält und nicht zu denen gehören wird, die für die Freiheit frieren und auf alles mögliche verzichten sollen, bzw. müssen.

Wörtlich sagte Gauck:

"die Verluste an Wohlstand seien zu ertragen. Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben".

Mit diesem Satz hatte Gauck für Solidarität mit der Ukraine geworben, als es um die Frage nach einem Importstopp für Öl und Gaslieferungen aus Russland ging und hat damit sehr große Empörung ausgelöst.


In Österreich nennen sie es zwar etwas anders, also "Frieren für den Frieden", aber auch dort werden die Bürger dazu aufgerufen, freiwillig zu frieren, um den Krieg in der Ukraine nicht länger mitzufinanzieren.


Nun war es während dem Frühling und Sommer natürlich sehr leicht zu sagen, dass man selbstverständlich gerne für die Freiheit und den Frieden der Ukraine und der Ukrainer frieren wollen würde, doch wie wird es erst sein, wenn es kalt wird? Zurzeit bin ich zwar froh, wenn es nachts abkühlt und die Temperatur in der Wohnung durch das Lüften abkühlt, aber es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis es so kalt wird, dass wir die Heizungen einschalten müssen.

Wie wird es wohl dann sein? Kann man wirklich davon ausgehen, dass die Menschen freiwillig frieren und auf ihren Wohlstand, ihr Lebensglück und ihre Lebensfreude verzichten werden oder kann man sich doch eher auf ihren Egoismus verlassen?
 
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Den Egoismus wird man wohl allgemein nicht so schnell abschaffen können.
Man könnte sich aber überlegen, wie man die Energie halbwegs gerecht verteilt.
Frierende Familien gegen Luxusindustrie? Wir können eher auf teure Kosmetika oder
Prachtslimousinen verzichten als auf eiskalte Wohnungen, so meine ich.
 
Wie wird es wohl dann sein? Kann man wirklich davon ausgehen, dass die Menschen freiwillig frieren und auf ihren Wohlstand, ihr Lebensglück und ihre Lebensfreude verzichten werden oder kann man sich doch eher auf ihren Egoismus verlassen?

Ich bin auch gespannt, wie diese Sache sich entwickeln wird, wenn auf die großen Solidaritätsbekundungen auch echter Verzicht folgen wird, seitens der allgemeinen Bevölkerung natürlich, nicht seitens der Politiker und Twitter-Schickeria, die müssen selber nämlich nicht frieren für die Freiheit und werden weiterhin ihre Reden schwingen. Fest steht allerdings schon eines: Jeder, der dabei nicht mitmachen will, wird zweifelsfrei ein rechtsradikaler Querdenker sein. Das entsprechende Framing mit Begriffen wie "Wutwinter" läuft schon seit Wochen.
 
Den Egoismus wird man wohl allgemein nicht so schnell abschaffen können.
Sollte man das überhaupt tun und wohin würde es führen, wenn man es täte? Ist es nicht der Egoismus, der den Menschen am Leben erhält und ist der Egoismus nicht auch der "Motor", der das gesamte Weltwirtschaftssystem antreibt und am Laufen hält?

Das Wort Egoismus hat zwar allgemein einen ziemlich schlechten Ruf, aber ich finde man sollte immer zwischen gesundem und überzogenem Egoismus unterscheiden. Mit gesundem Egoismus meine ich den, über den wir verfügen müssen, um zu überleben und dazu zählen nicht nur der Egoismus, sich Nahrung zu verschaffen, sondern im Winter auch eine warme Wohnung zu haben, die uns davor schützt krank zu werden oder sogar vor dem Erfrieren bewahrt. Überzogener Egoismus beginnt m.E. erst an dem Punkt, an dem es um das Konsumieren von Luxusgütern geht, doch darüber was Luxus ist, gehen die Meinungen wohl ähnlich weit auseinander, wie über die Frage, was gerecht ist.
Man könnte sich aber überlegen, wie man die Energie halbwegs gerecht verteilt.
Frierende Familien gegen Luxusindustrie? Wir können eher auf teure Kosmetika oder
Prachtslimousinen verzichten als auf eiskalte Wohnungen, so meine ich.
Ich denke, jeder hat Dinge, auf die er gut und gerne verzichten kann und andere, die ihm zu wichtig sind, um (freiwillig) darauf zu verzichten. So kann ich z.B. auf teure Kosmetik verzichten, aber ein Topmodel wird sie wohl als Notwendig ansehen, weil ihr beruflicher Erfolg von ihrem Aussehen abhängt und ihr Beruf eben letztlich auch dazu dient, ihr (Über)-Leben zu finanzieren. Aber natürlich leistet sich nicht nur das Topmodel mehr, als es zum Überleben benötigt, sondern das tun wir letztlich alle, sofern wir es können. Und das ist nicht nur richtig, sondern auch notwendig, denn wenn wir es nicht mehr tun, sondern alle auf alles Überflüssige verzichten würden, würde das gesamte Weltsystem zusammenbrechen.
 
Ich bin auch gespannt, wie diese Sache sich entwickeln wird, wenn auf die großen Solidaritätsbekundungen auch echter Verzicht folgen wird, seitens der allgemeinen Bevölkerung natürlich, nicht seitens der Politiker und Twitter-Schickeria, die müssen selber nämlich nicht frieren für die Freiheit und werden weiterhin ihre Reden schwingen. Fest steht allerdings schon eines: Jeder, der dabei nicht mitmachen will, wird zweifelsfrei ein rechtsradikaler Querdenker sein. Das entsprechende Framing mit Begriffen wie "Wutwinter" läuft schon seit Wochen.
Man sieht doch jetzt schon, wohin alleine die Angst davor, im Winter frieren zu müssen, führt. Die einen kaufen den Holzmarkt leer, um sich Vorräte anzulegen, die anderen gehen sogar in den Wald und klauen das Holz, wieder andere zahlen Höchstpreise um ihre Öltanks zu füllen und die Gaskunden mit einem Durchschnittseinkommen zittern schon jetzt beim Anblick ihrer Gas-Abschläge, obwohl es noch gar nicht kalt ist.

Klar scheint zu sein, dass niemand frieren will und es freiwillig tun wird, sondern dass letztendlich nur diejenigen freieren werden, die die extrem hohen Energiekosten nicht (mehr) bezahlen können. Und dass (zu) wenig Geld zu haben, überhaupt nichts über die politische Gesinnung der Menschen aussagt, wissen auch die Politiker. Diese unsachliche Rhetorik soll m.E. allenfalls dazu dienen, die Menschen davon abzuhalten, sich an Demonstrationen zu beteiligen, aber dass das nicht funktioniert, hat man doch schon bei den Corona-Demonstrationen gesehen, an denen nicht nur Querdenker oder Rechtsradikale teilgenommen haben, sondern auch viele "ganz normale Bürger", die dadurch ihren Unmut und ihre Sorgen kundgetan haben.
 
Den Egoismus wird man wohl allgemein nicht so schnell abschaffen können.
Man könnte sich aber überlegen, wie man die Energie halbwegs gerecht verteilt.
Frierende Familien gegen Luxusindustrie? Wir können eher auf teure Kosmetika oder
Prachtslimousinen verzichten als auf eiskalte Wohnungen, so meine ich.
… "das alles" geht nur über'n Preis …
 
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