AW: EVU - Europäische Verteidigungsunion
Ist die NATO vieleicht zu einen Auslaufmodell verdammt ?
Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die NATO überholt hat. Nur eine zeitliche Prognose wage ich nicht, dazu ist die europäische Integration zu vielen Fluktuationen ausgesetzt. Langfristig wird die EU die NATO aber wohl ablösen - was hoffentlich zu einer mehr oder minder gleichberechtigten Partnerschaft führt. Diese setzt wiederum aber auch eine starke, selbstbewusste EU voraus, die weiß, was sie will. Das ist z. Zt. (noch) nicht der Fall.
Hat die Bildung einer Europäischen Verteidigungsunion welche unabhängig von den USA agiert eine Zukunft?
Aus welchen Grund sollte man bitteschön eine Europäische Verteidigungsunion bilden? So eine existiert doch bereits seit 17 Jahren, sie heißt EU. Sie besitzt bereits jetzt eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) als Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP, sog. "zweite Säule der EU"). Es existieren bereits eine Europäische Verteidigungsagentur, einen Militärstab und ja auch zahlreiche Auslandsmissionen der EU (man denke nur an die "Operation Atalanta" in Somalia oder die "Operation Althea", die die SFOR der NATO weiterführt).
Der Vertrag von Lissabon konkretisiert die ESVP weiter:
Art. 42 EUV-Lissabon
(1) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Sie sichert der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Operationsfähigkeit. Auf diese kann die Union bei Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen. Sie erfüllt diese Aufgaben mit Hilfe der Fähigkeiten, die von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.
(2) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik der Union. Diese führt zu einer gemeinsamen Verteidigung, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat.
Die Politik der Union nach diesem Abschnitt berührt nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten; sie achtet die Verpflichtungen einiger Mitgliedstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung in der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) verwirklicht sehen, aus dem Nordatlantikvertrag und ist vereinbar mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
(3), (4), (5) [...]
(6) Die Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen und die im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen untereinander weiter gehende Verpflichtungen eingegangen sind, begründen eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Rahmen der Union. [...]
(7) Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt.
Die Verpflichtungen und die Zusammenarbeit in diesem Bereich bleiben im Einklang mit den im Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation eingegangenen Verpflichtungen, die für die ihr angehörenden Staaten weiterhin das Fundament ihrer kollektiven Verteidigung und das Instrument für deren Verwirklichung ist.
Zwar wird, überall wo es geht, betont, man wolle ja bloß nicht die NATO beeinträchtigen, aber ich denke, mit der Zeit wird man nicht umhin kommen. Irgendwann werden sich die Prioritäten so verschieben, dass die NATO-Politik eben nicht mehr die GASP der EU beeinträchtigen darf.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die amerikanische Heritage Foundaten dem Lissabon-Vertrag gar nicht so positiv gegenüber steht. Er schwächt, so schreibt Nancy McNamara, die NATO. Und so lautet auch ihr fulminanter Titel:
The EU Reform Treaty: A Threat to the Transatlantic Alliance. Der Grüne Daniel Dohn-Bendit will gar das negative Votum der Iren auf eine massive finanzielle Unterstützung der Gegner durch die CIA zurückführen (
klick!).