Miriam schrieb:
... Die rechtsextreme Szene ist so leicht nicht zu orten oder zu erkennen, wie es uns vielleicht erscheinen könnte wenn ...
Zur konkreten Situation in Österreich (in Deutschland wohl nicht anders). Wir haben gerade wegen der konkreten Verstrickung in den Nationalsozialismus das Wiederbetätigungsverbot uns auferlegt. Da „Wiederbetätigung“ sich nur aus konkreten öffentlichen Taten oder Äußerungen ablesen lässt, („privat“ und im kleinen geschlossenen Kreis kann alles mögliche gesagt und getan werden, ohne darunter zu fallen) ist bei uns die Neue Rechte veranlasst andere öffentliche Äußerungsformen zu finden und sie tut es auch.
Gleichzeitig versucht sie ständig, auszuloten, wie weit gerade gegangen werden darf. Wir haben in Österreich immer wieder gewählte Volksvertreter, die diese Aufgabe übernehmen. Es gibt auch (organisiert?) Jugendliche, Söhne und bereits Enkel der „Ehemaligen“ weil noch nicht voll strafmündig, die dieses probieren und manchmal mit bedingten Strafen, meist aber einer Verwarnung davon kommen.
Die Neue Rechte im Österreichisch Deutschen Raum ist also gezwungen, weitaus stärker in Andeutungen auszuweichen, als in anderen Ländern, die nicht mit dieser Vergangenheit belastet sind. Daher ist dort diese Neue Rechte auch weitaus konkreter fassbar, beschreibbar. Aber, aufgrund der internationalen Vernetzung ist es für diese Rechte bei uns auch nicht mehr notwendig, konkreter zu argumentieren, weil dieses vom Ausland her genügend zur Verfügung gestellt werden kann. Der ursprünglich teilweise erreichte Effekt der Verbreitungsbeschränkung geht damit mehr und mehr verloren, auch wenn es nicht so offensichtlich wird. Es gibt keinen Grund zu meinen, es gäbe bei uns weniger davon als anderswo, zu meinen, bei uns wären Menschen „aufgeklärter“ als anderswo.
„Wirschaftsgeschichtliche Aspekte“ des Antisemitismus sind ein Klischee und schlicht und einfach falsch. Darin wird die Tatsache geleugnet, dass die überwiegende Mehrzahl der Juden in ziemlichem Elend leben musste und es nur den allerwenigsten gelang, sich aus diesem Elend zu befreien. Außerdem, in den Ghettos gab es jede Menge jüdischer Handwerker. Der Hauptumfang „jüdischen Handels“ brachte es trotz allem "jüdischen Geschicks" nicht wesentlich über die Trödlerei hinaus.
Das Zinsverbot wurde von Christen ohnehin immer umgangen, so es hinderlich erschien. Das europäische Bankwesen hatte seinen Ausgangspunkt im katholischen Italien und wurde mit Beginn der Renaissance („Modell Italien) für ganz Europa Vorbild gebend, das Bankwesen im spätmittelalterlichen Orient wurde von Christen aufgebaut und dienten dort den Herrschern.
Die hervorragenden Leistungen des Judentums fanden sich in den Wissenschaften Medizin und Theologie. Einfluss hatten die Juden nicht über gewährte Kredite, sondern, wenn schon, das allerdings auch lebensgefährlich, als „Leibärzte“, an den Höfen der Mächtigen.
Die Begründung und Aufrechterhaltung dieses Klischees, des Juden als „Geldjuden und Blutsauger“, auch wenn er zu einem solchen werden mussten, „weil ihm nichts anderes übrig blieb“, ist in seinem Grunde bereits antisemitisch, weil es eine völlig irreale Fiktion versucht auf diese Menschen zu fixieren und das unter dem heuchelnden Mantel des „Gutmeinens“ und einer scheinbar daraus abgeleitbaren Objektivität.
diethelm