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Determination als Negation des Subjekts

Erbsi

New Member
Registriert
12. Februar 2009
Beiträge
5
Hallo

Ich habe eine Stelle bei Slavoj Zizeks "Die gnadenlose Liebe" gefunden, wo die Identität
von Freiheit und Subjektivität aus kantischer Sicht besprochen wird.
Ich stell sie mal rein:

"Wenn Ray Jackendoff die These vertritt, dass unser Bewusstsein sich der Tatsache verdankt, dass wir uns nicht bewusst sind, wie eben dieses Bewusstsein durch weltliche Prozesse erzeugt wird (Bewusstsein existiert nur insoweit, als seine biologisch-organischen Ursprünge im Dunkeln bleiben), kommt er damit der kantischen Einsicht, dass es Selbstbewusstsein nur insofern gibt, dass ich nur insofern denke, als das Ich oder Er oder Es (das Ding), welches denkt, für mich selbst unergründlich bleibt, sehr nahe."

Wo findet man diese Stelle bei Kant?
Bedeutet das nicht, dass sobald ich mich kausal, von anderen Ursachen erzeugt denke, negiere ich mich zugleich als Subjekt, als Selbst?
Könnte mir das jemand bitte genauer erklären?

Ich würde mich über interessante Antworten freuen.

lg
 
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AW: Determination als Negation des Subjekts

Wo findet man diese Stelle bei Kant?
Bedeutet das nicht, dass sobald ich mich kausal, von anderen Ursachen erzeugt denke, negiere ich mich zugleich als Subjekt, als Selbst?
Könnte mir das jemand bitte genauer erklären?

Ich würde mich über interessante Antworten freuen.

lg

Hallo Erbsi,

Zunächst sei hier im Denk-Forum herzlich willkommen.

Kant schrieb darüber im der Kritik der reinen Vernunft unter I. TRANSZENDENTALE ELEMENTARLEHRE, zweiter Teil, erstes Buch, zweites Hauptstück ffg.

Insbesondere widmete er sich verstärkt den Begriff der Deduktion zu, die er immer wieder überarbeitete und erweiterte, weil er sich einerseits wohl sicher war, dass diese einfache Zusammenfügung aus dem Rationalismus und Empirismus wohl nicht so einfach möglich ist, wie Kant ursprünglich annahm und anderseits er wohl spürte, dass diese besondere Schwierigkeit, gerade in Hinblick auf die Dogmen der Kirche, ein nicht unerhebliches Problem darstellen. (meine Vermutung)

Fest steht aber, dass Kant die Zusammenhänge eben nicht erkannte, weil die Dinge zusammenhanglos nebeneinander liegen würden, so Kant. Seine Vernunft-Begriff ist nach heutiger Kenntnis verfälscht, weil der die Gefühle ablehnte. Da ist David Hume mit dem Empirismus, der den Gefühlen vor der Vernunft den Vorrang gab, viel dichter an der Wahrheit dran, als es Kant jemals gewesen ist. Heute wissen wir, dass es eine gefühlte Moral ist. Sozusagen eine erweiterte Form der Empathie (Mitfühlen).

Ferner steht außer Frage, dass seine gesamte ICH-Zerteilung in empirisches, metaphysisches und transzendentales ICH, total verfehlt ist. Der gesamte transzendentale Schematismus, die Zerteilung des ICHs, welches eine EINHEIT ist, hat aber schon frühzeitig seine Kritiker gefunden.

Den zweiten Teil Deiner Frage kann ich nicht verstehen, ohne das Du mir mitteilst, was Du unter negieren verstehst. Wenn Du Hegels negieren meinst, nein, denn er hebt zwar diese Ebene auf, aber erhebt sich gleichzeitig darüber und beginnt das Denken von vorne, bis der reine, absolute Geist wieder in ihm zurück kehrt.

Lieben Gruß
Axl
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Determination als Negation des Subjekts

Danke erstmal für deine Antwort.

Nein; ich meinte nicht Hegels Negieren.

Meine Frage stellt ein kleines Gedankenspiel dar.

Ich möchte aufzeigen, dass frei zu sein und ein Subjekt zu sein,
eine Identität, ein Selbst zu besitzen, Ich sagen zu können ein und dasselbe
sind.

Kausalität ist ja das Gegenteil von Freiheit.
Was passiert wenn ich mich vollkommen kausal determiniert denke?
Ich hab mir dazu folgendes überlegt:
Nicht Ich denke; sondern ich werde ja gedacht; also bin ich nicht;
erweise ich mich selbst nur als eine Wirkung, eine Illusion anderer Ursachen,
dich ich nicht selbst bin; verursacht habe.
Denke ich nun das zu Ende müsste ich nun sagen: Meine Gedanken gehören mir nicht selbst; sie werden mir (ein)gegeben; ich bin nicht mein eigener Herr; strenggenommen dürfte ich nicht einmal mehr Ich sagen.

Ich hoffe ich konnte meine Frage verständlicher machen.
Wurde dieses Thema irgendwo in der Philosophiegeschichte näher behandelt?
Ich hätte mir gedacht, genau soetwas meint Zizek/Kant mit der obigen Stelle.

lg
 
AW: Determination als Negation des Subjekts

Also den Zizek, dass sei mal festgehalten kenne ich gar nicht. Aber mit Kant aber ich mich länger beschäftigt und noch heute lese ich, wenn ich bestimme Schriften auf Kants Philosophie verweisen, darin und bin recht erstaunt auch über die Tatsache, dass Kant immer noch so hoch gejubelt wird. Nunja er hat schöÖön gedacht, aber gerade in der Frage des Ichs und der Transzendenz doch viel zu früh aufgehört. Vom leugnen und verdrängen der Gefühle mal ganz abgesehen, war es doch derzeit Mode, die er sich bereitwillig unterwarf.

Zum Determinismus sei angemerkt, dass es den harten Determinismus gibt, der hauptsächlich von William James so bezeichnet wird, wo alles den Ursache-Wirkungsprinzip unterstellt ist. Der weiche Determinismus, der u.a. von David Hume und John Stuart Mill vertreten wird, vereint jedoch die menschliche Freiheit mit dem weichen Determinismus. Sie sind auch nicht widersprüchlich zueinander. Auch der Buddhismus und der Konfuziunismus sind demnach weicher Determinismus.

Ich denke, dass jetzt die Grundlage Deiner Gedanken sich auflockern und Du erkennst, dass Du bist und das es Dich gibt. Allein schon zu fragen, beweist, dass Du Dir Deiner bewusst bist, also musst Du doch auch ein ICH haben. Oder bist Du von fremden Geistern besessen, die Dich als Sprachrohr missbrauchen? (Scherzfrage, bitte nicht beantworten)

Das ICH ist nach der Definition von Prof. Metzinger, führender deutschsprachiger Nerophilosoph und einer der weltweit führenden Bewusstseins-Philosophen der Jetztzeit, eine andauernde interne Quelle der Neuromatrix des räumlichen Modells. Sie ist mit der mikrofunktionellen Fühlmatrix verankert. Die Schwierigkeit ist es, dass das Bewusstsein NUR Inahlte anzeigt und nie die Form, weil es selbst die Form ist, durch die wir die Inhalte und Substanzen erblicken und erkennen.

Die Begründung, dass es das ICH gibt, ist nach Metzinger, das ein wissendes Subjekt (von sich selbst) in ein systematisches Subjekt gesetzt wird. Deshalb kann es keine Illusion sein.

Selbst wenn wir mal diese blöÖödsinnige Willensfreiheitsdebatte der FAZ (Der Mensch sein Sklave des Gehirns) aufgreifen und weiter denken, muss man doch feststellen, dass auch das Gehirn zu mir gehört, mit Unbewusstsein, Zwischen- und Vorbewusstein, die sozusagen den Ursprung unseres Bewusstseins darstellen. Das alles sind wir doch auch, das alles gehört zu uns, wie das Bein und der Arm und jeder einzelne Finger.

Meine persönliche Meinung zu den ganzen ICHs, die man aus der Philosophie und der Psychologie her kennt, ist folgende:

Diese ganzen ICH-Zerteilungen halte ich schlichtweg für FALSCH, weder von Freuds, Ich, Über-Ich und das freudsche Es schon mal überhaupt gar nicht, noch von Jungs Außen- und Innen-Ich, auch nicht die ganzen anderen Ich, die zerteilt und aufgespalten werden, weil das ICH ist eben eine EINHEIT und darf nicht zerteilt und zerstückelt werden. Das macht nämlich krank und erzeugt die Hin- und Her-Gerissenheit, die Selbstzweifel, die Minderwertigkeitskomplexe und Bewusstseins-Störungen. Eine Einheit ist EINS und darf auch nur als Einheit verstanden werden.

In Hegels Philosophie verdoppelt sich diese Einheit und bildet ein verdoppeltes Selbstbewusstsein, das sich selbst reflektiert und sich selbst als GANZES erkennt. Alles andere hat - so glaube ich - keinen Sinn.

Lieben Gruß
Axl
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Determination als Negation des Subjekts

...
...

In Hegels Philosophie verdoppelt sich diese Einheit und bildet ein verdoppeltes Selbstbewusstsein, das sich selbst reflektiert und sich selbst als GANZES erkennt. Alles andere hat - so glaube ich - keinen Sinn.


Ein m.E. sehr (be)merkenswerte Satz, Aktivdenker!

Die Wortverbindung "verdoppeltes Selbstbewusstsein" sehe
sogar als (bisher) einzigartig an. Und den alten Hegel hast Du
mir richtig nahe gebracht.

:):blume1:

Noch ne Frage: Stammt das von Dir? - Ich meine
(selbstverständlich) das "verdoppelte Selbstbewusstsein".
 
AW: Determination als Negation des Subjekts

Danke nochmal.

Aber ich bräuchte unbedingt einen philosophischen Satz, der
mir meine oben erwähnten Gedankengänge bestätigt bzw. erläutert.
So eine Art Erklärung von Determinatio (des Subjekts) est negatio.

Was ist denn die Erklärung für die Kantische Aussage, dass
"es Selbstbewusstsein nur insofern gibt, dass ich nur insofern denke, als
das Ich, Er oder Es (das Ding), welches denkt, für mich selbst unergründlich bleibt."?

Das ist doch genau das ich meinte, oder?
Das es Selbtbewusstsein; Ich nur insofern gibt, als dass ich meine
wahren (kausalen) Ursachen nicht kenne bzw. verkenne.
Aber ich bräuchte halt eine gute Erklärung zu diesem Satz.
Wieso ist das so?

Ich hoffe mir kann jemand weiterhelfen.
 
AW: Determination als Negation des Subjekts

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In Hegels Philosophie verdoppelt sich diese Einheit und bildet ein verdoppeltes Selbstbewusstsein, das sich selbst reflektiert und sich selbst als GANZES erkennt. Alles andere hat - so glaube ich - keinen Sinn.

Ein m.E. sehr (be)merkenswerte Satz, Aktivdenker!

Die Wortverbindung "verdoppeltes Selbstbewusstsein" sehe
sogar als (bisher) einzigartig an. Und den alten Hegel hast Du
mir richtig nahe gebracht.

:):blume1:

Noch ne Frage: Stammt das von Dir? - Ich meine
(selbstverständlich) das "verdoppelte Selbstbewusstsein".

Lieber Reinhard,

nein der Begriff ist aus Hegels Phänomenologie des Geistes. Das Besondere ist die Feststellung, dass alle endende Begriffe, stets das Gegenteilige hervorbringen und dies gleichzeitig. Das wäre dann der Dualismus: Gut - Böse, schöÖön - häßlich, Mann - Frau, usw... Nur dieser Dualismus, ich nenne es auch Binärmodus, wegen den EDV-Binärmodus, ist aber nur eine Einzelwahrheit, wobei beide Seiten die Einzelwahrheit an sich sind und Hegel aber das Danken nicht aufhört und weiter denkt. Er negiert diese dualistischen Begriffe und erhebt sich darüber in einer nächst höheren Denkebene, bis er den reinen absoluten Geist gegenübersteht und er in sich selbst zurückkehrt.

In seiner Philosophie beginnt alles mit den SEIN, welches in anderen Philosophien meist schon das Ende des Denkens darstellt. Wir werden in diese Welt hineingeboren, wir sind seitdem im WERDEN, aus dem Produkt der Symbiose. Symbiotische Produkte sind auch Potenzen oder Multiplikate, deshalb ist das wahre Ganze absolut und das Absolute kann nur das wahre Ganze sein. (also WERDEN, weil dieses das angestrebte Ziel stets ist, die Einheit, als Allheit zur Ganzheit)

Kommen wir noch einmal zum Verdoppelten Selbstbewusstsein zurück und erinnern uns, wir sind uns selbst darüber bewusst, dass wir sind, quasi jeden Tag beim Erwachen, wissen wir doch innerhalb weniger Sekunden, das wir es sind, die hier erwachen und wir uns bewusst werden, dass wir in unseren Bett liegen, in unserem Zuhause usw....

Allein das Wissen von uns stellt doch schon diese Verdoppelung dar. Einmal sind wir es und einmal wissen wir es. Der ärmste Reichtum ist die sinnliche Gewissheit von sich selbst und den Dingen, die oft noch Täuschung und Trugbilder sein können. Er dekliniert sein Denken in schwindelerregenden Höhen und führt zuerst in die Tiefe, die Angst macht und so düster und dunkel ist, dass viele da schon den Mut verlieren weiter zu lesen und zu begreifen, dass man sich nur auch der Tiefe, nach ganz oben Denken kann. In Kap. III. Kraft und Verstand, der Welt der Erscheinungen und des Übersinnlichen, schüttelt er das Denken nur so um sich, um alles auf den Kopf zu stellen. Wer dieses Kapitel nicht verstanden hat, kann auch das sogenannte Herzstück seiner Phänomenologie Kap. IV A: Herrschaft und Knechtschaft nicht verstehen. Die Sätze sind dermaßen verschachtelt, dass man Satz für Satz einzeln betrachten muss, um sich die Inhalte zu erschließen. Komischerweise ist der gesamte hintere Teil dann wieder viel leichter zu verstehen, weil man sich einerseits an diese sehr spezielle Hegelsprache gewöhnt hat und anderseits, die einzigartige Dialektik des Hegels verstanden hat. Das dramatische ist, das hineinfinden in diese Hegelgedanken, die ohne Anleitung eben unverständlich, wirr und nicht nachvollziehbar erscheinen. In meinem Blog habe ich zu Phänomenologie des Geistes von Hegel einige Tipps gegeben, welche Bücher mir dabei sehr geholfen haben und auch an dieser Stelle danke ich noch einmal Herrn Dr. Ralf Ludwig, für seine hervorragende Lektüre "Hegel für Anfänger".

Lieben Gruß
Axl
 
AW: Determination als Negation des Subjekts

Danke nochmal.

Aber ich bräuchte unbedingt einen philosophischen Satz, der
mir meine oben erwähnten Gedankengänge bestätigt bzw. erläutert.
So eine Art Erklärung von Determinatio (des Subjekts) est negatio.

Was ist denn die Erklärung für die Kantische Aussage, dass
"es Selbstbewusstsein nur insofern gibt, dass ich nur insofern denke, als
das Ich, Er oder Es (das Ding), welches denkt, für mich selbst unergründlich bleibt."?

Das ist doch genau das ich meinte, oder?
Das es Selbtbewusstsein; Ich nur insofern gibt, als dass ich meine
wahren (kausalen) Ursachen nicht kenne bzw. verkenne.
Aber ich bräuchte halt eine gute Erklärung zu diesem Satz.
Wieso ist das so?

Ich hoffe mir kann jemand weiterhelfen.

Ich fasse nochmal zusammen und hoffe ich habe Dich richtig verstanden.

Du brauchst einerseits den Originaltext von Kant und anderseits eine plausibel Erklärung dafür, wieso Kant so etwas meinte und davon ausging....

Für die Uni?
Für das Abi?
Just for fun?

Und bis wann?

Lieben Gruß
Axl
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Determination als Negation des Subjekts

Ja; du hast mich richtig verstanden.

Die richtige Textstelle wäre natürlich super;
aber es geht mir primär um die Erklärung, insofern
diese Stelle bei Kant tatsächlich das bedeutet, was ich meinte.

Ich brauche es für mich selbst;
so drängt natürlich die Zeit nicht;
wäre aber toll, wenn mir trotzdem jemand
so schnell wie möglich weiterhelfen könnte.

lg
 
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AW: Determination als Negation des Subjekts

...
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Der ärmste Reichtum ist die sinnliche Gewissheit von sich selbst ...

...

Aktivdenker!

Danke für Deine Ausführlichkeit (oben) und beispielsweise
den zitiertten Satz.

Hoffentlich komme ich dazu, das gelegentlich nachzulesen.

Den ganzen Hegel würde ich bestimmt nicht mehr schaffen,
auch wenn ich ihn im Haus hätte.

:blume1:
 
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