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Der Welttag der Poesie...

beau.becir

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Registriert
9. Februar 2006
Beiträge
400
Liebe Freunde!

Heute, am 21 März, ist der Welttag der Poesie! Ich habe an mein liebes Deutsch gedacht - und an alle jenen wunderschönen deutsche Verse, die ich das Glück und die Freude zu lesen und zu verstehen gehabt habe. Die deutschsprachigen Völker sind für mich wirklich die begabtesten für die Poesie. Nur ein Beispiel: nirgendwo anders habe ich so viele verschiedene Gelegenheiten zum Dichten bei den alltäglichen Menschen gesehen, so wie bei Hochzeiten, Geburtstagen usw.

Nun bin ich erstaunt, heute das Folgende bei www.dw-world.de zu lesen:
Wenig poetische Deutsche
Jeder zweite Deutsche hat mit Lyrik wenig im Sinn und schon länger kein Gedicht mehr gelesen. Besonders Männer sind Gedichtmuffel. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts polis hervor, die die Deutsche Presse-Agentur anlässlich des Welttages der Poesie (21. März) in Auftrag gab. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen hatten 63 Prozent schon länger keine Lyrik mehr gelesen.
58 Prozent der Männer waren länger nicht mehr mit Gedichten in Berührung gekommen, bei den Frauen sind es 43 Prozent. Etwa die gleiche Zahl (40 Prozent) der Frauen gibt sich als aktuelle Leserin von Versen zu erkennen.

Darf ich Euch fragen, was Ihr darüber denkt?

Seid alle herzlichst gegrüßt von Eurem
beau.becir
 
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Mein schöner Becir ....
anstelle einer hochgelahrten Antwort ein lyrischer Text - von mir, natürlich.


Alkmene - Hera - Zeus

Alkmene, du Sterbliche,
vom Gotte betrogen,
vom Gotte genässt,
wolltest trotzdem die Frucht
dieses schändlichen Aktes
zum Leben bewahren!

Im Scheiterhaufen,
im Feuerregen verschwandest Du.
List machte aus dem Sproß der
Lenden des Zeus....
Milchstraße
am Himmel dort klar kündend
den Unwillen der überlisteten Hera.


Unbeirrt bleibt Zeus, nicht sehend
das Leid der Geschändeten und Betrogenen.


Ich denke, die Statistik wird stimmen - aber ich denke, dass ich zu den aktiven LeserInnen gehöre. Erinnere Dich an den Heinethread.

Und auch hier im Forum kannst Du unter "eigene Gedichte" so manches mehr oder weniger Gelungene lesen.
Die heitere Kunst des Stegreifreimens ist im Augenblick im Forum etwas zum Erliegen gekommen , aber das ist nach allzu großer Strapazierung für gruppendynamische Zwecke schon öfter der Fall gewesen.


Liebe Grüße, moi drug !

Marianne
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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@ Marianne: Dein Gedicht ist sehr schön - stark und eindrucksvoll - und hat mir, so wie Deine Antwort, viel Freude gebracht ("ein Äpfelchen der Freude...", ich danke Dir herzlichst!).

"Unbeirrt bleibt Zeus, nicht sehend
das Leid der Geschändeten und Betrogenen."
(Il y a de quoi devenir une féministe enragée...).
_______________________________________

Liebe Freunde!

Da es heute, am 21 März, der Welttag der Poesie ist, könnt Ihr mir erlauben, ein französisches Gedicht zu zitieren? Am Welttag der Poesie ist es gut, die verschiedenen Übersetzungen zu vergleichen: die Poesie sollte keine Sprachgrenzen haben!

Und nochmal mein ewiges italienisches Zitat: Traduttore = Übersetzer und Traditore = Verräter!

Was denken über diese drei Übersetzungen des "Schläfers im Tal" unsere anderen deutsch-französischsprachigen Forum-Freunde, besonders meine liebe Céline?


LE DORMEUR DU VAL
Arthur Rimbaud (1854-1893)

C'est un trou de verdure, où chante une rivière
Accrochant follement aux herbes des haillons
D'argent; où le soleil, de la montagne fière,
Luit: c'est un petit val qui mousse de rayons.

Un soldat jeune, bouche ouverte, tête nue,
Et la nuque baignant dans le frais cresson bleu,
Dort; il est étendu dans l'herbe, sous la nue,
Pâle dans son lit vert ou la lumière pleut.

Les pieds dans les glaïeuls, il dort. Souriant comme
Sourirait un enfant malade, il fait un somme:
Nature, berce-le chaudement: il a froid.

Les parfums ne font pas frissonner sa narine.
Il dort dans le soleil, la main sur sa poitrine
Tranquille. Il a deux trous rouges au côté droit.

(Übersetzung von Stefan George):
DER SCHLÄFER IM TAL

Ein grüner Winkel den ein Bach befeuchtet
Der toll das Gras mit Silberflecken säumt
Wohin vom stolzen Berg die Sonne leuchtet -
Ein kleiner Wasserfall von Strahlen schäumt.

Ein Kriegsmann jung barhaupt mit offnem Munde
Den Nacken badend in dem blauen Kraut
Schläft unter freiem Himmel, bleich, am Grunde
Gestreckt, im grünen Bett vom Licht betaut.

Ein Strauch deckt seine Füsse. Wie ein Kind
Lächelnd das krank ist hält er seinen Schlummer.
Natur umhüll ihn warm! es friert ihn noch.

Ihm zuckt die Nase nicht vom duftigen Wind.
Er schläft im Sonnenschein, die Hand auf stummer
Brust - auf der rechten ist ein rotes Loch.
(Übersetzung von Wolf Biermann):
DER SCLÄFER IM TAL

Das ist die grüne Mulde, da murmelt der Bach und schmückt
Das Ufergezweig mit silberflirrendem Fetzengewirre.
Dort, wo vom kahlen Gebirge die Sonne und wie verrückt
Ins kleine Tal reingleißt, schäumt auf das Strahlengeflirre.

Ein junger Soldat, Mund offen, die Stirn bloß und bleich,
Läßt seinen Nacken im saftigen blauen Kressekraut baden,
Er schläft, hingestreckt. Und eine Wolke schwimmt leicht
Dahin. Er schläft im Bett aus Grün, wo Lichtschauer sich entladen.

In Schwertlilien stecken die Füße, er lächelt so brav
Wie'n krankes Kind wohl lächelt, er nimmt 'ne Mütze voll Schlaf
- ihn friert. So wärme ihn doch, Natur, in seiner Not!

Und seine Nüstern, sie beben in all dieser Nasenlust nicht.
Die Hand ruht auf der Brust. Er schläft im Licht.
Zwei Löcher hat er an der Seite rechts. Und die sind rot.
(Nachdichtung von Paul Zech):
DER SCLÄFER IM TAL

Begrenzt von eines Wäldchens schwarzem Riegel,
duftet ein Kleefeld honigsüß und stark.
Des krummen Flusses kühler Zwillingsspiegel
spinnt Silberflitter in das zarte Knospenmark.

Barhäuptig und den Mund von Fieberqualen
zerklüftet, ruht er unverbunden noch im Kraut.
Blutschnecken kriechen aus Perlmutterschalen
und beizen Frost auf seine weiße Knabenhaut.

Sein Atem haucht gebrochener Laute Wort,
der Wind im Gras nimmts ihm vom Munde fort,
in ein verbangtes Mutterherz hineinzufalten.

Aus der zerschossenen Seite quillt es rot heraus,
wie wenn die Hände, die verkrampften, einen Strauß
taufrisch geschnittener Rosen halten.
Seid alle sehr schön begrüßt
von Eurem beau.becir
 
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