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Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Miriam

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26. Juni 2005
Beiträge
9.722


Verfolgt man die Presse und die Nachrichtensender in der letzten Zeit, ist eines der aktuellsten und auch dramatischsten Probleme die sich bemerkbar machen, die schnell wachsende Knappheit an erschwinglichen Lebensmitteln, die anwachsende Hungernot, das Hungersterben welches in noch größeren Ausmaße stattfindet als bis jetzt.

Dominique Strauss-Kahn, Chef des IWF warnt vor Hungerrevolten und sagt: "Wenn die Lebensmittelpreise sich weiter so entwickeln wie zurzeit, werden die Auswirkungen schrecklich sein [--] Hunderttausende werden an Hunger sterben."

Auch die UNO zeigt sich äußerst besorgt und schreibt in einem eigentlich internen Papier:

"Eine der Hauptsorgen ist die Aussicht, dass die dringende Welthungerhilfe nicht mehr den Erfordernissen entsprechen könnte." Weiter empfiehlt sie die Entwicklung eines Notplans um die Versorgung der urbanen Bevölkerung abzusichern, Bevölkerung die bis zum jetzigen Zeitpunkt weniger vom Problem der Unterernährung betroffen war.

Dieses interne Dokument macht außerdem darauf aufmerksam, dass die Verteuerung der Lebensmittel sich als nicht vorübergehendes Phänomen erweisen könnte, sondern struktureller Natur sein kann.
Dadurch könnten neue und zahlreiche Gruppen der Bevölkerung von einer so genannten Lebensmittelunsicherheit (insécurité alimentaire) bedroht sein.
Die UNO müsste in diesem Falle den Bedürfnissen neuer Bevölkerungsgruppen entsprechen, gerade zu einem Zeitpunkt zu dem weniger Lebensmittel zur Verfügung stünden.
Mit anderen Worten: weniger Lebensmittel stehen zur Verfügung, zu stark erhöhten Preisen.

Örtliche Krisenherde sind außerdem eine Herausforderung mit der die UNO sich auseinadersetzen muss, denn Ägypten, Mexiko, Mauretanien, Marokko, Bolivien, Pakistan, Indonesien und Malaysia wurden oder sind schon konfrontiert mit diesem großen Problem der Lebensmittelknappheit.

Nochmals zurück zum IWF und zu den Worten seines Chefs Dominique Strauss-Kahn. Dieser warnte vor einer Zerrüttung der Wirtschaft die die Entwicklungsfortschritte in den armen Ländern zunichte machen könnte.
Doch das finanzielle und wirtschaftliche Problem könnte schnell zu einem ernsten politischen Problem werden, welches die Demokratie in Frage stellen würde.

Was mich aber am meisten erbost hat bei dieser komplexen Problematik ist, dass man sich in der letzten Zeit so viel mit der Gewinnung von Biosprit befasst hat. Der Welthunger, das Hungersterben nimmt zu in Ländern die wir noch immer mit unserer Arroganz "die dritte Welt" nennen – aber man befasst sich weiterhin mit dem Anbau von Pflanzen die nur zur Gewinnung von Biosprit gedacht sind.
Man weiß mittlerweile, dass 30 bis 70 Prozent der Verteuerung der Nahrungsmitteln, durch den Anbau von Pflanzen für Kraftstoffe verursacht wird.

Dies also die Sorgen der Industrieländer – während in der Dritten Welt Menschen den grausamen Hungertod sterben!

Gruß von Miriam

 
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AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Den obigen Beitrag möchte ich noch mit einem Text der Greenpeace-Redaktion ergänzen.

Dieser Text stammt von 16.10.2007 - ich frage mich wieso nach dieser Veröffentlichung (die nicht die einzige von Greenpeace ist zu diesem Thema), nicht viel schneller das ganze Projekt Biosprit gestoppt wurde.

Hier der Anfang des Textes von Greenppeache:

Ein Hektar Getreide reicht, um ein Jahr lang entweder 18 Menschen zu ernähren oder ein Auto mit durchschnittlichem Verbrauch und durchschnittlicher Kilometerleistung zu betanken. "Lebensmittel gehören auf den Teller und nicht in den Tank", fordert Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace.
Der 16. Oktober 2007 ist Welternährungstag. Er steht unter dem Motto "Recht auf Nahrung".


http://www.greenpeace.de/themen/lan...gro_sprit_antriebsmittel_fuer_den_welthunger/
 
AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

hallo, miriam!

den bericht habe ich auch gelesen und die kommentare verfolgt. du sprichst richtig von einer "großen Arroganz" der ach-so-klima-freundlichen staaten. deshalb war ich auch so froh, als die pläne von gabriel zur biospritanteilerhöhung in letzter sekunde zurückgenommen wurden. experten vom umweltbundesamt in dessau haben schon 2005 interne papiere verfasst gehabt, die deutlich vor biosprit, v.a. auf ethanolbasis aus raps warnen. selbst zuckerrohr, das prozentual sich noch am meisten lohnt, wurde nicht empfohlen, um klimafreundlich politik zu betreiben. ihre CO2-bilanz ist schlichtweg zu negativ. anbauflächen werden gebrandrodet, vorhandene lebensmittelanbauten umgewandelt (ich sehe es in meinem heimatort).

die autolobby hat sich doch schon ins fäustchen gelacht, weil sie jetzt umrüsten "müssen". und in staaten wie haiti demonstrieren und randalieren und skandieren hungrige menschen, für die ein laib brot kostbarer ist als eine gallone benzin oder eine tonne CO2
 
AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Ich denke, wir müssen an dieser Stelle aufpassen, dass eine Kritik an den hier ganz zurecht problematisierten Zusammenhängen - Energie- vs Nahrungsmittel-Erzeugung - im medialen Diskurs nicht umschlägt in eine generelle Denunziation von alternativen Energien - eine Renaissance der Atomenergie erleben wir ja bereits (in manchen Ländern). Ich gebe jedenfalls zu, dass auch ich, was Bio-Treibstoffe angeht, in Verkennung globaler Zusammenhänge offenbar viel zu optimistisch war...

Siehe auch den folgenden summarischen Artikel: Matthias Brake: Biomasse im Kreuzfeuer (Telepolis, 1.4. 2008)
http://www.heise.de/tp/r4/html/resu...kel/27/27622/1.html&words=Biosprit&T=biosprit

und zur drastischen Bebilderung folgende Cartoons:
http://www.caglecartoons.com/viewimage.asp?ID={B883F663-BD79-45E9-98C9-F58FAEC30448}
http://www.caglecartoons.com/viewimage.asp?ID={0521827A-E533-4A4C-9510-FC6A9B58EA93}
http://www.caglecartoons.com/viewimage.asp?ID={C67B8A69-814B-456B-992B-16BD1DF594E9}
 
AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Hallo Roman, ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, dass ich die bitter-schönen Bilder hier offen präsentiert habe.


{B883F663-BD79-45E9-98C9-F58FAEC30448}.gif
{C67B8A69-814B-456B-992B-16BD1DF594E9}.gif
{0521827A-E533-4A4C-9510-FC6A9B58EA93}.gif
 
AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Ich denke, wir müssen an dieser Stelle aufpassen, dass eine Kritik an den hier ganz zurecht problematisierten Zusammenhängen - Energie- vs Nahrungsmittel-Erzeugung - im medialen Diskurs nicht umschlägt in eine generelle Denunziation von alternativen Energien - eine Renaissance der Atomenergie erleben wir ja bereits (in manchen Ländern).

Hallo Roman,

wozu aufpassen? Niemand will die alternativen Energien denunzieren, schon gar nicht generell. Was aber tatsächlich in gewissen Ländern (vor allem in D und A) denunziert wird, ist die Atomenergie.

Dass die Atomenergie gerade wegen der Klimaproblematik eine Renaissance erlebt, ist leicht nachvollziehbar. Und zu denjenigen Ländern, die sich für einen Neubau von AKW entschieden haben, gehört auch die Schweiz, in der ich lebe.

Die Nutzung der Atomenergie ermöglicht es, dass die Probleme Energie- (Treibstoff-) und Nahrungsmittelerzeugung längerfristig entkoppelt werden können.

Meine Vision ist: Erzeugung von Wasserstoff durch Atomenergie (direkt durch thermische Spaltung von Wasser in Hochtemperatur-Reaktoren oder indirekt durch Elektrolyse mit nuklear erzeugtem Strom) und Umrüstung der Autos auf Wasserstoffbetrieb.

Ich gebe jedenfalls zu, dass auch ich, was Bio-Treibstoffe angeht, in Verkennung globaler Zusammenhänge offenbar viel zu optimistisch war...

Dein Optimismus ist charakteristisch für die "Grünen". Sie sehen leider meist nicht die globalen, ganzheitlichen Zusammenhänge.

Gruss
Hartmut
 
AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

In Brdo/Laibach - Slowenien - redeten die europäischenAußenminister vorgestern informell noch locker darüber, den Biospritanteil im Treibstoff bis 2020 auf 10 Prozent zu steigern.

Auch wenn dieses Thema eher ein vorgeschobenes sein dürfte - es ging eher um die neuen russichen Gasleitungen nach Westeuropa -

http://derstandard.at/?url=/?id=3300182

zeigen uns doch alle seriösen Berichte -- Miriam , Du nennst einige - , dass a) bei uns in Europa die Lebensmittelpreise steigen und b)der echte Hunger in etlichen Ländern Einzug hält. Miriam zitiert den Bericht von Dominique Strauss-Kahn, der diese strukturelle Gefahr klar in Worte fasst.

Ich bin der schlichten Hausfrauenmeinung, dass wir zwar das Kind nicht mit dem Bade ausschütten sollen: Biosprit also nicht aus den Augen verlieren sollen --- nur: alternative Energien auf Kosten hungernder Menschen zu erzeugen, ist nicht nur problematisch, sondern inhuman.

Ob Atomstrom solange wir nicht über wirklich sichere Endlagerungsstätten für den Atommüll verfügen, eine sichere Energiequelle sein kann, ist für mich mehr als anzweifelbar. Habe einstens wie die Mehrheit der österreichischen Wähler gegen die Eröffnung "unseres" AKW-Zwentendorf gestimmt. Würde es heute wieder tun.

Solange kein ausgleichender Weg in diesem Dilemma gefunden werden kann, werden alle Industrienationen erpressbar bleiben - und eher reine Agrarstaaten aushungerbar.Ich denke da an die Befürchtungen der baltischen Länder, wenn Russland die Erdgaslieferungsverträge in zwei Jahren nicht verlängert - .


Eine unlösbare Aufgabe - die aber mittelfristig zu einer Lösung führen muss --- zu welcher ????
 
AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

...

Ich bin der schlichten Hausfrauenmeinung, dass wir zwar das Kind nicht mit dem Bade ausschütten sollen: Biosprit also nicht aus den Augen verlieren sollen --- nur: alternative Energien auf Kosten hungernder Menschen zu erzeugen, ist nicht nur problematisch, sondern inhuman.

Ob Atomstrom solange wir nicht über wirklich sichere Endlagerungsstätten für den Atommüll verfügen, eine sichere Energiequelle sein kann, ist für mich mehr als anzweifelbar. Habe einstens wie die Mehrheit der österreichischen Wähler gegen die Eröffnung "unseres" AKW-Zwentendorf gestimmt. Würde es heute wieder tun.

Solange kein ausgleichender Weg in diesem Dilemma gefunden werden kann, werden alle Industrienationen erpressbar bleiben - und eher reine Agrarstaaten aushungerbar.Ich denke da an die Befürchtungen der baltischen Länder, wenn Russland die Erdgaslieferungsverträge in zwei Jahren nicht verlängert - .


Eine unlösbare Aufgabe - die aber mittelfristig zu einer Lösung führen muss --- zu welcher ????


Leiser Widerspruch,
eher eine Ergänzung bei Übereinstimmung mit Dir,

liebe Marianne,

weil ich überzeugt bin, daß es keine "unlösbare Aufgabe" ist. Wenn Du als "mittelfristige Entwicklung" für das Heranreifen einer neuen Technologie ein oder zwei Jahrzehnte akzeptieren könntest (wir denken bei globalen Problemen wohl alle über uns hinaus an Kinder und Enkel), dann sieht alles nicht ganz so duster aus.

Das Neue mag ähnlich primitiv beginnen wie die ersten Autos, Lokomotiven und Flugzeuge, und auch ähnlich verlacht werden, aber es ist nach meinen jahrelangen Überlegungen und Versuchen machbar. - Möglicherweise interessiert es nächstens doch einige Personen im technischen Winkel des DF.

Allen, und Dir besonders, einen guten Tag wünschend,
Zumzum
 
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AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Hallo Forianer,
nun, ich bin der Meinung, dass wir Menschen sehr kreativ veranlagt sind.

Außerdem: es lagen doch schon so viele Entwürfe für Antriebe für Motoren mit anderen Mechanismen - z.B. Elektro - in den Schubladen.
Die Weiterentwicklung wurde sehr erfolgreich von Konzernen verhindert zusammen mit erdölexportierenden Ländern.

Bereits vor etwa 100 Jahren lagen Entwürfe für Elektroautos vor und danach nochmals vor etwa 40-50 Jahren.
Außerdem laufen überall Versuche: es gibt es mehrere Möglichkeiten, Biosprit, Elektroauto (natürlich wesentlich verbessert!) bis Sonnenenergie bis chemische Prozesse (auch Wasserstoff unter anderem, aber nicht nur).

Da sämtlichen Wissenschaftlern - mehr als den Laien - die Notwedigkeit bewusst ist, wird weltweit in Forschungslaboren daran gearbeitet.
Ich bin sicher, dass wir bald bessere Lösungen gefunden haben.

Und die Weiterentwicklung bzgl. AKW's ist ebenfalls in vollem Gange.
Das größte Problem bei den AKW's ist die Endlagerung.
Auch da wird geforscht, intensiv.

Letztendlich - so nehme ich an - wird es darauf hinauslaufen, dass wir verschiedene Möglichkeiten bekommen werden, also verschiedene Arten von "Sprit", "Motoren" für Mobile. Und ich denke, das wäre auch sehr gut, denn Monopolstellungen und Megakonzerne stoßen mir schön langsam aber sicher auf.

lb Gr sartchi
 
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AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne

Liebe Marianne,

die Hauptquelle für meine Informationen ist "Le Monde" - als ich heute wieder in die Archiven gehen wollte, funktionierte plötzlich mein Password nicht. Habe einen anderen angefordert - das geht erfahrungsgemäß schnell.

Außerdem waren meine Quellen:

http://www.sueddeutsche.de/finanzen/artikel/236/168746/

http://www.ftd.de/politik/international/:IWF Hungerkatastrophe/342352.html

Auch wenn das Thema eines der dramatischten unserer Zeit ist: es freut mich, dass es bei uns, satte Westeuropäer, auf Interesse stößt.

Bis später

Miriam
 
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