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Bürgerkrieg im Irak

AW: Bürgerkrieg im Irak

(...) Waffenlieferungen - an wen auch immer - sind für Deutschland tabu - (...)

Wie schafft es Deutschland dann nach USA und Russland auf Platz 3 der Waffen exportierenden Länder?

Berechtigte Frage sicherlich!

http://www.poltec-magazin.de/interaktive-karte-wohin-gehen-die-deutschen-ruestungsexporte/

Wie man auf der Karte sehen kann, gehen die Waffenexporte nahezu in die ganze Welt. Na klar, man muss zwischen konventionellen und unkonventionellen Waffenlieferungen unterscheiden. Aber es ist für die Deutschen eben ein Mega-Geschäft. Deutsche Technologie ist in der ganzen Welt gefragt und eben auch Waffentechnologie. Das Wort "Tabubruch" kann vielleicht aus dem Zusammenhang kommen, dass die Peschmerga ja an sich für einen eigenen Kurdenstaat kämpfen und nach Beendigung des Konfliktes die Waffen auch dafür genutzt werden können. Das ist sicherlich eine große Gefahr an der ganzen Situation.
 
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AW: Bürgerkrieg im Irak

Es wird ja gerne auf den USA herumgehackt, sie würden für die Konflikte in der Region die Schuld tragen und zum Teil ist dies auch korrekt. Niemand wird bestreiten, dass die Art und Weise wie die USA das Land nach der Invasion regiert haben, wesentlich zur heutigen Situation beigetragen hat. Man hat es nicht geschafft ein politisches System und ein Militär aufzubauen, welches das gesamte Land zusammenhalten kann. Stattdessen gab es eine schiitisch-dominierte Regierung die sunnitischen Protest blutig unterdrücken ließ und dafür nun die Quittung erhält. Das Hauptproblem sind dabei weniger die USA, denen ist es doch egal ob die dominierende Macht im Irak nun sunnitisch oder schiitisch ist, sondern der Konflikt zwischen Saudi-Arabien/VAE auf der einen und der Islamischen Republik Iran auf der anderen Seite. Mit Unterstützung des Iran konnte Maliki die Macht immer weiter monopolisieren und trug damit wesentlich zum Versagen der irakischen Armee vor Mossul bei. Der Beitrag der USA war im wesentlichen, dass sie nicht vor Ort waren um den Vormarsch der ISIS-Truppen zu verhindern.

Dasselbe Muster gibt es in Syrien. Die USA haben diplomatisch früh gegen Assad Stellung bezogen und ihn zusammen mit den Europäern und der arabischen Liga politisch isoliert, in der Hoffnung er würde stürzen und dem Iran damit ein Schlüsselalliierter abhanden kommen, da dies nämlich auch den iranischen Einfluss im Libanon über die Hisbollah stark geschwächt hätte. Blöderweise ist aber Assad nicht gestürzt, weil sein Sicherheitsapparat, sein engster Kreis und Teile der Bevölkerung fest zu ihm standen. Die USA haben danach vergleichsweise wenig getan um Assad zu stürzen, sie haben zwar die FSA unterstützt, also die Gruppe die zu Beginn des bewaffneten Aufstandes steht, aber nicht in einer Größenordnung die dieser erlaubt hätte eine prägende Rolle in der syrischen Opposition zu spielen. Die Folge war, dass die Golfstaaten (d.h. Qatar und die VAE) und Saudi Arabien den Großteil der Finanzierung des Aufstandes gegen Assad übernahmen und man natürlich die unterstützt hat die einem weltanschaulich am Nächsten standen. Insbesondere syrische-nationale Salafisten, wie man sie heute in der Islamischen Front findet, und Al-Qaida-Style-Jihadisten wie al-Nusra, die dazu Tausende ausländische Kämpfer anzogen. Alles in allem also genau die Gruppen die heutzutage neben dem Islamischen Staat einen Großteil der von der syrischen Opposition gehaltenen Gebiete kontrollieren.

Die Entstehung des IS hat nun ebenso wenig mit den USA zu tun, denn die haben die führende Rolle im Kampf gegen Assad anderen überlassen. Vielmehr ist es das Hauptproblem, der Widerspruch in den die Saudis sich grundsätzlich hineinmanövrieren, wenn sie Gruppen die al-Nusra oder den Islamischen Staat direkt oder indirekt unterstützen. Man unterstützt Gruppen, welche die islamische Welt nach ihren eigenen Vorstellungen erneuern wollen als Kämpfer gegen mutmaßliche Ungläubige (Schiiten) und gegen den ungerechten Diktator und Schlächter (Assad), und fördert damit die Bewegung des Jihadi-Salafismus der immer die Tendenz hat in seiner extremen Ausprägung sich auch gegen sie selbst zu richten. Sinn der Sache ist natürlich das Verfolgen außenpolitischer Interessen, wie die Eindämmung des Einflusses des Iran und seiner Verbündeter, die Installierung loyaler Gruppen als Herrscher, sowie das Geben eines Betätigungsfeldes potenziell revolutionärer Kräfte sowie der Deal den man mit den eigenen religiösen Klasse gemacht hat den Wahabismus/Salafismus überall auf der Welt zu fördern. Jedoch haben sich die radikalen dieser Gruppen am Ende immer als unzuverlässig erwiesen, weil sie eben ihren eigenen Kopf haben und anders als die eingesennen autoritären Herrscher in der Region es mit ihrer Ideologie durchaus ernst meinen. Und die ISIS hat ja dann mal ernst gemacht und im Sinne der eigenen Ideologie die Schwäche der Zentralregierung in Bagdad ausgenutzt und eine salafistische Herrschaft, ein Al-Qaida-Utopia errichtet. Was das wirklich bedeutet haben die Meisten gerade in der Region wohl nach wie vor nicht realisiert, man hofft wohl, dass die USA nun dem Spuk schnell ein Ende bereiten und man dann damit weitermachen kann den heiligen Krieg gegen Assad zu führen. Die intellektuelle Verarbeitung dieses Vorgangs hat noch nicht statt gefunden, wie man meines Erachtens an der Fülle an Verschwörungstheorien erkennen kann. Der IS als Produkt einer Verschwörung Israels oder der USA um das Ansehen des Islams in der Welt zu schädigen und die Region zu destabilisieren. Das der IS aber auch ein Produkt des Scheiterns der arabischen Revolten, das Ergebnis fehlender Integration von Bevölkerungsgruppen in bestehende Staatsysteme (Syrien und Irak) und am Ende auch das Produkt fehlender Alternativen des Protests in der Region und damit das Produkt tiefgreifener Fehlentwicklungen in den autoritären Staaten sind, die keinewegs allein dem kolonialen Zeitalter (und damit dem Westen) zuzuschustern ist, davon hört man wenig bis nichts.

In meinen Augen entstehen demnach die meisten Probleme immer dann, wenn die USA zögerlich sind und den Fall regionalen Mächten überlassen, welche dann radikale Gruppen unterstützen die dann irgendwann zum Problem werden.

Bei den Taliban ist es ebenso gelaufen, die USA haben die Mujahedin unterstützt, aber nach dem Abzug der Sowjets das Land sich selbst überlassen. Das hat dann Pakistan die Möglichkeit gegeben mit den Taliban eine radikale Gruppe den Aufstieg zur Macht zu ermöglichen.
 
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