• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Russland - Iran: Ein Botschafter irrt.

Ein Botschafter irrt.
Befragt, warum er der Meinung sei, die Russische Föderation und die Islamische Republik Iran müssten besonders enge Beziehungen pflegen, antwortete der Außerordentliche und Bevollmächtigte Botschafter seines Landes in Russland Said Mahmoud Reza Sadschadi: Weil beide Staaten unmittelbare Nachbarn sein und eine gemeinsame Grenze hätten.
So geschehen in seinem Online-Interview für die größte russische Internetzeitung GAZETA.RU am Mittwochvormittag.
Aber die Aussage ist nicht richtig, der Iran hat mit sieben verschiedenen Staaten eine gemeinsame Grenze. Russland gehört nicht dazu.
Dennoch stieß das Interview auf das besonderes Interesse der Internetnutzer zwischen Murmansk, Sotschi, Providenija und Wladiwostok und der Diplomat blieb ihnen das Erwartete nicht schuldig.
Mit einer gewissem Interesse könnte es auch hierzulande rechnen. So landete die Debatte zum Thema „Deutsche für Israel“ hier im Forum fast zwangsläufig beim Verhältnis Iran – Israel, der Atom- bzw. Außenpolitik beider Staaten, dem verbalen Dauerkriegszustand zwischen ihnen und welche Positionsbestimmungen es dazu gibt.
Das Forum war und ist hier gespalten, wie es wohl auch nicht anders zu erwarten ist.
Gleiches in Russland.
Dort hatten sich Staatschef Dmitri Medwedjew und die Regierung in den letzten Wochen zunehmend jener internationalen Staatenfront angeschlossen, die in der Atompolitik des Landes einen Ansatz zur Produktion von Kernwaffen sieht, daher eine Eskalation in den iranisch-isralischen Beziehungen fürchtet und daher auf Sanktionen gegen Teheran drängt.
So lieferte Russland entgegen bestehender vertraglicher Verpflichtungen nicht die vom Iran so dringend erwarteten Boden-Luft-Abwehrkomplexe S-300 und stellte Anfang Oktober auch die Versorgung Irans mit wichtigen Ersatzteilen und Serviceleistungen für russische Militärtechnik ein. Das zeigt offensichtlich Wirkung.
Sadschadi verstieg sich gar, ungewöhnlich für einen Diplomaten, zu Drohungen: Man werde u. U. bereits an Russland geleistete Zahlungen von 166 Millionen USD für die S-300 zurückfordern und jene vor Russlands Unzuverlässigkeit warnen, die in den letzten Jahren u. a. auf iranische Anregung von westlicher auf russische Militärtechnik umgestiegen seien. Die russische Führung solle sich auch darüber im Klaren sein, dass eine absolute Mehrheit der russischen Bevölkerung nicht mit ihrer Position einverstanden sei, Russen und Iraner sind traditionell und besonders seit der iranischen Revolution enge Freunde. Der Iran genieße die Sympathie und Unterstützung aller einfachen russischen Menschen.
Zwischen den Zeilen spürbar: Der Botschafter versuchte unterschwellig, die jahrzehntelang bei vielen Russen manifestierten anti-US-amerikanischen Einstellungen, das sowjetische Feind-Bild des Kalten Krieges, spürbar zu beleben.
Kritisch sehe man auch die Absichten Moskaus, sich aus der Zusammenarbeit mit dem Iran bei der friedlichen Nutzung der Atomkraft nach dem Projekt Buscher zurückzuziehen. Man habe gute Erfahrungen mit RosAtom, rechne aber damit, dass es gelingen könne, die Blockade einer atomaren Zusammenarbeit mit der Türkei und Brasilien vor allem durch die IAEA auf Druck Washingtons zu durchbrechen. Das werde Russland zu spüren bekommen.
Wer irgendwelche neuen Aspekte hinsichtlich des Verhältnisses Israel – Iran zu hören erhoffte, wurde enttäuscht. Wer hier die Position Ahmadenidschads kennt, selbst wenn sie (vorerst?) nur rhetorisch vorgetragen wird, ist informiert:
Der Iran werde niemals einen seiner Nachbarstaaten angreifen, aber man sei gerüstet und gewappnet. Sollte Israel das Land angreifen, so werde man den Staat ausradieren und die Juden ins Meer treiben. Israel habe militärisch keine Chance, das habe schon das Versagen der israelischen Armee im Südlibanonkrieg 2006 gezeigt. Nun tobe sich die israelische Armee an wehrlosen Palästinensern aus.
Natürlich, momentan werde man von Russland militärisch nicht ausreichend unterstützt, vielleicht stellt man dort im Kriegsfall sogar diesen Beistand völlig ein, aber dem Iran werde es nicht so ergehen wie Ägypten, dass 1973 Israel nur deshalb unterlag, weil die Sowjetunion militärisch zurückruderte.
So oder so: Der Iran werde sich keinem internationalen, von den USA inszenierten Druck beugen und man sei auf dem besten Wege dazu, dass der Iran seine Unterschrift unter den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen zurückziehen könnte.
Mit einem Wort: Säbelrasseln! War aber anderes zu erwarten?

Kommentare

Es sind keine Kommentare zum Anzeigen vorhanden.

Blogeintragsinformationen

Autor
Timirjasevez
Read time
3 min read
Aufrufe
4.080
Letztes Update

Weitere Einträge in Blog-Kategorie

Weitere Einträge von Timirjasevez

Zurück
Oben