19. Dezember 2011.
Heute ist ein Montag.
Die Weihnachtszettel auf meiner Zeitungstortour sind verteilt, jetzt sind die Tage des Einsammelns. Silvester oder Neujahr setze ich mich dann vor den Haufen ungeöffneter Saufpiepenbriefe und hole die Scheine aus ihnen heraus. Dafür brauche ich mindestens eine Stunde, nach der ein Haufen von Tausend Euro oder mehr oder weniger vor mir liegt. Die zugesteckten Süßigkeiten (manchmal auch Stollen oder Dauerwurst, Schnaps und kleine Sektflaschen) werfe ich gleich weg oder sammele sie separat und lasse sie wie zufällig in U-Bahnwagen liegen (dann können andere Menschen über das Wegwerfen entscheiden).
Ich bin nun im neunundzwanzigsten Jahr Zeitungsjunge, ich habe sehr viele Zeitungskunden durch deren Tod verloren (ohne jemals etwas damit zu tun zu haben). Wenn in einem Jahr zwei, drei Altkunden sterben, habe ich nach Weihnachten mindestens 100 $ weniger auf meinem SilvesterNeujahrstisch liegen (die Spannbreite einer Einzelgabe liegt zwischen ein und fünfzig $).
Nun ist Frau Liselotte P. tot. Sie war Mitte 80, ledig, kinderfrei, ohne Angehörige. Seit vielen Jahren mußte sie dreimal in der Woche für einen halben Tag zur Dialyse. Ich traf sie nie, wir telefonierten jedes Jahr einmal zu Weihnachten, so eine Stunde.
Sie wohnte im ersten Stock. Ich lief stets eine halbe Treppe hoch und warf die Zeitung vor ihre Wohnungstüre. (Das weihnachtliche Geld legte sie mir nach unserem Telefonat, also nach einer Absprache, unter ihre Fußmatte, wie es 10 % der Kunden gerne machen.)
Vor zwei, drei Wochen lag eines Morgens noch die Zeitung des Vortages vor ihrer Wohnungstür, am nächsten Morgen waren beide Zeitungen weg und die Tür versiegelt. Sie ist zuhause gestorben. Über die näheren Umstände habe ich noch nichts herausbekommen.
Es kommt nicht oft vor, daß auf den Trauer-Aushängen keine Angehörigen oder Freunde stehen, sondern nur der vorab beauftragte Bestatter.
Ich kann zur Trauerfeier nicht hingehen, weil ich zu arbeiten habe, wie immer. Der Friedhof liegt ganz in der Nähe meines Kleingartens, nächstes Jahr werde ich mal rüberradfahren, Kleingartenrosen ablegen und Fotos zu Ausstellungszwecken machen.
Heute ist ein Montag.
Die Weihnachtszettel auf meiner Zeitungstortour sind verteilt, jetzt sind die Tage des Einsammelns. Silvester oder Neujahr setze ich mich dann vor den Haufen ungeöffneter Saufpiepenbriefe und hole die Scheine aus ihnen heraus. Dafür brauche ich mindestens eine Stunde, nach der ein Haufen von Tausend Euro oder mehr oder weniger vor mir liegt. Die zugesteckten Süßigkeiten (manchmal auch Stollen oder Dauerwurst, Schnaps und kleine Sektflaschen) werfe ich gleich weg oder sammele sie separat und lasse sie wie zufällig in U-Bahnwagen liegen (dann können andere Menschen über das Wegwerfen entscheiden).
Ich bin nun im neunundzwanzigsten Jahr Zeitungsjunge, ich habe sehr viele Zeitungskunden durch deren Tod verloren (ohne jemals etwas damit zu tun zu haben). Wenn in einem Jahr zwei, drei Altkunden sterben, habe ich nach Weihnachten mindestens 100 $ weniger auf meinem SilvesterNeujahrstisch liegen (die Spannbreite einer Einzelgabe liegt zwischen ein und fünfzig $).
Nun ist Frau Liselotte P. tot. Sie war Mitte 80, ledig, kinderfrei, ohne Angehörige. Seit vielen Jahren mußte sie dreimal in der Woche für einen halben Tag zur Dialyse. Ich traf sie nie, wir telefonierten jedes Jahr einmal zu Weihnachten, so eine Stunde.
Sie wohnte im ersten Stock. Ich lief stets eine halbe Treppe hoch und warf die Zeitung vor ihre Wohnungstüre. (Das weihnachtliche Geld legte sie mir nach unserem Telefonat, also nach einer Absprache, unter ihre Fußmatte, wie es 10 % der Kunden gerne machen.)
Vor zwei, drei Wochen lag eines Morgens noch die Zeitung des Vortages vor ihrer Wohnungstür, am nächsten Morgen waren beide Zeitungen weg und die Tür versiegelt. Sie ist zuhause gestorben. Über die näheren Umstände habe ich noch nichts herausbekommen.
Es kommt nicht oft vor, daß auf den Trauer-Aushängen keine Angehörigen oder Freunde stehen, sondern nur der vorab beauftragte Bestatter.
Ich kann zur Trauerfeier nicht hingehen, weil ich zu arbeiten habe, wie immer. Der Friedhof liegt ganz in der Nähe meines Kleingartens, nächstes Jahr werde ich mal rüberradfahren, Kleingartenrosen ablegen und Fotos zu Ausstellungszwecken machen.