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Doch ein Fußballkommentar

  • Autor Autor Timirjasevez
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Eigentlich umgehe ich dieses in Deutschland allzu beliebte Thema aus Prinzip. Aber es ist Sonntag und das Ausscheiden der deutschen Frauen gestern aus dem Weltmeisterschaftsturnier geschah so spät am Abend, das es wohl dem Redaktionsschluss der meisten Medien, der Postillen und Gazetten von heute sowieso, hinterherlief.
Also ist es weitestgehend noch still an der Front deutscher Fußball-Kakophonie und man kann etwas Nachdenkliches einstreuen.
Zunächst: Natürlich war da ein kurzer Ärger wegen der Niederlage, man ist ja schließlich kein nationales Neutrum. Dem folgte aber schnell ein sehr warmes Mitgefühl mit unseren Frauen, irgendwie jede ein Häufchen Elend für sich, mehr oder minder in Tränen aufgelöst. Da war sie wieder, die etwas andere Art der Frauen im Fußball. Trotz einer gewissen Stämmigkeit werfen sie nicht einfach aus Ärger einem Fan eine leere Flasche an den Kopf.
Hoffentlich bleibt uns dieses Anderssein erhalten, irgendwie schaut man gerade deshalb beim Frauenfußball genauer hin. In diesem Zusammenhang habe ich mein Interesse an den Kickern beiderlei Geschlechts mal hinterfragt, ich hielt es bisher für durchschnittlich. Ich schaue mir nur wenige Spiele an, entwickle dabei selten Emotionen und wenn doch, so schreie ich sie nicht als Bekenntnis für meine Nachbarn heraus. Aber wenn man dies für durchschnittlich hält, dann muss es ja wohl auch etwas geben, was mehr interessiert, ja fasziniert und auf der andere Seite der Waage etwas, was weniger ansprechend ist oder gar abgelehnt wird. Aber mir fiel nichts ein, was mich (als Sport) mehr anregt als Fußball, dafür aber sofort Menschenbewegendes, was mich angeödet abwinken lässt. Z. B. Boxen, Profiradrennen und Formel 1.
Blickt man nun auf den Frauenfussball, so fällt auf, wo sich dieser dem männlichen Kampf ums Runde auf dem Weg ins Eckige schon weitestgehend angenähert hat und wo es ihm gelingen sollte, Abstand zu wahren.
Die Frauenfußballerinnen sind nicht weniger athletisch als die Männer, technisch absolut versiert, spiel(t?)en eigentlich überlegter, aber „holzen“ können sie nun auch. Die „Blutgrätsche“ ist kein Fremdwort mehr und bei Bedarf geht Frau in die Frau, dass es nur so kracht.
Auch in der Vermarktung herself kommen die Frauen nun in die Pötte. Von ihrer – aus Männersicht – naturgegebenen optischen Überlegenheit dabei zehrend, preisen sie – zu meinem Erschrecken – schon mal die BILD gegen Bares, wie ich annehme, als beste Zeitung Deutschlands an und vielleicht demnächst Alete-Babykost so wie die Männer Nutella.
Daneben hat Frauenfußball ein berechtigtes, aber in seinem Auftreten unerwartet schrilles Fanpotenzial. Vor allem wohl bei Frauen selbst. Das Stöhnen, Kreischen und Maulen, dass mir gestern aus meiner Wohnumgebung entgegen schallte, war nicht weniger extensiv als das der Männer vor einem Jahr. Jedoch kam es schriller daher, nicht so im Bassbariton grölend, höher in der Tonlage, weniger biertrunken, eher piccolobesoffen. Inhaltlich aber durchaus vergleichbar, irgendwann dann garantiert geschmacklos. In der Verlängerung war aus einer Frauenrunde durch das weit geöffnte Wohnzimmerfenster zu vernehmen: „Macht sie kalt, diese asozialen Japanerinnen!“ Tja, …
Eines aber scheint dem Frauenfußball (noch?) fremd: die Verknüpfung mit exzessiver Gewalt weiniger, aber schlagstarker sogenannter „Fans“. Die scheint heute schon bis zum Extrem getrieben, international sehr schön zu sehen an den Horrorvisionen über die Gewaltbereitschaft polnischer und ukrainischer Hooligans zur Fußball-EM 2012.
Und hierzulande haben wir in Sachsen-Anhalt sogar ein Beispiel der Kapitulation von Staatsmacht, Kommunen und Vereinen vor diesen Extremisten und Schlägern, welches lokal heftig diskutiert wird.
Der Hallesche Fußballklub findet im Land kein Stadion, in dem er am 30. Juli sein DFB-Pokal-Erstrundenspiel gegen Eintracht Frankfurt austragen kann.
Der eigene Sportpark ist noch nicht fertig, es gab z. B. Absagen an und von Leipzig bzw. Magdeburg , aber man war sich sicher, nach Dessau ausweichen zu können. Als Strohhalm sozusagen, gegen den es aber sofort Sicherheitsbedenken gab. Jene seitens der Polizei unterband der Innenminister mit einem Machtwort, nun aber sagte die Kommune ab. Zeitgleich gibt es in Zerbst ein Motorradrocker-Treffen der Bandidos und in der Stadt selbst eine MDR-Radionacht. Alles klar?
Nun sucht der Verein bis nach Hannover, aber eine große Wahl gibt es wohl nicht, eher eine satte Qual, denn ringsherum ist man ausgebucht, hat anderes vor oder runzelt ebenfalls aus Angst vor hauenden Hallensern und berüchtigten Frankfurter Schlägern mit der Stirn.
Ein Paradigmenwechsel? Ist es nun der Gewalt am Rande des Fußballfeldes gelungen, der Ordnungsmacht, vor allem aber dem Sport selbst, ihren Willen aufzuwingen? Kann hierauf noch ein „Nein“ die Anwort sein?
Von den Kosten derartiger Polizeieinsätze mal abgesehen, die man ggf. m. E. den Fußballvereinen auferlegen sollte, bleibt so etwas dem Frauenfußball hoffentlich erspart. Da möchte man sich lieber nicht irren!

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