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Eher, als er sich abseits von der bergenden Gruppe zurechtfinden musste.


"Da die  patriachale Hirtenkultur von Inbesitznahme, Feindschaft, Kontrolle, Verteidigung, Autorität und Gehorsam geprägt war, muss die mystische Erfahrung unserer  indoeuropäischen Vorfahren sehr verschieden gewesen sein von den mystischen Erfahrungen der präpatriachalen matristischen  Kultur...:


der Hirte muss viele Tage und Nächte des Sommers entfernt von der tragenden Begleitung und ihn unterstützenden Gemeinschaft verbracht haben, um seine Herde zu schützen und sie auf gute Weidegründe in den Bergtälern zu führen. Einsam fand er sich der Unermesslichkeit des Sternenhimmels und der überwältigenden Mächtigkeit der Berge gegenüber und muss, gleichzeitig bezaubert und erschreckt, viele unerwartete elektrische Lichtphänomene beobachtet haben, die sich in den Bergen nicht nur an stürmischen Tagen ereignen.


Ich denke, dass ein Hirte, dem unter diesen Umständen eine spontane mystische Erfahrung widerfuhr, diese als Zugehörigkeit zu und Verbundenheit mit einem kosmischen Reich erlebt haben muss,....in dem man nur existieren konnte, wenn man sich unterwarf: 'Der Kosmos und ich sind eins, ungeachtet meiner unendlichen Kleinheit, und ich unterwerfe mich der Macht dieser Totalität, gehorche ihren Forderungen, wie ich mich dem Patriachen der Gemeinschaft unterwerfe....'


Ich denke also, dass, während in der präpatriachalen matristischen Kultur Europas der Mensch, der eine mystische Erfahrung hatte, durch sie und in ihr verbunden blieb mit dem angenehmen, greifbaren Bereich des täglichen Lebens,  der Hirte in der Bergeinsamkeit eine Wandlung durchlebt haben muss, die ihn mit einem ungreifbaren Reich der Unermeßlichkeit, der Macht, der Furcht und des Gehorsams verband."


Humberto Maturana: Liebe und Spiel, die vergessenen Grundlagen des Lebens, S.47


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