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Auf Thema antworten

Die - wissenschaftliche (1) - Farbtheorie ist kompliziert, auch im mathematischen Sinne, und das sagt jemand, der sich schon viele Jahre mit diesem Thema beschäftigt. Erschwerend kommt ein bestimmter, elementarer Effekt hinzu, die sog. Metamerie.


Die menschliche visuelle Wahrnehmung kann Wellenlängen von 380 bis 740 nm wahrnehmen, allerdings ist in den Randbereichen die Wahrnehmung des elektromagnetischen Spektrums so schlecht, dass wir eigentlich grob von einem 400-700 reden können.

Das weiße Licht innerhalb dieses Spektrums enthält zwar alle Wellenlängen, die wir zu sehen in der Lage sind, in gewissem Sinne aber keineswegs alle sichtbaren Farben. Wir alle kennen den Newtonschen Prismenversuch, oder den Regenbogen, aber der enthält nicht alle sichtbaren Farben, bei Weitem nicht. Denn es gibt Farben, den der Regenbogen nicht enthält, Braun, Magenta u.v.a.

So gesehen ist der Begriff der Farbe ein rein menschlicher und kein physikalischer; zumal mit den 3 Rezeptoren, die uns im Auge für die Farbwahrnehmung zur Verfügung stehen. Das Lebewesen mit den meisten Farbrezeptoren ist so ein tropischer Flachwasserkrebs, mit 12 verscheidenen Rezeptoren an der Zahl, darunter allein 4 im Ultraviolett, wo wir gar nichts sehen. Er ist poppig bunt wie ein Clown, und man sieht ein - es geht, wie immer, ums Vögeln.


Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist die visuelle Wahrnehmung überhaupt nur in diesem engen elektromagnetischen Spektrum möglich. Sie basiert auf empfindlichen chemischen Substanzen, die lichtbasiert zerfallen und vom Körper ununterbrochen neu gebildet werden. Oberhalb von 740 nm ist die Lichtenergie zu schwach, als das sie chemische Reaktionen noch beeinflussen könnte. Unterhalb von 340 nm wird die Lichtenergie zu stark und zerstört alle organisch labilen Substanzen sofort.


Metamerie bedeutet, dass verschiedene Wellenlängenbänder in den nur drei Rezeptoren dasselbe Ergebnis liefern. Wir haben denselben Farbeindruck, obwohl es sich grundsätzlich um unterschiedliche Zusammensetzungen von Frequenzen handelt (denn letztlich geht es um Frequenzen, und nicht um Wellenlängen). Bei der Aufsicht von Aufsichtsvorlagen - und dies ist in der Realität meistens der Fall - ist dies aber abhängig von der sog. Lichttemperatur des Umgebungslichtes, die in hohem Maße variabel sein kann.


Auf die Lichttemperatur könnte ich jetzt näher eingehen, es handelt sich um ein physikalisches Thema und war die Grundlage der Quantenphysik ... lassen wir es. Ich kürze ab, um zwei grundlegende Standards mitzuteilen:


D50: Lichttemperatur 5000 Kelvin, Mitteleuropa, Innenraum, bedeckter Himmel, Mittags.

D65: Lichttemperatur 6500 Kelvin, Mitteleuropa, Außenraum, bedeckter Himmel, Mittags.


Man sollte meinen, dass die optimale Reproduktion, die optimale Kamera, darin besteht: Alle Farben so darzustellen, wie sie eben sind.

Aber dies ist nicht der Fall.

Vielmehr ist es so:

Meine Kamera nimmt außen die Farben so auf, wie ich sie außen sehe. Und meine Reproduktion (= der Fotoabzug) stellt die Farben innen so dar, dass sie bei der Lichtzusammensetzung innen so aussehen, als wäre ich außen.


Es führt zu der - schwer zu erklärenden und irgendwie widersprüchlichen - Erkenntnis, dass ein visueller Abgleich von Farben nur unter vorgegeben Lichtbedingungen möglich ist ... und sonst überhaupt nicht. Gleichwohl lässt es sich heutzutage berechnen, und zwar genauer als jede visuelle Wahrnehmung.


Beispiel:

Ein Industriekunde hat eine bestimmte Firmenfarbe, sagen wir sein "Kunden-Türkis". Meine Aufgabe besthet darin, zwei Druckerzeugnisse zu produzieren, ein Prospekt und ein Plakat.

Das Prospekt wird in Innenräumen angesehen (D50), das Plakat außen (D65). Ich produziere beides ... das Prospekt für innen und das Plakat für außen ... der Kunde ruft mich an: Ich habe mir gerade beides angesehen, das Prospekt, das Plakat - und die beiden "Kunden-Türkis" sehen völlig unterschiedlich aus. Ja, sage ich: Das "Kunden-Türkis" sieht innen (D50) so aus, wie das "Kunden-Türkis" außen (D65).

10 Minuten später ruft er mich erneut an: Ich stehe gerade auf dem Parkplatz, auch da sehen beide Farben völlig unterschiedlich aus ...


Richtig, das ist so.

Ein visueller Vergleich lässt sich nicht führen, weder außen noch innen. Wohl aber berechnen, oder auch durch einen Leuchtkasten demonstrieren: Ein Kasten, mit drei verschiedenen Fächern - 3000 K (Glühbirne), 5000 K (Tageslicht, innen) und 6500 K (Tageslicht, außen). Ein und dasselbe Druckerzeugnis sieht völlig anders aus, allein in diesem albernen Lichtkasten ... und dann rede mal mit einem Kunden, und führe mit ihm eine Farbdiskussion, weil er im Winter dein Muster an seiner lächerlichen Schreibtischlampe begutachtet.

Und genau das ist sie, die Metamerie.

Andererseits macht der Effekt der Metamerie eine Farbreproduktion überhaupt erst möglich: Denn es ist nicht notwendig, eine Farbe so zu reproduzieren wie sie ist, sondern nur so, wie sie (unter vorgegebenen Lichtbedingungen) aussieht.



(1) Sorry, wenn ich diesen Umstand immer so in den Vordergrund hebe. Ich möchte damit aber lediglich betonen, dass es so etwas wie eine wissenschaftliche Farbtheorie überhaupt gibt, denn kaum jemand kennt sie, außer den Branchen-Profis, die sie umsetzen. Stattdessen scheinen alle nur diesen Unsin wie Goethes Farbenlehre zu kennen, und damit hat er sich defintiv verhoben und falsch ist sie sowieso.


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