Alle Wahrnehmungsexperimente zur Farbwahrnehmung sind Vergleichsexperimente, durchgeführt seit etwa dem Anfang des 20. Jh.
Das wesentliche Experiment hierzu besteht aus einer geteilten Projektionsfläche, auf deren jeweilige Hälften Farben mit zwei verschiedenen Methoden projeziert werden. Auf die eine Hälfte projeziert man eine gefilterte Farbe aus dem weißen Licht, einer Mischung aus einer Reihe von Farben (aber nicht aller), z.B. eine Wellenlänge von 500 nm. Auf die andere Hälfte projeziert man Mischungen aus zwei oder drei Grundfarben - üblicherweise Rot, Grün, Blau (RGB), allerdings ist RGB nicht zwingend für dieses Experiment, siehe dazu mehr weiter unten.
Das Ziel dieses Experimentes ist es, die Mischung aus den Grundfarben in ihren Intensitäten so einzustellen, dass sich für beide Hälften der Projektion eine Farbidentität ergibt: Die Farben sind nunmehr ununterscheidbar. Dies ist mit dieser Anordnung nicht in jedem Fall möglich, das ist aber für die weiteren Aussagen nicht relevant.
Aus den Ergebnissen dieses (und weiterer) Experiment(e)s gelangt man am Ende zu drei Koordinaten, die sich aus den Intensitäten der projizierten Mischfarben ergeben. Drei Koordinaten bedeuten mathematisch einen 3-dimensionalen Raum, daher spricht man auch von einem sog. Farbraum. Der so erhaltene Farbraum ist der Lab-Farbraum: Mit einer senkrechten Achse L, die die Helligkeit darstellt, die Grauachse, und zwei waagerechten Achsen, a von Rot nach Grün und b von Blau nach Gelb. Es kann Mischungen benachbarter Farben geben, Rot => Blau oder Gelb => Grün, aber der Weg von Rot nach Grün oder von Blau nach Gelb bedeutet in jedem Fall einen Weg durch die Grauachse (ohne mögliche Mischungen).
Der Lab-Farbraum stellt alle sichtbaren Farben dar, das unterscheidet ihn von anderen, populären Farbräumen wie etwa RGB oder CMYK, die jeweils nur Teilräume von Lab darstellen. Die Fähigkeit zur Farbdifferenzierung ist nicht über alle Bereiche von Lab konsistent, es gibt Bereiche, die wir besser und andere, die wir schlechter differenzieren können. Es gilt aber ein Farbabstand, das sog. Delta E von 1 = die Abstandsstrecke zweier Punkte im dreidimensionalen Raum, als die kleinstmögliche Farbdifferenz, die ein geschultes Auge noch wahrzunehmen in der Lage ist.
Außerdem ist die Farbangabe unter Lab eindeutig: Andere Werte = andere Farbe (und dies ist im RGB- oder CMYK-Farbraum nicht so).
Der Lab-Farbraum ist daher auch der Farbraum, auf dem alle digitalen Farbberechnungen beruhen, "unter der Haube", auch wenn vordergründig RGB und CMYK verwendet werden.
Die Möglichkeiten der Mischungen aus den zwei oder drei Grundfarben im o.g. Projektionsexperiment sind jedoch nicht auf RGB beschränkt.
Das Experiment lässt sich vielmehr immer dann erfolgreich durchführen, solange die Grundfarben voneinander farbmetrisch unabhängig sind: Sie sind dann farbmetrisch unabhängig, solange keine der Grundfarben entweder mit einer anderen identisch oder sich aus einer Mischung der zwei anderen darstellen lässt.
Dieser Fakt erhöht die Anzahl möglicher Grundfarben zur Erstellung von Farbidentität auf viele Millionen möglicher Kombinationen.
Eine grundsätzlich andere Wahrnehmung von Farben zwischen verschiedenen Individuen würde zu erheblichen Inkonsistenzen in diesem mathematischen Modell führen. Die vielen Millionen Kombinationen der Grundfarbenmischungen wären in diesem Fall unmöglich.
Wohlgemerkt: All das gilt nur für den Standardbeobachter, der über eine normalsichtige Farbwahrnehmung verfügt. Farbfehlsichtige Menschen, mit der bekannten Rot-Grün-Schwäche etwa, gelten nicht als Standardbeobachter.
Meine Herleitung ist zudem vereinfacht dargestellt (für meine Aussage ist das aber irrelevant), es gibt in diesem Modell noch eine Reihe von Abweichungen und Einschränkungen. Außerdem ist es nur für Farbflächen gültig, und so ohne Weiteres nicht für mischfarbige Abbildungen wie etwa mehrfarbige Pixelbilder.
Dennoch stellt diese - wissenschaftliche - Farbtheorie die Grundlage für so ziemlich alle Farbdarstellungen dar, mit denen wir zu tun haben: Druckerzeugnisse, TV, Computermonitor, Film usw. usf.