Hallo Jaques,
okay, ich verstehe Nietzsches Ansinnen (vielleicht). Vielleicht bin ich nicht so beeindruckt, weil ich sowieso ein "immorales" Weltbild habe (und den Widerspruch verstehe, trotzdem immer moralisch sein zu müssen). Ich habe ja schon in diversen Beiträgen den Fokus auf die Differenz (an sich) gerichtet und plädiere gerade in Gesellschaftstheorie für eine nicht-normative Theorie (Systemtheorie).
Schopenhauer aber habe ich gelesen. Vielleicht verstehe ich nur nicht den Übergang vom "Willen" zum "Willen zur Macht". So wie ich es verstanden habe, war Nietzsche Schopenhaueranhänger und wandte sich dann ab, entickelte seinen Willen zum Machtwillen weiter. Aus diesem kurzen Aphorismus kann ich diesen Entwicklungsschritt nicht nachvollziehen.
Stört dich denn nicht, dass das Wort "Macht" uns schon wegen seinen moralischen Konnotationen gefangen hält? "Wille" könnte für mich schon für die Differenz an sich stehen, sein oder nicht sein. Macht ist mir schlicht zu spezifisch, um das Sein oder das Leben zu beschreiben. Vielleicht kannst du mir weiter helfen.
Ich habe übrigens versucht, N. zu lesen. Hat aber keinen Spaß gemacht 
Was das Abenteuer angeht: Ich finde es wirklich abenteurlich genug, dass sich Leben auf diesem Planeten gebildet hat. Organisches Leben. das wird immer so hingenommen. Das scheint ja so neben herunterzufallen neben den "großen" Worten wie Einheit, Differenz, Wille, Macht, Gott usw.
Wenn ich nun aber sagen, die Kontruktion einer Zelle ist raffinierter als die Konstruktion jeder noch so cleveren philosphischen Theorie? Evolution, Komplexität, erste Schließung von Bewusstsein - das ist doch der Hammer - was sind da die narzistischen Auswüchse eines noch so klugen Hirns dagegen?
Neulich wohnte ich einer Lesung von Max Goldt bei und einer seiner Aphorismen blieb mir sinngemäß im Gedächtnis: Immer wieder hört man die Floskel "genial einfach". Eigentlich müsste man viel öfter die Floskel "genial kompliziert" hören.
Als ob alles wirklich Großartige in einer steten Reduzierung bestehen müsse.
Ich bin ja der erste, der zugibt, immer wieder von der EInheit der Differenz, der Dualität an sich, der Differenz System/Umwelt zu reden.
Aber mal ehrlich: Irgendwann müsste sich doch mal die Faszination erschöpfen. Ich habe das schon verstanden, mit der Energie und allem. Aber was dann? Die einen sprechen von der Einheit, ich von der Einheit der Differenz. Die einen vom Willen zur Macht ich vom Willen an sich. Die einen sprechen von der Macht der Worte ich vom Eigenleben der Kommunikation. Aber sind das wirklich noch große Streitpunkte? Oder ist es eine Flucht? EIne Flucht vor Komplexität und Kontingenz ein Herumreden um den Brei, dass, egal wie man es ausdrückt, immer ein Rest Ungewissheit bleibt und man ist dann eben nicht schlauer als irgendjemand sonst...
Das geniale am Leben ist nicht, dass alles auf einer einzigen Differenz beruht oder nicht; denn das geniale einer Bachfuge ist auch nicht, dass ihr Thema eventuelle nur aus zwei oder vier Noten besteht. Alles andere ist das Geniale - eben das, wo ich nicht rankomme...
Mit leicht sonnenbrandgeschädigten Grüßen... 