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Gefühle und soziale Beziehungen




Dieses Zitat habe ich herausgegriffen, weil sich daran verschiedene Dinge deutlich machen lassen. Zum einen - dass soziale Beziehungen sehr viel mit Gefühlen zu tun haben. Beziehungsfähigkeit zu entwickeln bedeutet dann aber auch, den Umgang mit Gefühlen zu berücksichtigen. Nun, was das Thema Angst anbelangt, hat die Verhaltenstherapie sehr konkrete Methoden entwickelt, die unter anderem auf der Einsicht beruhen, dass Angst und Entspannung nicht zusammenpassen - insgesamt läuft es darauf hinaus, dass man Ängste regelrecht "verlernen" kann. Die Schwierigkeit besteht aber darin, eine Methode zu finden, die sich auf alle Gefühle anwenden lässt. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich zu dem Schluss - die gibt es nicht, kann es nicht geben, weil die einzelnen Gefühle unterschiedliche Funktionen haben. Und wenn dann der Begriff "Technik" fällt, stehen mir schon die Haare zu Berge... es hat seinen Grund, dass in der Psychotherapie nicht alle Verfahren anerkannt sind. Trotz alledem fällt mir als Methode für den Umgang mit Gefühlen immer wieder das FOCUSING ein. Eine grobe Einführung findet sich bei http://de.wikipedia.org/wiki/Focusing - so manches steht da aber auch nicht... Wenn man sich mit Eugene Gendlin auseinandersetzt, etwa Videos ansieht, in denen er das Focusing demonstriert, wird deutlich, dass seine Haltung stark durch die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie geprägt ist. Ein typischer Satz von ihm ist: "nun wollen wir das Gefühl mal begrüssen"... Die wohlwollende Haltung sich selbst gegenüber ist ein entscheidendes Moment dabei. Sich selbst mit der eigenen Gefühlswelt anzunehmen, sich selbst Wertschätzung entgegenzubringen - ich glaube, ohne diese Haltung "funktioniert" die Methode nicht, und wer sie nur als "Technik" einsetzt, wird damit nicht sehr viel erreichen. Die "Angst, das Falsche zu tun" erinnert an den "inneren Kritiker", die Neigung, alles zu hinterfragen und damit den eigenen Gefühlen nie so recht über den Weg zu trauen. Eine gewisse Skepsis ist schon angebracht - meine Gefühle führen mich manchmal in die Irre, meine Gedanken tun es auch. Die Wahrnehmungspsychologie beschreibt und untersucht auch Wahrnehmungsstörungen - sehr bekannt ist das Bild zweier zugewandter Gesichter, die man auch als Vase sehen kann. Vieles von dem, was wir wahrnehmen, ist also eine Frage der Perspektive. Das Spannnende an der Methode des Focusing ist für mich, dass es Fühlen und Denken in einen Zusammenhang bringt - und damit als Methode der Selbstklärung durchaus alltagstauglich erscheint. So verstanden ist sie nützlich - auch wenn sie (das ist meine persönliche Einschätzung, mit der ich wohl nicht allein da stehe) als einzige Methode für die Psychotherapie nicht ausreicht. Für den Umgang mit Gefühlen in Beziehungen genügt sie mir auch nicht. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Baustein. Es ist einer von mehreren Ansätzen, um mit sich und den eigenen Gefühlen in Kontakt zu kommen. Und dann... beginne, Deine Gefühle ZUR SPRACHE zu bringen, lerne, mit ihnen zu sprechen und sie in angemessener Form zum Ausdruck zu bringen. Einen Schritt weiter: in Beziehungen über Gefühle sprechen, das wird dann schon etwas schwieriger und braucht weitere Ansätze, ebenso wie die Frage nach Lösungen für Probleme und Konflikte.


Wer mag... ein kleines Experiment: eine Hand auf den Bauch legen und spüren, was sich da bewegt, wie sich das anfühlt... und dann (das ist jetzt nicht "Focusing im Original") stell Dir die Frage, ob es irgend etwas Schönes gab, das Dir heute widerfahren, dass Du erlebt hast, oder - ob es etwas gibt, auf das Du Dich freuen kannst. Und dann geh zurück in Deinen Bauch und spüre dem nach, was sich da vielleicht verändert hat.


(Wenn es sich dick und schwer anfühlt.... weniger futtern!)


Denken und Fühlen beeinflussen sich gegenseitig. Wenn Du lernen willst, besser mit Deinen Gefühlen umzugehen, dann lerne, sie zu spüren, aber auch: über sie nachzudenken. Und wenn Du besser denken willst, dann nimm Deine Gefühle ernst - sie eilen Deinen Einsichten oft voraus...


lg Methusalem :blume2:


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