AW: Was fällt euch zu Ludwig Boltzmann ein?
S’ist schon ein Weilchen her, dass ich mich mit statistischer Thermodynamik beschäftigen durfte oder eher musste. Aber soweit ich mich erinnere, war die thermodynamische Wahrscheinlichkeit die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Makrozustände. Die Entropie eines Systems also gewissermaßen eine Funktion der Summe aller Verteilungszustände, die es einnehmen kann.
Die Begriffe „Ordnung“ wie „Unordnung“ sind zwar populär aber als bürgerlich anthropomorphe Projektionen eher irreführend. Indem ein einziger Ordnungszustand (ganz gleich wie “ungeordnet“ er ist) fixiert ist und alle anderen Zustände ausgeschlossen sind, habe ich ein „hochgeordnetes“ System und somit wäre die Entropie dementsprechend klein.
Wohl hat die exakte Gleichverteilung eine hohe Wahrscheinlichkeit, wie Du so schön gezeigt hast. Doch sind, entsprechend meiner Erinnerung, kleine Abweichungen davon immerhin noch wahrscheinlicher, als die exakte Gleichverteilung. Nehmen wir nur Dein schönes Beispiel mit den 100 Gasmolekülen in den beiden gleichen Volumina, wo W = 100!/2*50!
Für den Fall, dass in dem einen Volumen um ein Molekül mehr und im anderen um eines weniger vorhanden ist, wird
W = 50*100!/51*2*50! Und weil dieser Zustand gleich 2 mal vorkommt (einmal 51 in V1, einmal in V2) ist
W = 2*50*100!/51*(2*50!)
Also 1,96 mal so wahrscheinlich. Erst die „Ungleichverteilung“ 45:55 wird wieder ebenso wahrscheinlich wie die exakte Gleichverteilung 50:50.
Nun, ein thermodynamisches System muss alle möglichen Zustände einnehmen können, zwar nicht „zugleich“, aber hintereinander. Der Ausschluss irgendeines Zustandes, selbst des unwahrscheinlichsten erniedrigte seine Entropie! Die Trägheit unserer Messgeräte lässt uns wohl die einzelnen Makrozustände nicht messen, sondern nur die „gedämpften“ Schwankungen ihrer Übergängen ineinander, die „Spitzen“ der seltenerer Zustände sind halt nicht messbar, die "exrem" seltenen nicht erlebbar.
Lg, diethelm