AW: Warum glaubt ihr?
Gute Antworten, finde ich, besonders die zweite. Ich kenne auch persönlich viele gläubige, zum Teil tiefgläubige Menschen, die aus ihrem Glauben Mut, Hoffnung, Kraft und Stärke schöpfen, um die sie zu beneiden sind. Da ist alles andere als eine "Schwäche" zu spüren. Für unnötig, wenn auch verständlich halte ich den Zwang, jemand ebenso den Glauben einzureden wie ihn auszureden. Er soll ein Angebot sein, das man ständig überprüfen, annehmen oder ablehnen kann.
Wir sind in unserem wechselseitigen, schicksalhaften Leben ständig mit einer solchen Überprüfung konfrontiert. Als Kind war ich Ministrant. Da waren die Engel am blauen Firmament befestigt, darunter das Fegefeuer, wo wir alle mal zur "Vorbereitung" für den Himmel hinkommen. Noch weiter darunter die Hölle mit dem Satan, wo keiner hin möchte und deshalb jeder dementsprechend brav und gläubig leben muss, um nicht dort zu landen. Für mich waren die vielleicht wichtigsten Fragen als Kind und Jugendlicher diese, wie es den vielen Menschen auf der Erde geht, die nicht an diese einzig wahre Lehre glauben, weil sie an etwas anderes glauben, die Menschen von Afrika bis Asien. Und heute erinnere ich mich noch immer daran, wie der Pfarrer zu uns Ministranten sinngemäß meinte, jeder kann das für ihn Richtige in der Religion finden, ob Doktor oder Hilfsarbeiter. Damals habe ich es noch nicht richtig verstanden, denn entweder glaubt man an Himmel und Hölle und an die Wunder Jesu und seines Vaters oder nicht, dachte ich. Heute denke ich natürlich anders und ich grabe immer wieder diesen Gedanken aus, weil ich ihn respektiere und für richtig empfinde.
Heute kann ich mehr damit anfangen. Für mich wurde Gott vom Menschen geschaffen, darum gab und gibt es immer wieder und wieder diesen historischen wie gegenwärtigen menschlichen Missbrauch Gottes und die vielen Missverständnisse. Und immer wieder glaubte ich, so ist es und das ist meine Einstellung dazu, die sich nicht mehr wesentlich ändern wird, weil ich jetzt die Antwort auf meine Fragen gefunden hätte und mehr wäre für mich als kleiner Mensch eben nicht drinnen.
Heute meine ich aber, man kann auch in dieser Beziehung nie auslernen, weil sich nicht nur die Umwelt und die Gesellschaft ändern, sondern weil man sich auch selber ständig ändert, ob man das will oder nicht.
Bei Dir, Sebastian, dem neugierig Suchenden und Fragenden, habe ich das Gefühl, könnte es vielleicht ähnlich verlaufen: Du fragst, also wirst Du immer eine Antwort suchen und Du wirst sie immer finden - auch wenn sie Dir nicht immer genügen wird. Die Antworten werden frühere Antworten ergänzen oder ersetzen und umwerfen.
Die letzte Antwort können wir als Menschen sowieso nie finden, schließlich haben wir weder die Welt geschaffen noch uns selber. Da hilft nur der Glaube, egal, ob Du fest an einen Gott glaubst oder ob Du fest daran glaubst, dass es ihn nicht gibt. Deine Antwort liegt immer in eben diesem Deinen Glauben.
Fussel hat es gut beschrieben, das ist auch meine feste Meinung: Ob Du an Gott glaubst oder an einen Zufall, wir können trotzdem nie dahinter kommen, wer und was Gott ist oder was vor dem Zufall war.
Andreas