• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Auf Thema antworten

Wortklauberei oder nicht, das ist die Frage...


Ich freue mich sehr, wenn man sich intensiv mit meinen Thesen auseinandersetzt. Nur so kann eine Annäherung über Begriffe erfolgen, was ja erst der erste Schritt ist, um zu Ergebnissen zu kommen. Aber wie schwer ist das...!

Zunächst aber etwas eher Leichtes:




Ein Missverständnis, geschuldet meines teilweise etwas spezialisertem Vokabular.

Selektion ist ein Begriff aus der Evolutionstheorie und bildet mit den Begriffen Variation und Reproduktion deren Grundlage.

Was hier variiert wird, sind Themen. Moralisch codiert sind sie, wenn sie die Unterscheidung gut/böse im weitesten Sinn betreffen, als z.B. AKWs sind gut. Oder Aufrüstung ist böse.

Wir müssen uns vorstellen, dass es auf der Themenagenda immer viele  Themen gibt, die vor allem dann konkurrieren, wenn sie den selben Code betreffen. Moralische THemen haben generell eine gute Chance, sich durchzusetzen, da sie Emotionen schüren. Kinderkriegen war auch eine Frage für Jedermann in den Achtzigern. Aber es wurde nicht zum Thema, schon gar nicht zu einem moralischen. (und wenn, wie ich an anderer Stelle schon sagte, dann oft im Sinne der Frage, ob man "in so eine Welt" denn noch Kinder setzen dürfe.)

Mit Realität moralisch codierter Selektion meine ich, dass Individuen ja nur an Kommunikation teilnehmen können, wenn sie vorbereitet ist, in Massenmedien reflektiert werden usw. Ein Einzelner kann ein Thema aufbringen, wenn es sich aber nicht (evolutionär!) durchsetzt, wird es sich nicht verbreiten. Die Realität aus kommunikativer Sicht war also, dass das Kinderkriegen kein Problem ist, zumindest kein moralisches. Die Renten galten ja auch als "sicher" (N. Blühm).

Stellt sich dann die Frage: Wie sehr kann ein Individuum im Nachhinein dann dafür (moralisch) verantwortlich gemacht werden?




Widerspruch, weil: Man kann auch nicht das Kinderkriegen zur Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung machen. Kinderkriegen kann niemals gesetzlich geregelt werden und daher auch nicht Grundlage eines moralischen Imperativs werden.


So jetzt wirds komplizierter:


Also wie schon gesagt, die Selektion bezog sich auf Themen, also auf Kommunikation, nicht aufs Kinderkriegen. Dennoch, zur Unterscheidung Mehrheitsentscheidung/Individualentscheidung:

Wenn du sagst, eine Gesellschaft entscheidet sich gegen Kinder; dann mus trotzdem konstatiert werden, dass ja Kinder gezeugt werden, dieses Jahr 700 000.  Eine interpretationsbedürftige Zahl, bzw. eine Tahl, die dann als nichtig erklärt werden muss.

Wenn du dagegen sagst, ein Individuum entscheidet sich gegen Kinder, ist das klar zu definieren: 0 Kinder ist: dagegen entschieden. Wenn aber eine Frau nicht zeugungsfähig ist oder der Mann, dann müssen wiederum diese Tatsachen als nichtig erklärt werden, in einer moralischen Verurteilung der angeblichen Entscheidung der Gesellschaft gegen das Kinderkriegen. Wenn du solche Unterschiede für unwichtig erklärst, haben wir wahrscheinlich verschiedene Ziele bei der Erkenntnisgewinnung.


Generell ist aber zu sagen: Wenn wir eine Entscheidung fällen, müssen wir vor eine Wahl gestellt werden. Es müsste ein Votum abgegeben werden, dass dann bindend wäre: Z.B. 65% entscheiden sich für Kinder, dann müsste entsprechend dem Ergebnis die Aufgaben verteilt werden. SO etwas ist aber undenkbar, daher führt die ganze "Entscheidungssemantik" auf die Gesellschaft bezogen in die Irre, schon gar wenn man sie moralisch beurteilen will.




Schön, dass du das beweisen kannst, ich kann das nicht. Ich stimme hier mit Marianne überein, dass wir Wahrheit grundsätzlich als soziales Konstrukt sehen müssen, die der Evolution, also auch der Selektion unterliegt. Bei einem Thema wie Hindenburg zu streiten, wäre abwegig, aber gerade bei Themen, die sich um Moral und andere relative Wahrheiten drehen, ist es sehr einleuchtend, auch zu untersuchen, warum bestimmte Themen mal so und mal so gesehen werden und welche Wertigkeit sie in abhängigkeit von äußeren Ereignissen bekommen.

Meine Formulierung war zugegebenermaßen etwas provokativ und wollte sagen: Eben weil Wahrheit und Moral so unsichere Kandidaten sind, neigt der Mensch dazu, diese Unsicherheit durch moralisch eindeutige Statements zu kaschieren. Wenn man z.B. nicht genau weiß, wie krank man ist, sagt man schnell: "Die Ärzte sind alle Verbrecher" Und weniger drastisch gibt es diese Tendenz überall, denke ich.


Zurück
Oben